„Nerven liegen blank“: Krisengipfel mit Paus und Lindner platzt vorerst – trotz Scholz-Deadline
Die Streithähne geben nicht nach: Im Kampf um die Kindergrundsicherung finden die Minister Lindner und Paus keine Einigung – trotz Kanzler-Machtwort.
Berlin – Es soll ein Vorzeigeprojekt der Grünen werden, doch die FDP steht auf der Bremse: Im Streit um die Kindergrundsicherung bahnt sich keine Lösung an. Trotz eines Appells von Kanzler Olaf Scholz (SPD) soll am Freitagvormittag ein Krisengipfel zwischen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplatzt sein. Ohne eine Einigung habe man die Aussprache nach kurzer Zeit vertagt, berichtete die Bild am Freitag (25. August) unter Berufung auf Regierungskreisen. Dem Bericht zufolge sollen die „Nerven ziemlich blank liegen“.
Zoff um Gesetzentwurf: Lindner und Paus finden keine Lösung bei Kindergrundsicherung
Mit der Kindergrundsicherung sollen Leistungen für Familien zusammengefasst und zugleich erhöht werden. Paus hat dazu in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die FDP sieht Leistungsverbesserungen aber kritisch. Während die Grünen-Ministerin für das Vorhaben anfangs rund zwölf Milliarden Euro veranschlagte, will der Finanzminister lediglich zwei Milliarden Euro locker machen.

Seit Wochen tobt der Streit um die Finanzierungsfrage. Die Auseinandersetzung erreichte Mitte der Woche ihren Höhepunkt, als Paus im Kabinett das Wachstumsbeschleunigungsgesetz von Lindner mit einem Veto blockierte. Viele Beobachter sahen darin eine Retourkutsche für die Blockade der Kindergrundsicherung. Beim Wachstumschancengesetz handelt es sich um ein Gesetzespaket mit steuerpolitischen Maßnahmen, die die Wirtschaft um jährlich rund 6,5 Milliarden Euro entlasten sollen.
Streit um Kindergrundsicherung: Habeck rüffelt Parteifreundin Paus
Das Vorgehen brachte Paus in den vergangenen Tagen viel Kritik ein – auch in den eigenen Reihen. Allen voran Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte seinem Ärger über die Parteifreundin öffentlich Luft. Das Nein im Kabinett sei „kein Glanzstück gewesen“, sagte der Vizekanzler im ZDF-„heute journal“. Dadurch sei wieder ein Bild der Zerrissenheit entstanden. Der Eindruck des Streits sei deshalb sehr ärgerlich, weil die Koalition eigentlich ständig wichtige Dinge beschließe. „Wir versauen es uns permanent selbst. Und das ist natürlich auf Dauer kein Erfolgsgeheimnis“, beklagte Habeck, der dem Lindner-Gesetz mit den rund 50 Steuererleichterungen zuvor zugestimmt hatte.
Der Vizekanzler verwies zugleich darauf, dass seine Partei in den vergangenen beiden Jahren viele Entscheidungen mitgetragen habe, die nicht in ihrem Wahlprogramm gestanden hätten, aber wichtig für das Land und die Stabilität des Landes gewesen seien. Mit Blick auf die Blockade im Kabinett meinte Habeck: „An der Stelle hat‘s mal nicht geklappt. Aber da mag sicherlich auch Frust oder falsche Taktik eine Rolle gespielt haben.“
Kritik von Scholz: Kanzler mahnt Einigung bei Kindergrundsicherung an
Inwieweit eine Einigung über beide Vorhaben noch realistisch ist, bleibt abzuwarten. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte erst vor wenigen Tagen einen Kompromiss angemahnt. Bis zur Kabinettsklausur am kommenden Mittwoch in Meseberg solle der Streit um die Kindergrundsicherung beigelegt werden. Laut der Bild sieht es danach aber derzeit noch nicht aus. Zumindest scheinen die Signale sehr widersprüchlich zu sein. Während Koalitionskreise offenbar mit einer Einigung noch im Laufe des Freitags rechnen, bleibt man in den entsprechenden Ministerien skeptisch. Die Verhandlungen liefen auf Hochtouren und müssten fortgesetzt werden, hieß es. Eine geplante Pressekonferenz wurde aber bereits abgesagt. (jkf/mit Material der dpa)