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Absage an Haushaltstricks der Grünen: Lindner droht mit Ende der Ampel-Koalition

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Pocht im ZDF-Sommerinterview auf die Einhaltung der Schuldenbremse: Finanzminister Christian Lindner (FDP).
Pocht im ZDF-Sommerinterview auf die Einhaltung der Schuldenbremse: Finanzminister Christian Lindner (FDP) © Thomas Kierok/dpa

Die Grünen wollen die Schuldenbremse aushebeln. Doch FDP-Chef Lindner setzt im ZDF-Sommerinterview ein klares Stoppzeichen – und droht mit dem Ende der Koalition.

Berlin – Klartext-Ansage an die Grünen: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat das Festhalten an der Schuldenbremse und einen Verzicht auf Steuererhöhungen für elementar für den Fortbestand der Ampel-Koalition bezeichnet. „Wenn wir gezwungen werden würden, die Schuldenbremse auszusetzen oder die Steuern zu erhöhen, dann würde sich die Koalitionsfrage stellen“, sagte der FDP-Chef am Sonntag im ZDF-Sommerinterview in Berlin und fügte hinzu: „Aber niemand tut das.“ Dennoch dürfte die Warnung beim Koalitionspartner angekommen sein – und für neue Unstimmigkeiten sorgen.

Auf die Frage, ob beide Punkte für ihn eine rote Linie seien, antwortet Lindner: „Das steht im Koalitionsvertrag. Und es wäre angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung jetzt doch wirklich unklug, wir würden noch die Steuerlast erhöhen“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa. Die Betriebe litten unter den hohen Energiepreisen, die müssten runter. Er selbst sei beispielsweise offen für eine Senkung der Stromsteuer. „Aber statt dass wir da Fortschritte machen, diskutieren wir über Steuererhöhungen. Das wäre mit der FDP nicht zu machen.“

ZDF-Sommerinterview: Christian Lindner (FDP) weist Grünen-Vorschlag zur Schuldenbremse zurück

Der Finanzminister reagierte damit auf einen Vorschlag aus den Reihen der Grünen. Im Streit um zusätzliche Haushaltsmilliarden hatte Parteichefin Riccarda Lang einen fiskalischen Kunstgriff ins Spiel gebracht. So hatte sie vor wenigen Tagen gefordert, dass der Bund bei staatlichen Gesellschaften das Eigenkapital aufstocken solle, damit diese wiederum dazu befähigt werden könnten, höhere Kredite aufzunehmen. Haushaltsrechtlich wäre dieser Schritt demnach selbst dann mit der Schuldenbremse zu vereinbaren, wenn der Bund für die Kapitalerhöhung neue Schulden aufnehmen müsste. Faktisch würde aber wohl die Schuldenbremse teilweise ausgehebelt.

Dieser Idee erteilte Lindner nun aber indirekt eine Absage. Zugleich wollte er das Thema auch nicht zu hoch hängen. „Niemand beabsichtigt das tatsächlich“, sagte er im ZDF und versuchte damit den Eindruck zu zerstreuen, dass es innerhalb der Koalition zu einem neuen Streit kommen könnte. Es gebe hier zwar öffentliche Äußerungen von SPD und Grünen. „Aber ich kann nicht erkennen, dass es ernsthafte Versuche gibt, hier von unseren Festlegungen im Koalitionsvertrag abzuweichen. Also insofern Theorie“, unterstrich der FDP-Vorsitzende.

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Es gibt allerdings einen Spielraum, der für den Bund höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Bei Naturkatastrophen oder andere Notsituationen kann die Schuldenbremse ausgesetzt werden, was 2020 und 2021 wegen der Corona-Pandemie geschehen ist.

Streit um Kindergrundsicherung: FDP und Grüne liegen im Clinch

In den vergangenen Wochen und Monaten war es innerhalb der Koalition immer wieder zum Zoff um die Verteilung der Haushaltsgelder gekommen. Besonders hart wurde zuletzt um die Finanzierung der Kindergrundsicherung gestritten, wodurch die Sozialleistungen für ärmere Familien vereint werden sollen. Während die grüne Familienministerin Lisa Paus für das Projekt rund zwölf Milliarden Euro veranschlagt, will der Finanzminister dafür nur zwei Milliarden Euro locker machen. Aus Frust über die Sperrung der Mittel blockierte Paus zuletzt ein Wachstumsgesetz aus dem Hause Lindner – und sorgte damit für viel Ärger in den Reihen der Ampel-Koalition.

Bis zur Kabinettsklausur in Meseberg am kommenden Dienstag erwartet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Einigung der beiden Streithähne. Doch erst am Freitag scheiterte ein Krisengipfel zwischen Paus und Lindner. „Die Nerven liegen blank“, zitierte die Bild-Zeitung eine Quelle aus den Verhandlungskreisen.

Im Streit mit Lisa Paus: Lindner stellt Eckpunkte zur Kindergrundsicherung in Aussicht

Lindner selber wiegelte aber auch in diesem Punkt ab. „Ich rechne damit, dass wir sehr kurzfristig eine Einigung über die Eckpunkte haben, was getan werden soll“, sagte der FDP-Chef im ZDF-Sommerinterview vor einer neuerlichen Verhandlungsrunde mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Sonntagnachmittag in Berlin.

Auf die Nachfrage der Moderatorin Shakuntala Banerjee, ob dies bis zur Kabinettsklausur geschehen werde, ergänzte Lindner: „Ich will jetzt nicht selber Termine nennen, sondern ich sage: sehr rasch. Aber danach gibt es ja auch sehr viel technisch, was noch geklärt werden muss.“ Dann würden Verbände und Länder beteiligt, und erst dann werde es einen fertigen Gesetzentwurf geben, der an den Bundestag gehe. „Wir werden rasch eine grundlegende Einigung und Verständigung auf die Eckpunkte haben. Das gesamte Verfahren wird noch etwas brauchen“, betonte der Finanzminister. Die Töne aus dem Finanzministerium werden die Grünen aber sicherlich sehr genau bewerten. (jkf/mit Material der dpa)

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