„Bordell Europas“: CSU-Politikerin Bär fordert Sexkauf-Verbot in Deutschland
Dorothee Bär bringt das Nordische Modell für Deutschland ins Spiel. Demnach werden die Käufer von Sexdiensten bestraft – nicht die Prostituierten.
Berlin – Angesichts der prekären Situation Hunderttausender Prostituierter fordert die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Dorothee Bär (CSU), ein Verbot von käuflichem Sex. Die Situation von Prostituierten in Deutschland sei „dramatisch“, sagte Bär der Bild vom Dienstag. „Wir brauchen dringend einen Paradigmen-Wechsel: ein Sexkauf-Verbot in Deutschland.“ Damit würde Prostitution „de facto verboten - und zwar zum Wohle der Frauen“, sagte sie.
Nach Bärs Angaben gibt es aktuell bundesweit rund 250.000 Prostituierte. Die allermeisten kämen aus dem Ausland, und nur ein Bruchteil sei behördlich angemeldet. „Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt“, sagte die CSU-Politikerin. „Deutschland ist mittlerweile auch weltweit als Land für Sex-Tourismus sehr attraktiv.“
Bär sprach sich für die Einführung des nordischen Modells wie in Schweden aus, dass die Käufer von Sexdiensten bestraft und nicht die Prostituierten. „Das Beispiel Schweden zeigt: Mit einem Sexkauf-Verbot geht die Zahl der Prostituierten drastisch zurück.“
Laut Studie stärkt das deutsche Gesetz Freier und Bordellbetreiber
Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig, sondern ein normales Gewerbe. Die damalige rot-grüne Koalition wollte mit dem Gesetz die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern - allerdings ist aus Expertensicht zum Teil der gegenteilige Effekt eingetreten. 2017 trat zudem das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Es macht vor allem gewerberechtliche Vorgaben: Bordelle benötigen seitdem eine Betriebserlaubnis, Prostituierte sind verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden und regelmäßig zur Gesundheitsberatung zu gehen. Vorgeschrieben sind zum Beispiel auch getrennte sanitäre Anlagen für Prostituierte und Freier, separate Wohnbereiche für Prostituierte und ein Notrufsystem dort, wo Prostituierte arbeiten.

Laut einer im Juni vorgestellten Studie ist stattdessen aber die Stellung der Bordellbetreiber, der Sexindustrie und der Freier gestärkt worden. Auch die Autor:innen dieser Studie sprechen sich für das Nordische Modell aus, berichtet die Deutsche-Presse Agentur (dpa).
Der inzwischen oft geläufige Begriff der Sexarbeit wird von Frauenrechtlerinnen als neoliberaler Terminus kritisiert, der kapitalistische Selbstausbeutung bis ins Schlafzimmer propagiere.
Schweden: Prostitution widerspricht der Gleichstellung der Geschlechter
Während im Deutschen Bundestag die Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes „als Schlag gegen Doppelmoral und für das Recht der Prostituierten“ gefeiert wurde, fand die schwedische Gleichstellungsministerin Margareta Winberg im schwedischen Parlament großen Zuspruch, als sie dort ihr starkes Missfallen gegen das deutsche Prostitutionsgesetz äußerte.
Sie sagte, es „widerspricht der Gleichstellung der Geschlechter und der Mitmenschlichkeit“. Weiter führte Winberg aus: „Eine Gesellschaft, die Prostitution als Beruf oder Wirtschaftszweig anerkennt, ist eine zynische Gesellschaft, die den Kampf für die schutzlosesten und verwundbarsten Frauen und Kinder aufgegeben hat.“
Beide Prostitutionsgesetze feministisch motiviert
Sowohl das schwedische als auch das deutsche Prostitutionsgesetz waren Initiativen von Grünen, Sozialdemokraten und Linken. Beide Gesetze waren feministisch motiviert und sollten angeblich die Situation der Prostituierten verbessern.
Doch während in Schweden die Prostitution als Recht von Männern, „Frauen zu kaufen“, gedeutet wird und dies „die Persönlichkeitsrechte von Frau kränkt und die Gleichberechtigung verhindert“, überwog in Deutschland die Auffassung, die ungleiche Behandlung von Prostituierten gegenüber anderen Berufsgruppen sei eine Form von Diskriminierung und ein Beispiel für die Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft. (sot mit dpa/afp/epd)