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22 Fragen an Dominik Wlazny: „Es gab sehr viele Situationen, in denen Van der Bellen wirklich leise blieb“

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Von: Johannes Pressler

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Dominik Wlazny sitzt auf einer Couch.
Von der Rockbühne in die Hofburg? Dominik Wlazny, Kandidat zur BP-Wahl 2022. © Johannes Pressler/BuzzFeed Austria

Dominik Wlazny, Kandidat zur Bundespräsidentenwahl 2022, im großen Interview mit BuzzFeed Austria.

Am gemeinsamen Terminkalender im Büro steht beim 9. Oktober noch ein Fragezeichen hinter „Wahl“. Seit wenigen Wochen ist es aber fix: Dominik Wlazny alias Marco Pogo wird bei der Bundespräsidentenwahl 2022 antreten dürfen. Der studierte Mediziner, mit Preisen ausgezeichnete Rockmusiker und Gründer der Bierpartei würde die ÖVP-Grünen-Regierung - im Vergleich zu vielen seiner Kontrahenten - nicht entlassen. Ein EU-Austritt und Ende der Sanktionen gegen Russland stehen für Wlazny ebenfalls nicht zur Debatte. Wofür der 35-jährige Wiener sehr wohl steht, sagt er im Interview mit BuzzFeed Austria.

22 Fragen an ...

... ist die Interview-Serie von BuzzFeed Austria zur Bundespräsidentenwahl 2022. Alle sieben Kandidaten haben die Möglichkeit, sich unseren Lesern und Leserinnen näher vorzustellen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz haben die Einladung aus Termingründen abgesagt. Heinrich Staudinger und Tassilo Wallentin haben auf unsere Anfrage (und Nachfrage) nicht geantwortet.

BP-Wahl 2022: 22 Fragen an Dominic Wlazny

1. Bereits am 19. August haben Sie als erster Kandidat etwas mehr als die 6.000 benötigten Unterstützungserklärungen bei der Bundeswahlbehörde abgegeben. Die anderen Kandidaten ließen sich mehr Zeit, präsentierten am Ende mehr gesammelte Unterschriften. Wozu die Eile bei Ihnen?

Das Gesetz sieht vor, dass man 6.000 Unterstützungserklärungen braucht. Ich habe ohnehin deutlich mehr abgegeben und in den Tagen danach noch sehr viele weitere Unterschriften erhalten. Es ist aber kein Wettkampf um die Anzahl der Unterstützungserklärungen. Warum da so ein Battle ausgebrochen ist, habe ich nicht ganz verstanden.

2. Bei den Unterstützungserklärungen mussten Sie darauf hinweisen, dass nur Ihr bürgerlicher Name, Dominik Wlazny, gültig ist. Auf dem Wahlzettel werden Sie an unterster Stelle stehen. Für Marco Pogo gibt es auf Google Trends einen eigenen Suchbegriff, bei Dominik Wlazny enthält die Suche „nicht genügend Daten“. Wäre es nicht besser gewesen, spätestens für die Präsidentschaftswahl den Namen zu ändern?

Nein, weil der Marco Pogo ist die Figur, die auf der Bühne steht. Zur Wahl stelle ich mich mit meinem bürgerlichen Namen, Dominik Wlazny. Es ist richtig so, dass man mit einem bürgerlichen Namen am Wahlzettel steht und dort nicht Marco Pogo oder Alfred Jodocus Kwak stehen darf. Die Leute sollen ja wissen, wen sie tatsächlich wählen.

3. Wer ist Ihr politisches Vorbild?

An einer bestimmten Person kann ich das nicht festmachen. In meiner Jugend habe ich in der niederösterreichischen Provinz viel Zeit in einem Förderverein für alternative Musikkultur verbracht. Dort war ich mit vielen Menschen im engen Austausch. Sie waren nicht parteipolitisch, aber sehr politisch. Wir haben viele Diskussionen geführt, gleichzeitig auch Punkkonzerte veranstaltet. Dieses Umfeld hat mich sehr geprägt.

4. Inwiefern hat Sie dieses Umfeld geprägt? Für welche Werte steht Dominik Wlazny?

Ich bin ein familienbewusster Mensch, der Sorge hat, dass die Solidarität in unserer Gesellschaft verloren geht. Aufgrund meiner Ausbildung habe ich einen guten Blick dafür, wie es den Menschen in den systemrelevanten Berufen geht. Aufgrund dessen, dass ich in Bands und der Kulturszene aktiv war, weiß ich, wie wichtig die Kultur für die Menschen ist. Diese Branche ist auch systemrelevant, der Kleber unserer Gesellschaft. Außerdem bin ich Unternehmer, beschäftige eine Vielzahl an Menschen. Dass man als Unternehmer eine soziale Verantwortung hat, habe ich aber nicht vergessen. Dafür stehe ich.

Links Johannes Pressler und rechts Dominik Wlazny.
Dominik Wlazny im Interview mit Johannes Pressler von BuzzFeed Austria. © Johannes Pressler/BuzzFeed Austria

5. Sie selbst wollen „eine moralische Richtschnur sein“, heißt es in Ihrem Wahlprogramm. Wie können sich das unsere Leser und Leserinnen in der Praxis vorstellen?

