Landtagswahl Hessen 2018: Welche Koalitionen sind jetzt möglich?

Hessen hat gewählt. Welche Koalitionen sind nach der Landtagswahl 2018 möglich? Alle möglichen Koalitionen finden Sie im Koalitionsrechner.
- Für die absolute Mehrheit im hessischen Landtag sind nach dem vorläufigen Endergebnis mindestens 69 Sitze nötig.
- Die amtierende schwarz-grüne Regierung könnte weiter im Amt bleiben: Sie erreicht eben 69 Sitze.
- Ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP käme auf eine sichere Regierungsmehrheit von 80 Sitzen.
Landtagswahl in Hessen 2018: Schwarz-Grün könnte weiterregieren
Wiesbaden - Die schwarz-grüne Koalition in Hessen kann ihre Mehrheit nach der Landtagswahl vom Sonntag laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis knapp verteidigen. Wie die Landeswahlleitung in der Nacht zum Montag in Wiesbaden mitteilte, erreichten die CDU 40 und die Grünen 29 von insgesamt 137 Mandaten. Zusammen ergibt das eine hauchdünne Mehrheit von 69 Stimmen. Die SPD kam demnach ebenfalls auf 29 Sitze, während die AfD 19, die FDP elf und die Linke neun Mandate erzielten.
Damit hat sich gegenüber den Hochrechnungen vom späten Abend ein verändertes Bild ergeben. Dort fehlte Schwarz-Grün noch eine gute Hand voll Sitze, um die Mehrheit im Landtag zu erreichen. Ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP schien deshalb am wahrscheinlichsten. Nun wäre eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition in Wiesbaden rein rechnerisch jedoch möglich - und wird auch wahrscheinlicher. Inzwischen hat sich FDP-Spitzenkandidat René Rock gegen ein Jamaika-Bündnis ausgesprochen. „Wenn Schwarz-Grün eine Mehrheit hat, dann wird sich die FDP nicht an der Regierung beteiligen“, sagte Rock am Montagmorgen dem Radiosender Hitradio FFH in Bad Vilbel.
Das vorläufige Endergebnis:
CDU 27 %
SPD 19,8 %
Grüne 19,8 %
AfD 13,1 %
FDP 7,5 %
Linke 6,3 %
Andere 6,5 %
Die aktuellen Informationen finden Sie im Live-Ticker zur Landtagswahl 2018 in Hessen.
Landtagswahl in Hessen 2018: Der Koalitionsrechner
Landtagswahl Hessen 2018: Jamaika-Koalition möglich
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, das Ergebnis sei trotz der Verluste für die CDU "ein klarer Auftrag", auch die nächste Regierung anzuführen. "Ich habe die Absicht, mein Amt fortzuführen."
Für die Verluste seiner Partei machte Bouffier die Streitereien in der großen Koalition in Berlin mitverantwortlich. "Wir hatten keine Chance gegen diesen Orkan, der uns aus Berlin entgegenwehte", sagte er in der ARD. Eine große Koalition mit der SPD will er "nur in der Not" eingehen.
Die Grünen-Spitzenkandidaten Priska Hinz und Tarek Al-Wazir feierten ein "historisches" und "wunderbares" Ergebnis. Nun werde geschaut, "was rechnerisch geht", und danach sei "unsere Leitschnur die Sache", kündigte Al-Wazir an. Die Grünen seien zu Gesprächen "mit allen demokratischen Parteien" bereit.
Die FDP ist nach den Worten von Parteichef Christian Lindner grundsätzlich zu Koalitionsgesprächen in Hessen bereit. „Wir stehen immer zur Verfügung, wenn es darum geht, Regierungsbeteiligungen einzugehen“, sagte Lindner am Sonntagabend im ZDF. „Die einzige Voraussetzung ist, es muss ein partnerschaftliches Miteinander sein und es müssen Inhalte möglich sein.“ Dazu zählten etwa eine Stärkung der Bildungspolitik und der wirtschaftlichen Freiheit sowie die Ausbau der Infrastruktur in Hessen.
In der ARD fügte er hinzu: „Uns ist heilig, was wir vor Wahlen sagen.“ Es müsse einen Unterschied machen, ob die FDP in einer Regierung ist oder nicht.
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FDP-Spitzenkandidat gegen Jamaika-Koalition nach Landtagswahl in Hessen
Im ZDF sagte er weiter: „Falls wir in Hessen gefragt werden sollten, falls wir benötigt werden sollten, führen wir Gespräche, allerdings nach dem Modell Schleswig-Holstein, nicht in der Methode Merkel im Jahr 2017.“ Lindner spielte damit auf den Ausstieg der FDP aus den Jamaika-Sondierungen in Berlin im November 2017 an. Nötig sei ein partnerschaftliches Verhältnis. Diese Überlegungen dürften sich jedoch nun ad acta legen lassen: Die FDP wird für eine Koalition nicht mehr benötigt, Spitzenkandidat Rock sprach sich daher auch gegen Jamaika aus.
„Wenn jemand eine demokratische Mehrheit hat, soll er die auch ausspielen.“ Als „Ersatzrad“ mache es keinen Sinn, „wenn man keinen wirklichen politischen Hebel hat in einer Koalition, sondern die anderen immer ohne einen die Mehrheit haben. Da kann man auch nichts durchsetzen.“
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sprach sich gegen eine Regierungsbeteiligung in Hessen aus. „Wenn es egal ist, ob Sie dabei sind oder nicht, haben Sie ja auch überhaupt keine Verhandlungsmacht“, sagte er im Deutschlandfunk.
