CDU und AfD - inhaltlich näher als gedacht und in Thüringen bald wieder auf derselben Seite?
In Thüringen stimmten CDU und AfD gemeinsam ab. Eine Analyse von Wahl-O-Mat-Antworten zeigt, wie nahe sich die Parteien inhaltlich wirklich stehen.
Frankfurt - Die Zusammenarbeit der CDU und AfD in Thüringen hat für Aufsehen gesorgt. Gerade ob der steigenden Umfragewerte der rechtspopulistischen Partei stellt sich die Frage, ob diese Kooperation in Zukunft öfter vorkommen wird. Wie sehr überlappen sich die thematischen Positionen der beiden Parteien? Dieser Frage ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung auf den Grund gegangen, indem es Antworten von CDU und AfD im Wahl-O-Mat verglichen hat. Diese sind für die Landtagswahlen in Hessen und Bayern bereits öffentlich einsehbar.
Laut der Analyse zeigen die Antworten deutlich, wie nah sich Union und AfD seien. So stimmen auf Bundesebene 55 Prozent der Positionen überein, in Thüringen und Bayern sogar 74 Prozent. In Hessen gibt es demnach ebenfalls eine hohe Überschneidung zwischen FDP und AfD (66 Prozent, gleich wie zwischen AfD und CDU).

Die größten Überschneidungen zwischen CDU und AfD gibt es demnach bei der Politik zu Umwelt und Klima, gefolgt von Wirtschaft und Finanzen. Der CDU und AfD nahe stehen auch die Freien Wähler in Bayern. Weit entfernt von diesen Werten sieht das Institut die SPD, die Grünen und die Linken. Die Ampel-Partei FDP teilt lediglich AfD-Positionen in der Gesellschaftspolitik. Der Schluss liegt nahe, dass die Zusammenarbeit von CDU und AfD bei so vielen Gemeinsamkeiten und einer gleichzeitigen großen Distanz zu den anderen Parteien nicht die letzte gewesen sein dürfte. Dies schlussfolgert auch die Zeit in einem Kommentar.
„Problematisch wäre es erst, wenn sich die CDU offiziell von der AfD tolerieren ließe“
Der Darmstädter Politikwissenschaftler Christian Stecker geht davon aus, dass es in der Ost-CDU mit Blick auf die Landtagswahlen Diskussionen über Abstimmungsmehrheiten im Rahmen von Minderheitsregierungen mit der AfD geben wird. „Je stärker die AfD und je größer rechte Wählermehrheiten, desto schwieriger wird es für die CDU, eine hermetische Brandmauer zur AfD auch innerparteilich durchzusetzen“, sagte er.
Dass es solche Diskussionen schon gibt, zeigt das Beispiel von Andreas Rödder, Vorsitzender der CDU-Grundwertekommission. Er hatte sich zuletzt offen für CDU-Minderheitsregierungen im Osten gezeigt, selbst wenn sie hin und wieder von der AfD unterstützt würden. Käme es zu einem solchen Modell, würde die AfD zumindest indirekt auch mitregieren. CDU-Spitzenpolitiker wiesen die Idee umgehend zurück. Der Historiker Rödder sagte dagegen dem Stern: «Problematisch wäre es erst, wenn sich die CDU offiziell von der AfD tolerieren ließe und dafür Absprachen eingehen würde. Das wäre eine rote Linie“.
CDU verteidigt Vorgehen in Thüringen - Klingbeil kritisiert Merz
Die CDU-Spitze hat die Kritik am Vorgehen der Thüringer Landtagsfraktion zurückgewiesen. „Wir dürfen uns nicht abhängig machen von anderen, wenn es um unsere Überzeugungen geht und um unsere Initiativen“, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag (18. September) nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Im Bundesvorstand sei darüber in großer Ernsthaftigkeit gesprochen worden. Thüringens Landes- und Fraktionschef Mario Voigt habe das Vorgehen erklärt und Zustimmung bekommen. Es sei um die Entlastung von Familien gegangen. Angebote an die Minderheitsregierung seien ausgeschlagen worden. Es sei klar gesagt worden, dass es keine Absprachen mit der AfD gab.
SPD-Chef Lars Klingbeil indes befürchtet nach der gemeinsamen Abstimmung von CDU und AfD eine dauerhafte Verschiebung der politischen Landschaft. Die CDU habe begonnen, eine rechtsextreme Partei zu normalisieren und ihr Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen, kritisierte er. „Ich habe die Hoffnung, dass das jetzt nicht nochmal passiert“, sagte Klingbeil. Mit Blick auf CDU-Parteichef Friedrich Merz ergänzte er: „Allerdings wenn ich sehe, wie Herr Merz sich jetzt auch ein Stück weit feiern lässt dafür, dann fehlt mir der Glaube, dass man aus diesem Fehlverhalten irgendwie eine Konsequenz zieht, die darauf hindeutet, dass man es nicht nochmal macht.“ (cgsc mit dpa)