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Macrons Mission beginnt

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Auch nach der Wahl von Emmanuel Macron bleibt Frankreich ein tiefgespaltenes Land, so die Meinung von Experten. Mit den Parlamentswahlen wartet auf Macron gleich die nächste Herausforderung.

Nach seinem Wahlsieg bekommt der neue französische Staatspräsident, Emmanuel Macron, Hilfe aus Deutschland zugesagt. Die Bundesregierung will Macron bei seiner Agenda für mehr Wachstum und Beschäftigung unterstützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: „Wir stehen heute vor gemeinsamen Herausforderungen.“ Es gehe darum, „unsere Länder und die Europäische Union in eine sichere und erfolgreiche Zukunft zu führen“. Regierungssprecher Seibert machte aber klar, dass Berlin Forderungen nach gemeinsamen Anleihen der Euroländer – sogenannte Eurobonds – weiterhin ablehnt.

Macron kündigte an, seine erste Auslandsreise werde ihn nach Berlin führen. Die in Deutschland lebenden Franzosen haben dabei fast vollständig für Macron gestimmt. 92,8 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen laut der Botschaft auf ihn.

International reagierten Staats- und Regierungschefs zumeist erleichtert auf den Erfolg des Pro-Europäers und die Niederlage der EU-Kritikerin Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Front National.

Auch Christophe Braouet reagierte erfreut. Der Präsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft (DFG) in Frankfurt sagte, mit dem Sieg Macrons sei ein „Kurs der Versöhnung und der europäischen Stärkung“ eingeschlagen worden. Die DFG ist mit mehr als 600 Mitgliedern die größte Organisation ihrer Art in Deutschland.

Braouet sieht eine Gefahr für Macrons Reformagenda. Denn es sei unsicher, ob seine recht junge Partei „En marche!“ bei den Parlamentswahlen im Juni eine Mehrheit bekomme. „Die anderen Parteien werden dagegen halten“, sagt Braouet. Seine Prognose ist, dass keine Partei alleine werde regieren können. Es bleibe also spannend in unserem Nachbarland.

In Paris gab es gestern eine Demonstration mit mehreren Tausend Teilnehmern gegen einen Sozialabbau. Die Demonstranten warnten Macron vor der Umsetzung seiner Reformvorhaben. Auf Plakaten war zu lesen „Der Staat ist kein Unternehmen“. Die Teilnehmer folgten dem Aufruf des linksgerichteten Bündnisses „Front social“ (Soziale Front).

„Wie ein Ruinenfeld“

„Der Wahlkampf ist vorbei, das Schlachtfeld gleicht einem Ruinenfeld. Frankreich ist ein tiefgespaltenes Land“, sagt Stefan Seidendorf, Stellvertretender Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg. Die Politik in Frankreich organisiere sich gerade neu. Opfer seien die beiden etablierten Parteien: Sozialisten und Republikaner. „Die neuen Lager sind zum einen die National-Konservativen um Marine Le Pen, die auf Angriff und auf die Spaltung der Bürgerlichen setzt. Daneben stehen die radikalen Linken.“ In der Mitte habe der neue Präsident Macron die schwierige Aufgabe, seine Bewegung ohne Parteiapparat kampagnefähig zu machen. Er müsse seinen Erfolg jetzt schnell und clever nutzen, wolle er seinen deutlichen Wahlsieg bei den Parlamentswahlen in vier Wochen in Zählbares verwerten.

Nino Galetti, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Paris, sagte, Deutschland habe allen Grund, Macron nach Kräften zu unterstützen. Ansonsten werde Le Pen in fünf Jahren triumphieren. Galetti nannte Macrons Wahlergebnis zufriedenstellend. Auch die relative geringe Wahlbeteiligung von rund 75 Prozent sei kein „Drama“.

Kein Leichtgewicht

Für Galetti ist Macron kein politisches Leichtgewicht. Er attestiert ihm einen Pragmatismus im Stile des deutschen Altkanzlers Gerhard Schröder. Aber mit den Parlamentswahlen warte schon die nächste Bewährungsprobe auf Marcon.

Dabei könne der Front National (FN) mit Marine Le Pen Boden gut machen. Galetti verweist in diesem Zusammenhang auf Umfragen, die es für möglich halten, dass 50 bis 150 FN-Parlamentarier in die Nationalversammlung einziehen. Bislang sind es nur zwei Parlamentarier.

Auch Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, freut sich über den Erfolg Macrons. „Frankreich ist drittwichtigster Handelspartner der hessischen Wirtschaft. Frankreich kann nur durch Strukturreformen ein nachhaltig höheres Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung erreichen“, sagte er.

Der Sieg Macrons trieb den Deutschen Aktienindex Dax gestern nur zu Beginn auf neue Höhen. Anleger hatten aber bereits damit gerechnet, dass sich Macron durchsetzt. So erreichte der deutsche Leitindex zwar zunächst mit 12 762,04 Punkten eine weitere Bestmarke, beendete den Handel aber 0,18 Prozent schwächer. Auch in Paris waren die frühen Gewinne nicht von Dauer: Der Leitindex CAC 40 verlor fast ein Prozent. Mit Material von dpa

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