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Kardinal Marx erklärt Rücktritt mit denkwürdiger Begründung - bleibt aber vorerst im Amt

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Von: Florian Naumann

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Kardinal Marx, der Erzbischof von München und Freising, hat Papst Franziskus seinen Rückzug angeboten. Er sprach von einem „toten Punkt“ der katholischen Kirche.

Update vom 4. Juni 14.45 Uhr: Kardinal Reinhard Marx hat bei Papst Franziskus seinen Rücktritt eingereicht - bleibt aber vorerst im Amt. In seinem emotionalen Statement verwies Marx am Freitagnachmittag auf eine persönliche Entscheidung. Es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen; vor allem wohl mit Blick auf wiederholte Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Marx erklärte, er hoffe, sein Rückzug könne ein Wendepunkt im Sinne einer Reform der Kirche sein - auch durch den Beweis, dass es nicht um Personen und Macht gehe. Bis zu einer finalen Entscheidung des Pontifex bleibt der Kardinal und Erzbischof aber im Amt, wie er klarstellte.

Marx wollte seinen angekündigten Rücktritt aber nicht als Aufruf an andere Amtsträger wie den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki verstanden wissen, seinem Schritt zu folgen. „Ich möchte auf die Mitbrüder da nicht einwirken“, sagte Marx am Freitag in München. Er trage Verantwortung für das Erzbistum München und Freising und habe eine ganz persönliche Entscheidung getroffen. „Jeder muss seine Verantwortung wahrnehmen in der Art und Weise, wie er es tut. Und da kann ich keinem Vorschriften machen und möchte es auch nicht.“

Kardinal Reinhard Marx will zurücktreten: Erzbischof von München und Freising gibt emotionale Erklärung

Update vom 4. Juni, 14.20 Uhr: Marx erklärt auf Nachfrage seine Rede von einem „toten Punkt“ der Kirche. Dieser „tote Punkt, den vielen empfinden“, solle ein „Wendepunkt“ werden, erklärt er. Viele Menschen wollten Kirche - aber auf eine „neue Art“. Das könne nicht gelingen, wenn nur die Amtsträger im Mittelpunkt stehen. Er hoffe, dass sein Zeichen helfe, zu zeigen, dass die Kirche motiviert sei, das Evangelium zu verbreiten und dass es nicht um einzelne Personen gehe. Als Bischof müsse er zeigen, dass er „auch um Vergebung“ bitte.

Update vom 4. Juni, 14.15 Uhr: Es brauche auch einen Blick auf eine Erneuerung der Kirche. „Ich glaube fest an eine neue Epoche des Christentums“, sagt Marx. Nötig sei aber eine Erneuerung und Reform insgesamt. Den synodalen Weg unterstütze er dabei weiterhin. „Diese Bitte um Amtsverzicht, das möchte ich unterstreichen, ist eine ganz persönliche Entscheidung, die ich in meinem Gewissen getroffen habe“, fügt er hinzu. „Mir wurde klar: Es muss sein.“

Update vom 4. Juni, 14.12 Uhr: „Es geht hier nicht nur darum, die Aufarbeitung im juristischen Sinne zu machen“, betont der Kardinal mit Blick auf die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. „Für mich ist mindestens genauso wichtig, dass im Raum der Kirche Menschen Unheil erfahren haben“, fügt er hinzu. „Keiner von uns kann das wieder gutmachen, was geschehen ist, das ist unmöglich.“ Die Betroffenen erwarteten aber, dass auch Konsequenzen gezogen werden. Die Verantwortung für die Institution könne dabei nur der Bischof übernehmen.

Marx erklärt seinen Rücktritt: Gedanke wuchs schon länger - Bischof führt Amt aber bis Papst-Entscheidung weiter

Update vom 4. Juni, 14.08 Uhr: Die Frage nach seinem Amtsverzicht bewege ihn schon „längere Zeit“, erklärt Marx eingangs. Eine Rolle habe eine Studie zu Missbrauchsfällen in der Kirche gespielt. Er habe auf kritische Fragen antworten müssen, dass kein Bischof wegen der Vorfälle zurückgetreten sei. „Aber die Frage ist mir nachgegangen.“ In der Karwoche und der Osterzeit habe er sich das Problem „auch geistlich“ durchdacht. Im Mai habe er schließlich dem Papst sein Rücktrittsgesuch „vorgelesen“. In einem Telefonat habe er mit dem Pontifex vereinbart, das Rücktrittsgesuch zu veröffentlichen. Bis es definitive Antwort aus dem Vatikan gebe, werde er aber sein Amt fortführen, sagt Marx.

