Prigoschin vom Kreml ermordet? Putin-Propagandist rudert plötzlich zurück
Russlands Staats-TV sucht die Verantwortung am mutmaßlichen Tod von Wagner-Chef Prigoschin. Propagandist Solowjow stellt sich schützend vor Putin.
Moskau – Nach dem mutmaßlichen Tod des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin legt der Chef-Propagandist des Kreml eine 180-Grad-Wende hin. Zeigte sich Wladimir Solowjow nach dem abgebrochenen Wagner-Marsch auf Moskau im Juni noch bestürzt darüber, dass Prigoschin weiterleben durfte, schlägt der Propagandist jetzt andere Töne an.
Das schreibt unter anderem das US-Nachrichtenportal The Daily Beast unter Berufung auf die russische Propaganda-Show „Der Abend mit Wladimir Solowjow“. Solowjow liefert seinen Zuschauerinnen und Zuschauern auch nach dem Flugzeugabsturz nahe Moskau wieder einen bunten Strauß an möglichen Schuldigen. So bunt dieser auch sein mag, die Farben weiß, blau und rot kommen darin jedoch nicht vor.
Russlands Staats-TV: Gewaltsamer Tod Prigoschins scheint nicht mehr ins Format zu passen
Andrej Guruljow, Staatsduma-Abgeordneter, sprach in der TV-Show von Solowjow noch vor rund zwei Monaten davon, dass es „für Verräter keine anderen Optionen“ als den gewaltsamen Tod geben würde, wie The Daily Beast den Ex-Militär zitiert. Jetzt scheinen solche Aussagen jedoch nicht mehr in die russische Propaganda zu passen.
Die Verantwortung für den Flugzeugabsturz des Wagner-Flugzeugs bei Moskau wird im russischen Fernsehen derzeit weit weg vom Kreml gesucht. So verwies unter anderem das staatliche Mediennetzwerk Rossija 24 auf Ermittlungen, welche „mögliche Verstöße gegen die Sicherheits- und Betriebsvorschriften des Luftverkehrs“ als Ursache herausfanden.
Der Top-Propagandist Wladimir Solowjow ging am Donnerstagmorgen (24. August) sogar noch weiter, wie The Daily Beast schreibt. In der Show „Full Contact“ sprach er davon, dass „Prigoschin und Wagner keine Bedrohung für den Kreml“ dargestellt hätten. Solowjow verteufelte anschließend abermals die westlichen Medien. Sie würden Wladimir Putin vorverurteilen, wie ein von Russian Media Monitor übersetzter Ausschnitt der Show zeigt.
Kreml-Propagandist gestresst: USA, Nato und die Ukraine – Schuld ist immer der Westen
Im Vergleich zu vielen seiner früheren Auftritte wirkt Solowjow diesmal ungewohnt gestresst. Der sonst so selbstsichere Putin-Propagandist greift sich während der Show mehrmals nachdenklich an den Kopf und hält mehrmals inne. Nach seiner „Analyse“ sei Putin „der letzte Mensch, welcher von Prigoschins Tod profitieren würde“.

Wer an Stelle des russischen Präsidenten aus Prigoschins Tod Kapital schlagen könnte, ist für Solowjow klar. Wie in fast jeder seiner „Analysen“ sind es die Ukraine, USA, die Nato und eine Vielzahl europäischer Staaten. Diesmal begründet er seine Anschuldigungen gegen den Westen damit, dass dieser ein Interesse daran habe, die russische Kampfkraft auf dem afrikanischen Kontinent zu schwächen.
Russland gegen Wagner? Propagandist beleidigt Zuschauerin nach kritischer Frage
Während der Sendung geht Solowjow auch auf Zuschauerbeiträge ein. Eine Zuschauerin bezweifelt darin, dass die Ukraine es schaffen würde, ein Flugzeug der Wagner-Gruppe in Russland zum Absturz zu bringen. Was folgt, ist eine wilde Hasstirade von Solowjow. Nach einem ersten Schwall der Beleidigungen, sagt er dann, dass es wohl das Einfachste auf der Welt sei, ein Flugzeug mit einem Sprengsatz zu Boden zu holen.
Neben seinen Vorwürfen gegen den Westen stellt Solowjow die russische Föderation in seiner Show immer wieder als den perfekten Rechtsstaat dar. „Wir sind eine Nation der Gesetze!“ Noch einen Tag zuvor hatte der Propagandist davon gesprochen, dass sich Russland zu wenig „rächen“ würde, wie The Daily Beast zitiert. In seiner Show rief Solowjow weiter dazu auf, dass die Wagner-Truppe zu Ehren von Prigoschin Kiew einnehmen solle. Dabei wurden die Wagner-Söldner in Belarus kurz nach dem Absturz angeblich in Marschrichtung Russland und nicht in Richtung der Ukraine mobilisiert, wie verschiedene Medien berichteten. (Lucas Maier)