Wahlkampf-Endspurt: Wortgefechte beim Triell vor der Landtagswahl – „Wenn einer Quatsch erzählt, ...“
Sechs Tage vor der Landtagswahl treffen sich die Spitzenkandidaten nochmal zum Triell. Boris Rhein, Nancy Faeser und Tarek Al-Wazir liefern sich kritische Wortgefechte.
Frankfurt – Die Anspannung steht allen drei Kandidaten ins Gesicht geschrieben. Ein Fernsehtriell sechs Tage vor der Hessen-Wahl ist auch nicht gerade eine der leichtesten Disziplinen für die Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten bzw. der Ministerpräsidentin. „Es geht um viel“, erklärt SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser die Bedeutung der Diskussionsrunde beim Hessischen Rundfunk - und auch die Schärfe, die gerade zwischen ihr und dem Amtsinhaber von der CDU, Boris Rhein, zu spüren war.
Turbulent wurde es zum Beispiel bei der Frage nach der Abgrenzung der CDU zur AfD. Zwar stand Faeser unter Druck wegen eines Videos, das ihre Partei kurzfristig wieder zurückgezogen hatte, weil es Boris Rhein mangelhafte Abgrenzung von der AfD unterstellte. Doch zugleich forderte sie den amtierenden Ministerpräsidenten zu einer Abgrenzung von einem Treffen von Vertretern von CDU und AfD in Wetzlar auf.

Triell vor Hessen-Wahl: „Wenn einer Quatsch erzählt, kann man das auch mal sagen“
Das tat Boris Rhein dann auch und stellte im Hinblick auf den früheren bildungspolitischen Sprecher der CDU, Hans-Jürgen Irmer, klar: „Das Treffen von Herrn Irmer mit solchen Leuten ist inakzeptabel“. Zur AfD betonte er: „Wenn einer eine Brandmauer deutlich gemacht hat, dann bin ich das“. Das SPD-Filmchen bezeichnete auch Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir als „schmutzig“. Und Nancy Faeser bekannte ein „Stilproblem“ als Grund für die Zurückziehung und sagte: „Es tut mir leid“.
Zwischenzeitlich ging auch Al-Wazir kritisch mit seinem Noch-Koalitionspartner von der CDU ins Gericht. Von den Moderatorinnen Ute Wellstein und Kristin Gesang auf die populistischen Aussagen des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz zu Zahnbehandlungen für Migranten angesprochen, zeigte sich Al-Wazir „fassungslos“ über die vom Merz verbreiteten „Fakenews“ und appellierte an Boris Rhein: „Wenn einer Quatsch erzählt, kann man das auch mal sagen“.
Hessen-Wahl: Migration als Streitthema beim Triell
Rhein wählte allerdings eine diplomatischere Sprache und erklärte zu der Äußerung von Merz: „Solche Wortwahl hätten Sie von mir nicht gehört“. In der Sache allerdings gab er Merz recht: „Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze“. Deshalb müsse die illegale Migration begrenzt und geordnet werden.
Da stimmten ihm prinzipiell auch Al-Wazir und Faeser zu. Faeser allerdings geriet immer wieder in Verteidigungshaltung, weil sie das Thema als Bundesinnenministerin zu verantworten hat. So sah sich die SPD-Spitzenfrau immer wieder genötigt, Rhein ins Wort zu fallen und zu betonen, was sie auf Bundesebene schon alles erreicht hat: etwa die Einigung innerhalb der EU auf eine Asylreform oder die Ausweitung der Grenzkontrollen.
Lehrerversorgung heiß diskutiertes Thema beim Triell vor der Hessen-Wahl
Für Al-Wazir ist unterdessen die spannendste Frage: „Kriegen wir Rückführungsabkommen hin“ - etwa mit den Maghreb-Staaten. Boris Rhein zeigte sich unterdessen erfreut darüber, dass nun auch die Grünen Bereitschaft signalisierten, die Liste der sicheren Herkunftsländer auszuweiten: „Wir sind sehr dankbar, dass sich der Koalitionspartner hier bewegt“, betont er.
Heftig diskutiert wurde auch über die Lehrerversorgung in Hessen. Nachdem Moderatorin Gesang provokativ von „Mangelverwaltung“ sprach, verteidigten sich die beiden Regierungsvertreter naturgemäß und wiesen auf den Zuwachs an Lehrerstellen hin. „Vieles ist besser geworden, aber noch nicht perfekt“, beschreibt Grünen-Kandidat Al-Wazir die Lage an den Schulen. Zugleich forderte er mehr Anstrengungen bei der Betreuung im Vorschulalter, denn „wir können nicht akzeptieren, dass immer mehr Grundschulkinder nicht richtig lesen und schreiben können“.
Hessen-Wahl: Spitzenkandidaten beteuern Vertrauensverhältnis
Rhein verwies neben den zusätzlichen Lehrerstellen darauf, dass auch die Ausbildungskapazitäten für Lehrer um 50 Prozent erhöht worden seien. Für SPD-Kandidatin Faeser geht das alles nicht weit genug. Die unzureichende Lehrerausbildung sei „eines der größten Defizite der Landesregierung“. Sie fordert, Stellen zu entfristen und stärker auf multiprofessionelle Teams etwa mit Psychologen an Schulen zu setzen.
Insgesamt war das Triell der Spitzenkandidaten inhaltsbetont und trotz vieler Zwischenrufe vor allem von der Bundesinnenministerin „nie irgendwie drüber“, wie Boris Rhein resümierte. Alle drei beteuerten, dass sie nach wie vor ein Vertrauensverhältnis verbinde.
Zu sehen beziehungsweise zu hören ist der Dreikampf der Spitzenkandidaten für die hessische Landtagswahl am Montagabend (2. Oktober) um 20.15 Uhr im Hessen-Fernsehen und in hr-info.