Update vom 4. Juni, 14.05 Uhr: Das für 14 Uhr angekündigte Statement von Kardinal Reinhard Marx zu seinem Rücktrittsangebot an Papst Franziskus verzögert sich offenbar - bislang warten die Medienvertreter in München noch auf Marx.

Marx-Rücktritt löst Betroffenheit aus: „Da geht der Falsche“

Update vom 4. Juni, 13.45 Uhr: Das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx (siehe Erstmeldung) hat am Freitag Betroffenheit ausgelöst - und Lob. Marx habe „Wegweisendes für die Kirche in Deutschland und weltweit geleistet“, sagte Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. „Kardinal Marx will mit seinem Schritt ein Zeichen setzen und institutionelle Verantwortung persönlich übernehmen, die die Kirche im Zusammenhang mit den Fällen sexuellen Missbrauchs und ihre Vertuschung zu tragen hat“, fügte er hinzu.

„Da geht der Falsche“, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg. Marx sei die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals mit großer Ernsthaftigkeit angegangen und habe sogar sein persönliches Vermögen in eine Stiftung für Missbrauchsopfer eingebracht. Marx‘ Rücktrittangebot an Papst Franziskus werde durch die ganze Welt gehen, erklärte zudem der Vatikan-Experte Pater Bernd Hagenkord der dpa: „Marx ist nicht irgendjemand.“

In wenigen Minuten will Marx in einem Statement sein Rücktrittsangebot öffentlich erläutern. Wir berichten an dieser Stelle im Live-Ticker.

Kardinal Marx bietet Papst Rücktritt an - mit denkwürdiger Begründung

Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. © Bernd Von Jutrczenka/dpa

Erstmeldung: München - Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, hat Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Die katholische Kirche sei an einem „toten Punkt“ angekommen, sagte er laut Mitteilung seines Bistums vom Freitag.

Nach Angaben des Erzbistums hatte sich Marx bereits am 21. Mai in einem Brief an den Pontifex gewandt. „Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, heißt es demnach in dem Schreiben. Neben persönlichem Versagen und administrativen Fehlern habe es auch „institutionelles oder systemisches Versagen“ gegeben.

Kardinal Marx tritt zurück: Erzbischof von München und Freising erhebt Vorwürfe - und will Verantwortung übernehmen

Marx erhob in seinem Rücktrittsgesuch schwere Vorwürfe gegen einige kirchliche Persönlichkeiten - ohne Namen zu nennen. Es habe sich gezeigt, „dass manche in der Kirche gerade dieses Element der Mitverantwortung und damit auch Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog im Zusammenhang mit der Missbrauchskrise ablehnend gegenüberstehen“. Er wolle zeigen, dass er bereit sei, persönliche Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene Fehler, sondern auch für die Institution Kirche, zitiert das Bistum weiter aus einer persönlichen Erklärung Marx‘.

Den Angaben zufolge hatte Papst Franziskus nun der Veröffentlichung des Schreibens zugestimmt. Um 14.00 Uhr will Kardinal Marx in München für ein Statement vor die Presse treten. In Deutschland gibt es seit Jahren schockierende Berichte über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Zuletzt war das Erzbistum Köln in den Fokus geraten.

Marx ist einer der bekanntesten Bischöfe Deutschlands und war bis 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). In der Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, dem „Synodalen Weg“ hatte er sich zuletzt als reformfreudig hervorgetan. Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbeiten soll, wie sexueller Missbrauch von Priestern im Bistum möglich wurde und ob hochrangige Geistliche Täter schützten. Der Papst hatte zuletzt mit einer Änderung im kanonischen Recht auf die Problematik reagiert. (dpa/fn)

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