Die Merkel-CDU ist ihm zu links

Der junge AfD-Politiker Jochen Roos ist ein Mann klarer Worte: Er sieht sich als Trump-Fan und Verfechter der deutschen Leitkultur: Sein Wahlspruch lautet: „Deutschland zuerst“.
In jenen Tagen, als die deutschen Nachrichten noch nicht von Euroskeptizismus, massenhafter Zuwanderung von Asylsuchenden und den regelmäßigen Twitter-Nachrichten Donald Trumps beherrscht wurden, wäre Jochen Roos (26) wohl ein Nachwuchstalent des wertkonservativen CDU-Wirtschaftsflügels gewesen. Doch Ende 2015 schloss sich der einstige CDU- und FDP-Sympathisant der Alternative für Deutschland (AfD) an. Wie kam es dazu?
Auf die Frage nach den Gründen für seine Abkehr von der CDU antwortet Roos wie viele enttäuschte Unions-Anhänger. Die Eurokrise, die Flüchtlinge und der vermeintliche Linksruck unter Angela Merkel habe er nicht mehr in Einklang mit seinem konservativen Weltbild bringen können. „Ich habe schon 2013 AfD gewählt, weil Schwarz-Gelb viel versprochen und davon nichts umgesetzt hat“, sagt Roos.
Ein rasanter Aufstieg
Seit Ende Januar vertritt Roos die AfD nicht nur im Offenbacher Kreistag und als stellvertretender Landesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA). Seit einem Monat ist er auch Vorsitzender des neu gegründeten AfD-Ortsvereins in seiner Heimatstadt Rödermark.
Jochen Roos hat schon einiges von der Welt gesehen. Von einer Integrierten Gesamtschule (IGS) wechselte er auf die inzwischen wegen eines Missbrauchsskandals geschlossene Odenwaldschule. Nach dem Abitur folgte ein 23-monatiger freiwilliger verlängerter Wehrdienst bei einem Nachschub-Bataillon der Bundeswehr. Nebenher arbeitete er für die Unternehmensberatung seines Vaters. Derzeit studiert er Politikwissenschaften in Frankfurt.
Jochen Roos hat kein Problem damit, über die Vorurteile zu sprechen, die ihm immer wieder begegnen, wenn er erzählt, dass er sich für die AfD engagiert. Ohne Scheu vertritt er den an Donald Trump angelehnten Wahlspruch „Deutschland zuerst“. „Für mich ist jemand deutsch, dessen Eltern Deutsche sind oder der sich mit deutschen Werten und Errungenschaften identifiziert“, sagt er. Als von Hause konservativ geprägter Mensch gibt es für Roos zur AfD derzeit „keine politische Alternative“.
US-Präsident Donald ist für ihn jemand, der dem politischen Establishment auf die Finger klopft und das umsetzt, was er seinen Wählern versprochen hat. Dass der streitbare Milliardär bei der Realisierung seiner Vorhaben oft aneckt, ficht Jochen Roos nicht an. Gleichzeitig sagt er: „Angela Merkel pflegt in der CDU einen sehr autokratischen Stil. Alle Querschießer wie Roland Koch, Friedrich Merz oder Karl-Theodor zu Guttenberg wurden abgesägt.“ Diese Entwicklung sei eine Katastrophe für das Selbstbild als Partei rechts der Mitte.
Auch zur Flüchtlingsfrage und rechten Tendenzen innerhalb der AfD vertritt Jochen Roos klare Standpunkte: „Kriege wie in Syrien oder der Ukraine sind vordergründig Probleme dieser völkerrechtlich souveränen Länder“, lautet seine Begründung dafür, dass Deutschland nicht für das Flüchtlingselend an Europas Grenzen verantwortlich sei. Denn: „Warum soll man Flüchtlinge integrieren? Die genießen nur Schutz auf Zeit.“
Geschlossenes Weltbild
Fraglos habe jedoch die Migrationswelle zu mehr Kriminalität in Deutschland geführt. Auf die Frage, woher er das wisse, antwortet Roos: „Das ist eine Frage der Interpretation einiger offiziell herausgegebener Statistiken“, antwortet Roos, ohne jedoch Quellen nennen zu können. Schuld an der schlechten Außendarstellung der AfD seien vor allem die Medien. „Populismus ist kein negativer Begriff. Man schaut dem Volk aufs Maul und macht Politik in dessen Interesse“, befindet Roos.
Forderungen wie die von Beatrix von Storch, notfalls auf Flüchtlinge an der Grenze zu schießen, hätten keinen Platz in der AfD. Von Storchs rhetorischer Ausrutscher sei „sehr unglücklich gewesen“. Privat sei diese aber eine äußerst umgängliche Person.
Auch gibt Jochen Roos zu bedenken, dass man für die nicht immer glückliche Außendarstellung der AfD Verständnis haben müsse: „Als die Grünen damals neu in die Parlamente eingezogen sind, war es noch chaotischer als jetzt bei der AfD“, sagt er.
Als zentrales Motiv, sich zu engagieren, nennt der Jung-Politiker sein nationalkonservatives Weltbild: „Nationalkonservativ bedeutet für mich, dass es in erster Linie um die eigene Nation und das eigene Volk geht. Es würde uns gut tun, wenn wir wieder mehr Politik im Interesse Deutschlands machen“, sagt er. Wie diese Politik aussehe, lasse sich im Wahlprogramm der AfD nachlesen.