„Zum Teil extremistisch“: Ex-Verfassungsschützer Maaßen hetzt gegen Grüne

Eklat vor dem Tag X: Hans-Georg Maaßen wirft den Grünen einen falschen Umgang mit dem Fall Lina E. vor und bezeichnet sie als teils „extremistisch“.
Berlin - Wirbel um Lina E.: Nach der Verurteilung der Neonazijägerin sorgt der Fall weiter für hitzige Debatten. So hat Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen den Grünen jetzt einen falschen Umgang mit dem Linksextremismus vorgeworfen. Die Grünen seien „eine zum Teil extremistische Bestrebung“, schrieb der umstrittene CDU-Politiker am Freitag (2. Juni) beim Kurznachrichtendienst Twitter und bezog sich damit auf eine vermeintliche Symphatiebekundung der grünen Nachwuchsorganisation mit der verurteilten Straftäterin. Von der CDU forderte Maaßen eine klare Abrenzung von der Öko-Partei.
Umgang mit Lina E.: Hans-Georg-Maaßen bezeichnet die Grünen bei Twitter als „extremistisch“
Schon vor dem Angriff von Maaßen auf die Grünen hatte der Fall Lina E. für viel Aufsehen gesorgt. Nach 100 Tagen hatte das Oberlandesgericht in Dresden am Mittwoch (31. Mai) den Prozess um die Linksextremistin beendet und ein Urteil vorgelegt. Darin war die Studentin schuldig gesprochen worden, mehrere schwere Angriffe auf Rechtsextreme verübt zu haben. Die Richter verurteilten sie zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis. Vorerst kam die Frau aber auf freien Fuß. Für ihre drei Mitangeklagten verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten und drei Jahren und drei Monaten.
Haftverschonung für Lina E.
Lina E. war seit dem 5. Juni 2020 in Untersuchungshaft. Begründung: Fluchtgefahr. Mit dem Urteil wurde der Haftbefehl erst einmal ausgesetzt und die Studentin frei gelassen. Warum? Der Grund ist: Die Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hat die Revision bereits angekündigt. Bis eine Entscheidung in zweiter Instanz durch ist, können weitere eineinhalb Jahre vergehen. Dies gilt als unverhältnismäßig - und im juristischen Sinne gilt Lina E. bis dahin als unschuldig. Die Fluchtgefahr wurde nun dadurch minimiert, dass der Studentin der Pass entzogen wurde und sie sich zweimal in der Woche bei der Polizei melden muss. Ihren Wohnsitz darf sie ohne Erlaubnis nicht verlassen.
Auslöser für Maaßen-Kritik: Grünen-Politiker Dzienus zeigt mit Tweet Symphatie mit Lina E.
Das Urteil gegen Lina E. löste in der deutschen Politik eine Kontroverse aus. Während aus CDU, SPD und FDP vor allem Stimmen kamen, die betonten, dass die politische Auseinandersetzung nicht jedes Mittel rechtfertige und es in Deutschland keine Selbstjustiz geben dürfe, postete der Vorsitzenden der Grünen Jugend, Timon Dzienus, einen Tweet, in dem er sein Unverständnis über das Urteil gegen Lina E. äußerte: „Mit einem völlig übertriebenem und auf fragwürdigen Indizien beruhenden Prozess wird mit aller Härte gegen Lina E. und andere Linke vorgegangen. Was für ein Quatsch - deshalb #FreeLina!“, hatte der Jungpolitiker geschrieben.
Für den Tweet hatte Dzienus in den eigenen Reihen Kritik geerntet. Doch Maaßen reicht das nicht. Er forderte seine Partei nun auf, Konsequenzen zu ziehen. „Ich halte es für notwendig, dass die #CDU beschließt, dass eine Zusammenarbeit mit extremistischen Grünen abgelehnt wird und Koalitionen untersagt werden“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur dpa.
Parteiausschluss: CDU will Ex-Verfassungsschützer Maaßen loswerden
Doch ob die Union auf die Forderung von Maaßen eingeht, ist eher unwahrscheinlich. Der frühere Verfassungschef ist in der eigenen Partei umstritten. Vor wenigen Monaten hatte der Parteivorstand ein Ausschlussverfahren gegen Maaßen angestrengt, weil man ihm rassistische und antisemitische Äußerungen vorwarf. Maaßen habe eine Sprache verwendet und ein Gedankengut zum Ausdruck gebracht, das mit der Union „nicht vereinbar“ sei, sagte damals Generalsekretär Mario Czaja. Doch das Verfahren kann sich noch lange hinziehen.
Das langjährige CDU-Mitglied Maaßen war bei der Bundestagswahl 2021 in Thüringen erfolglos als Direktkandidat der CDU angetreten. Er hat in der Partei kein Amt und keine Funktionen. Seit Ende Januar ist er Bundesvorsitzender der weit rechts stehenden Werteunion, die keine offizielle Organisation der CDU ist, in der sich aber zahlreiche Parteimitglieder zusammengeschlossen haben. Einen freiwilligen Austritt aus der Partei lehnte Maaßen bislang ab.
Nach Urteil gegen Lina E.: Antifa ruft am Tag X zu Demos in Leipzig, Hamburg und Berlin auf
Mit seinen erneut provokanten Äußerungen zu den Grünen und der linken Szene könnte Maaßen nun noch mehr Feuer in den Fall Lina E. gegossen haben. Am Wochenende erwarten die Sicherheitsbehörden bundesweit Demonstrationen und Solidaritätkundgebungen für die verurteilte Linksextremistin. Die Antifa mobilisiert seit Wochen europaweit zum sogenannten „Tag X“. Es wird damit gerechnet, dass die geplanten Demos in Dresden, Hamburg oder Berlin auch in Gewalt umschlagen könnten. Ein Protestzug in Leipzig wurde bereits untersagt. Jedoch läuft bereits eine Klage gegen die Absage. (jkf)