Spekulation um Faeser-Kandidatur: Ministeramt als Versicherung gegen den Karriereknick?
Bis vor kurzem hatte kaum jemand Nancy Faeser auf dem Zettel. Doch ihre bundespolitische Karriere könnte schon im Herbst vorbei sein.
Wiesbaden – Es ist ein kommunikatives Desaster: Seit Monaten lässt die SPD die Öffentlichkeit im Ungewissen darüber, ob Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl im Oktober antritt oder nicht. Und das soll offiziell noch bis Freitag (3. Februar) so bleiben. Zwar hat kaum jemand Zweifel daran, dass die 52-jährige Ministerpräsidentin werden möchte. Unklar war allerdings bislang, ob sie ihr Amt in Berlin niederlegen würde, um sich mit voller Kraft in den Wahlkampf in Hessen zu stürzen, oder ob sie an ihrer Position festhält für den Fall, dass sie die Hessen-Wahl verliert. Diese Konstellation ist – glaubt man den bisherigen Umfragen – nicht ganz unwahrscheinlich. Lag doch die CDU mit Ministerpräsident Boris Rhein bislang klar vor SPD und Grünen.

Spekulation um Nancy Faesers Kandidatur: Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel
Für die Opposition in Berlin ist dieses Vabanquespiel eine Steilvorlage, um Faesers Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Natürlich wäre es für die Hessen-SPD besser, Faeser hätte sich früher und exklusiv auf die Spitzenkandidatur im Land festgelegt. Das Amt als Bundesinnenministerin quasi als Versicherung gegen einen Karriereknick zu behalten, wird Misstrauen gegenüber ihrem Bekenntnis zu Hessen wecken. Andererseits aber dürfte die Schwalbacherin trotz allem das stärkste Zugpferd der hessischen Sozialdemokratie sein. Steht sie doch durch ihren bundespolitischen Bekanntheitsgrad mindestens auf Augenhöhe mit den Mitbewerbern im Dreikampf um die Macht. Ministerpräsident Rhein löste erst vor einem Dreivierteljahr seinen Vorgänger Volker Bouffier ab und geht zwar mit einem Amtsbonus ins Rennen, kommt aber noch nicht an Bouffiers Popularität heran. Und der Spitzenkandidat der Grünen, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, galt zwar wiederholt als Hessens beliebtester Politiker, kann es aber auch nicht mit Faesers Medienpräsenz aufnehmen.
Union fordert Innenministerin Faeser im Falle einer Hessen-Kandidatur zum Rücktritt auf.
Inhaltlich allerdings ist Faeser gerade mit ihren Positionen zur Migration umstritten, was ihr auch in Hessen schaden könnten. Und sollte sie die Wahl verlieren, stünde ihr Landesverband erneut vor einer personellen Neuaufstellung. Zudem wäre Faesers Image auch in Berlin angeknackst. Gewinnt sie hingegen, hätte Bundeskanzler Scholz ein Problem: Er bräuchte eine neue Chefin in einem seiner wichtigsten Ministerien. (Christiane Warnecke)