Joe Biden entsetzt über „kranke“ Wahlrechtsreform in Georgia: „Rassismus des 21. Jahrhunderts“
Georgia erlässt eine restriktive Wahlrechtsreform. Kritiker:innen sehen dies als Diskriminierung der Schwarzen Bevölkerung. Biden zürnt, Trump frohlockt.
Atlanta - „Rassismus des 21. Jahrhunderts“. Die Unterdrückung Schwarzer Wähler:innen. „Jim Crow 2.0“. Der US-Bundesstaat Georgia hat sein Wahlrecht restriktiver gemacht und damit für Unruhe gesorgt. Die Neuerungen sehen viele als eine Diskriminierung der Schwarzen Bevölkerung. Präsident Joe Biden zeigt sich entsetzt. Nur einer jubiliert: Donald Trump. Wenn auch mit einem Wermutstropfen.
Der Südstaat Georgia spielte bei den US-Wahlen 2020* eine prominente Rolle. Mit nur einigen Tausend Stimmen Vorsprung konnte der Demokrat Biden den traditionell roten Bundesstaat für sich gewinnen. Donald Trump und ihm treu ergebene Republikaner:innen sprachen erzürnt von einem angeblichen Wahlbetrug. Später berichteten die Washington Post und weitere US-Medien über eine Tonbandaufnahme*, in der der ehemalige US-Präsident mit Georgias Secretary of State, Brad Raffensperger, telefoniert - und ihn auffordert, nach „Unehrlichkeit“ im Ablauf der Wahl zu suchen.
Die Vorwürfe des Wahl-Betrugs seitens des Trump-Lagers wurden von Gerichten abgeschmettert. Nach den Stichwahlen im Januar 2021, zogen die Demokraten Jon Ossoff und Reverend Raphael Warnock - als erster von einem Südstaat gewählter Schwarzer Mann - in den US-Senat. Georgia war für die Republikanische Partei bei den Wahlen eine bittere Niederlage.
Wahlrechtsreform in Georgia: Joe Biden gewann den Staat bei US-Wahlen 2020 gegen Donald Trump
Gefeiert wurde nach dem Sieg der demokratischen Kandidaten in der Stichwahl eine Person: Stacey Abrams. Die Schwarze Demokratin hatte in jahrelanger, minutiöser Arbeit dafür gekämpft, dass die Stimmen der Schwarzen Community im Pfirsich-Staat gehört wurden. Den Einzug Ossoffs und Warnocks in den Senat - der die Waagschale der Macht zugunsten der Demokratischen Partei neigte - sahen viele in erster Linie als Stacey Abrams* Leistung.
Ein „wegweisender Durchbruch“, titelte damals die New York Times. Die Analyse-Plattform „Georgia Votes“ verzeichnete eine hohe Beteiligung der Schwarzen Wählerschaft. Es ist nicht übertrieben festzuhalten, dass dieses Ergebnis wichtig und entscheidend für die afroamerikanische Bevölkerung war.
Als Konsequenz der Ereignisse machten sich die örtlichen Republikaner:innen daran, das Wahlrecht in Georgia zu verschärfen. Erfolgreich. Das Gesetz, das am Donnerstag beschlossen wurde, sieht laut US-Medien unter anderem folgende Änderungen vor:
- Strenge Beschränkungen für die Abgabe von Briefwahlzetteln.
- Das Gesetz verkürzt teilweise die Öffnungszeiten der Wahllokale.
- Der Wahlvorstand wird an den Gesetzesgeber übergeben.
- Es reduziert die Zahl der Briefkästen für Wahlstimmen.
- Dritten ist es verboten, in der Warteschlange stehende Menschen anzusprechen - auch das Anbieten von Wasser und Essen ist demnach künftig ein Verbrechen.
Joe Biden schimpft auf „kranke“ Wahlreform - Demokraten kämpfen für leichterten Wahlzugang
Für US-Präsident Joe Biden und viele andere Demokrat:innen ist es ein Beispiel für modernen Rassismus. „Das muss aufhören. Wir haben eine moralische und verfassungsrechtliche Verpflichtung zu handeln“, heißt es in seinem Pressestatement des Weißen Hauses am Freitag. Weiter nannte Biden das Gesetz einen „unverhohlenen Angriff auf die Verfassung“ und bezeichnete es als „Jim Crow im 21. Jahrhundert.“ Eine Referenz auf das bis in die 60er-Jahre bestehende rassistische Gesetz, das Schwarze Menschen massiv unterdrückte.
Die Republikaner:innen hätten selbst für die langen Schlagen vor Wahllokalen gesorgt, in dem sie diese „überproportional in schwarzen Vierteln“ reduziert hätten, so der US-Präsident. Das Argument der Kritiker:innen der Wahlrechtsreform: Die Republikanische Partei wolle damit die Wahlstimmen der Schwarzen Bevölkerung und anderer Minderheiten reduzieren, da diese vermehrt für die Demokraten stimmten. Die Gegenseite behauptet, man wolle die Wahlen so sicherer machen. „Es ist krank. Es ist krank“, sagte Biden wenige Stunden, bevor der republikanische Gouverneur Georgias, Brian Kemp, die restriktive Reform in Kraft setzte.
Stacey Abrams spricht von „Jim Crow 2.0“ - Joe Biden äußert sich in Tweet über Georgia entsetzt
In den sozialen Netzwerken regte sich nach den Neuigkeiten aus Georgia Widerstand. Auch Joe Biden meldete sich via eines Tweet zu Wort. „Das Wahlgesetz aus Georgia* ist - wie so viele andere, die von Republikanern in Staatshäusern im ganzen Land verfolgt werden - ein offensichtlicher Angriff auf das Wahlrecht, die Verfassung und das gute Gewissen. Es ist Jim Crow im 21. Jahrhundert - und es muss enden“, schrieb der US-Präsident am Freitag. Weitere schlossen sich ihm an. Stacey Abrams verglich die Neuerung mit „Jim Crow 2.0“. Sie kommentierte: „Eine rechtzeitige Erinnerung daran, warum wir die Forderung nach Stimmrechten aufrechterhalten müssen. Eine Änderung ist nicht möglich, wenn uns der Zugriff auf den Prozess verweigert wird.“
Der republikanische Gouverneur Brian Kemp gab sich hingegen freudig: „Heute war ich stolz darauf, SB 202 in das Gesetz aufzunehmen. Indem wir es einfach machen zu wählen und schwer zu betrügen, können wir sicherstellen, dass die Wahlen in Georgia sicher, zugänglich und fair sind!“
Donald Trump* meldete sich in einem Statement des Inhalts „Glückwunsch an Georgia“ ebenfalls zu Wort. Der Bundesstaat habe aus der „Farce“ der Präsidentschaftswahl 2020 gelernt. Sein Wermutstropfen: „Zu schade, dass diese Änderungen nicht früher vorgenommen wurden!“
Bundesweit kämpft die Demokratische Partei für einen erleichterten Zugang zur Wahl. Das Repräsentantenhaus verabschiedete kürzlich eine Reform zur Erleichterung des Abstimmens. Diese muss jedoch vom US-Senat auf Bundesebene bewilligt werden. Dafür bräuchten die Demokraten die Zustimmung mehrerer republikanischer Senator:innen. Dies gilt als unwahrscheinlich. (aka) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.