Grüne: Keine Bereitschaft zu Jamaika-Koalition in Hessen
Indirekte Zustimmung gibt es dazu von Grünen-Chef Robert Habeck. Er kann sich eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP in Hessen nicht vorstellen. „Ich glaube, die Frage stellt sich jetzt so gar nicht mehr“, sagte Habeck am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Der hessische FDP-Spitzenkandidat René Rock habe einen weiteren Ausbau der Windkraft in dem Bundesland ausgeschlossen. „Also keine Energiewende in Hessen mehr, damit kein Beitrag mehr zum Schutz des Klimas oder zur Bekämpfung des Klimawandels. Das wäre mit den Grünen sicherlich nicht möglich“, sagte Habeck.
Zu den schweren Verlusten von CDU und SPD in Hessen sagte FDP-Chef Lindner in der ARD: „Das ist ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Frau Merkel.“ Die große Koalition in Berlin werde nur noch von „Angst vor dem Wähler“ zusammengehalten.
Mit Blick auf eine mögliche Koalition sagte SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel zu hr-info: „Klar ist, dass nach dieser schweren Niederlage erst einmal der Ball nicht bei uns im Spielfeld liegt.“
Video: Herbe Verluste für CDU und SPD in Hessen
Landtagswahl Hessen 2018: Große Koalition ebenfalls möglich
- Nach dem vorläufigen Endergebnis gäbe es für eine Große Koalition ebenfalls wie für Schwarz-Grün eine knappe Mehrheit im Landtag von Wiesbaden. Ein Bündnis aus CDU und SPD käme derzeit auf 69 Sitze. Eine große Koalition mit der SPD will Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU allerdings "nur in der Not" eingehen.
Landtagswahl Hessen 2018: Ampel-Koalition möglich, aber unbeliebt
- Sollten die bisher bekannten Bündnisse nicht zustande kommen, hätte auch eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Chance. Immerhin waren sowohl die Grünen als auch die FDP schon Juniorpartner der SPD in verschiedenen Koalitionen. Ein Dreierbündnis gilt jedoch bei keiner der beteiligten Parteien als bevorzugte Lösung. SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel nennt diese aber immerhin „eine interessante Alternative“. „Ob das überhaupt eine denkbare Option ist, werden sicherlich Beratungen am heutigen Tage bringen. Wir werden uns Gesprächen grundsätzlich nicht entziehen.“ Er sei allerdings skeptisch, wie zielführend die seien. „Und was am Ende ganz sicherlich nicht passiert, ist, dass sich die Union dann nach langwierigsten Gesprächen aussucht, mit wem sie es möglicherweise besser kann.“
Landtagswahl Hessen 2018: Kenia-Koalition möglich
- Auch eine schwarz-rot-grüne Koalition, eine sogenannte Kenia-Koalition, hätte im neuen hessischen Landtag eine komfortable Mehrheit. CDU, SPD und Grüne kämen zusammen auf 80 Sitze. Allerdings gilt eine Kenia-Koalition in Hessen als unwahrscheinlich.
Landtagswahl Hessen 2018: Rot-Rot-Grün nicht möglich
- Rot-Rot-Grün ist nicht möglich. Dieses Bündnis käme nur auf 67 Sitze, zwei fehlen somit.
Landtagswahl Hessen 2018: Bündnis aus CDU, FDP und AfD möglich, aber...
- Ein Bündnis aus CDU, AfD und FDP wäre rechnerisch möglich (70 Sitze). Allerdings hat Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) noch am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen.
Landtagswahl 2018 in Hessen: Wie viele Sitze hat der hessische Landtag?
Der hessischen Landesverfassung zufolge gehören dem Landtag in der Regel 110 Abgeordnete an. Erringt eine Partei aber mehr Direktmandate in den 55 Wahlkreisen, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden, kommt es zu Überhang- und Ausgleichsmandaten. Somit ziehen für die anderen Parteien ziehen noch weitere Kandidaten in den Landtag ein, bis das Verhältnis wieder einigermaßen stimmt. Dies scheint bei der aktuellen Wahl besonders oft passiert zu sein: Aufgrund der Ausgleichsmandate besteht der Landtag in der kommenden Legislaturperiode aus 137 Sitzen.
Nahles: Zustand der Großen Koalition „nicht akzeptabel“
Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles setzt nach der hessischen Landtagswahl ein Ultimatum für die große Koalition in Berlin. "Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel", sagte sie am Sonntagabend in Berlin. Schwarz-Rot müsse nun einen "verbindlichen Fahrplan" vereinbaren - an dessen Umsetzung bis zur "Halbzeitbilanz" der Regierung werde sich entscheiden, ob die SPD in der Koalition noch "richtig aufgehoben" sei.
Zu den Verlusten der SPD in Hessen habe die Bundespolitik "erheblich" beigetragen, anaylsierte Nahles. "Es muss sich in der SPD etwas ändern." Diese Partei habe viel Arbeit vor sich. Es müsse wieder klar gemacht werden, wofür die Sozialdemokraten stünden.
Sie erwarte auch, dass die Union "inhaltliche und personelle" Konsequenzen ziehe, sagte Nahles, ohne Details zu nennen. Die SPD wolle allerdings nicht warten, dass die Regierung in einen "vernünftigen Arbeitsmodus" komme, sondern sie wolle dies "sicherstellen". Dazu müsse nun der verbindliche Fahrplan festgelegt werden. Nahles kündigte an, dazu am Montag gemeinsam mit SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem SPD-Parteivorstand einen Vorschlag vorzulegen.
fro/dpa/AFP/chp