Gewalt-Hotspot Berlin – Mehr als 3500 Straftaten in Deutschland seit Hamas-Überfall auf Israel
Auch jüdische Einrichtungen in Deutschland sind weiter gefährdet: Nancy Faeser sprach am Montag von mehreren tausend Straftaten mit Bezug zum Krieg in Israel.
Berlin – 3532 Straftaten – so viele Vorfälle haben die deutschen Behörden seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober registriert. Dabei handle es sich um vorläufige Zahlen, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag (20. November).
Unklar sei, wie viele der Straftaten einen antisemitischen Hintergrund haben, erklärte BKA-Präsident Holger Münch: Das lasse sich erst zeitversetzt beurteilen. Bislang seien knapp 500 klar antisemitische Delikte bekannt, dabei gebe es einen großen Anteil ausländischer und religiöser Ideologie. In die Kategorie religiöse Ideologie fällt demnach vor allem Islamismus.
Gewalt bei Pro-Palästina-Demos: Berlin ist besonders betroffen
Sachbeschädigungen spielen Münch zufolge bei den Straftaten seit Beginn des Kriegs in Israel mit etwa 30 Prozent eine herausragende Rolle. Volksverhetzung mache etwa 15 Prozent aus – und geschehe häufig auch online. „Die Zahl der Gewaltstraftaten ist im mittleren dreistelligen Bereich. Auch das ist hoch.“ Der Schwerpunkt liege hier auf Widerstandsdelikten im Zusammenhang mit propalästinensischen Veranstaltungen. Besonders betroffen sei Berlin. „Hier konzentrieren sie sich auf die unfriedlichen Demonstrationen.“

„Wir bekämpfen diese widerwärtige Terrorpropaganda“, versicherte Faeser. Kanäle der Hamas und ihrer Unterstützer würden gesperrt. Das BKA habe bereits 98 Mal eine Entfernung von Kanälen auf dem Mitteilungsdienst Telegram erlassen und umgesetzt. Zudem seien seit 7. Oktober mehr als 500 Löschersuchen an Online-Provider übermittelt worden: „Auch hier ist Terrorpropaganda ganz überwiegend gelöscht.“
Jüdische Einrichtungen in Deutschland gefährdet: „Das Eskalationspotenzial ist groß“
„Das Eskalationspotenzial ist groß“, warnte Münch. Es gebe derzeit zwar keine Erkenntnisse, die auf eine konkrete Gefährdung für israelische oder jüdische Einrichtungen hindeuteten. Die Behörden gingen aber von einer „hohen abstrakten Gefährdungslage“ aus.
Bei antisemitischen Straftaten habe es in den vergangenen vier Jahren einen Anstieg von 47 Prozent gegeben, berichtete Münch. Hier habe über viele Jahre politisch rechts motivierte Gewalt einen Großteil ausgemacht, aktuell gebe es aber „einen sehr, sehr starken Anstieg“ des Anteils von Delikten aus dem Bereich „ausländische“ beziehungsweise „religiöse Ideologie“.
Auch aus Bayern gab es zuletzt alarmierende Einschätzungen. RIAS, die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern, berichtete zuletzt auf Anfrage des BR ebenfalls von „körperlichen Angriffen“, „Bedrohungen“, „Sachbeschädigungen“. Alleine vom 7. bis zum 19. Oktober habe es 35 antisemitische Vorfälle im Bundesland gegeben. Diese Zahl liege mehr als doppelt so hoch wie zur gleichen Zeit im Vorjahr.
Update nach Nahost-Eskalation: BKA weiß von 500 islamistischen Gefährdern in Deutschland
Münch erklärt indes weiter, derzeit gehe man von knapp 500 islamistischen Gefährdern in Deutschland aus. Gefährder sind Menschen, denen die Behörden schwerste politisch motivierte Straftaten bis hin zum Anschlag zutrauen. Es gebe derzeit etwa 70 rechtsextremistische Gefährder, hinzu kämen Menschen aus weiteren Kategorien. Längst nicht alle seien aber auch in Deutschland und auf freiem Fuß. „Dann reduziert sich die Zahl deutlich“, betonte der BKA-Chef.
Faeser hatte vor dem Pressetermin das „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ besucht. Dort tauschen sich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern aus. (dpa/fn)