Das Amt des Bundespräsidenten gibt sehr viel her. Damit meine ich nicht die oftmals negativen Aspekte, die die anderen Kandidaten hervor schleppen - die Entlassung der Regierung zum Beispiel. Ein Präsident ist nicht dazu da, demokratische Wahlergebnisse umzudrehen, sondern um eine starke Meinung zu vertreten. Wenn ein Unrecht oder eine Entgleisung passiert, ist es notwendig, sich dazu zu äußern. Das Wort des Bundespräsidenten hat viel Gewicht. Er muss es aber auch nicht täglich erheben, sonst verliert es an Bedeutung.

6. Sind Sie also der Ansicht, Bundespräsident Van der Bellen hat sich in seiner Amtszeit zu selten geäußert?

Es gab sehr viele Situationen, in denen ich mir klare Worte gewünscht hätte. Es gab auch sehr viele Situationen, in denen es wirklich leise blieb.

7. Wenn Sie sich einen der sechs anderen Kandidaten aussuchen könnten, um gemeinsam auf ein Bier zu gehen, welcher wäre Ihnen am liebsten?

Nach der „Im Zentrum“-Diskussionsrunde gar keiner von denen. Also Alexander Van der Bellen wäre mir am liebsten.

8. Dieser hat in einem „Kronen Zeitung“-Interview gesagt, dass er „natürlich“ mit Ihnen auf ein Bier gehen würde. Da wurde aber noch nichts daraus, oder wie?

Leider haben sich weder er noch jemand aus seinem Team bei mir gemeldet. Das finde ich sehr schade.

9. Sie wollen „ein aktives Staatsoberhaupt sein, das Dinge vorantreibt“. Der Bundespräsident in Österreich ist jedoch auf Vorschläge der Bundesregierung bzw. der zuständigen Minister:innen angewiesen. Ist die Präsidentschaftswahl dann nicht eigentlich die falsche Wahl für Ihr Bestreben?

Nein, es ist genau die richtige Wahl. Ich wünsche mir, dass es einen wirklich unabhängigen, frei von parteipolitischen Querelen agierenden Bundespräsidenten gibt, der nicht nur die üblichen repräsentativen Aufgaben gut erledigen kann, sondern der die Würde des Amtes mit Werten füllt und für diese klar eintritt.

Dominik Wlazny geht durch eine Tür.
„Ein Präsident ist nicht dazu da, demokratische Wahlergebnisse umzudrehen, sondern um eine starke Meinung zu vertreten“, sagt Wlazny. © Eva Manhart/APA-PictureDesk

10. Auf welcher Social-Media-App sind Sie am liebsten?

Alle haben ihre Vor- und Nachteile. Ich würde Instagram sagen.

11. Warum?

Instagram ist für mein Seelenheil am angenehmsten, da muss man nicht so viel Schas lesen.

12. Auf Social Media war es auch, als Sie erstmals Ihre neueste Plakatkampagne präsentiert haben. Eine Ihrer Forderungen darauf ist ein Eignungstest für Minister:innen. Wie würde dieser genau ablaufen?

Die Angelobung ist eine direkte Kompetenz des Bundespräsidenten. Ich nenne es Eignungstest, weil mir kein besseres Wort eingefallen ist. Was ich aber damit meine: Eine unabhängige Kommission sollte entscheiden, ob diese Person für das Amt geeignet ist. In jedem höheren Job in diesem Land muss man ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen, bis man letzten Endes in diese Position gelangt. Bei der früheren Ministerin Christine Aschbacher hieß es aber zum Beispiel: „Die Steiermark wollte jemanden haben.“ Das kann doch nicht die Eignung für einen Ministeriumsposten sein.

13. Gibt es in der aktuellen Regierung gewisse Minister:innen, die Ihrer Ansicht nach nicht geeignet für das Amt sind?

Der Herr Karner.

14. Wieso Gerhard Karner?

Der Innenminister hat vor zwei Wochen Entscheidungen der unabhängigen Justiz öffentlich infrage bzw. in einer Art und Weise sogar in Abrede gestellt. Das ist eines Innenministers nicht würdig.

Gerhard Karner spricht auf einer Pressekonferenz.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sei laut Wlazny seines Amts „nicht würdig“. © Martin Juen/SEPA.Media/APA-PictureDesk

15. Für viel Aufsehen sorgte zuletzt eine Aussage von Bundespräsident Van der Bellen. „Zähne zusammenbeißen“ sollen die jungen Menschen in Österreich in Anbetracht der steigenden Preise. Was denken Sie sich bei so einer Aussage?

Ich finde das wirklich schwach. Einfach zu sagen, sie sollen die „Zähne zusammenbeißen“ - das kann nicht die Nachricht an die jungen Leute in diesem Land sein. Für mich ist das ein Auslagern des Problems. Es ist der Job der Politik, den Menschen die besten, raschesten, nachhaltigsten Lösungen zu finden. Das wäre eine bessere Antwort gewesen. Die „Zähne zusammenbeißen“-Aussage hat mich fassungslos gemacht.

16. Die Zukunft bereite Ihnen am meisten Sorge, haben Sie in einem „Presse“-Interview gesagt. Was ist dann Ihre Message an die jungen Menschen in Österreich?

Ich will zeigen, dass es auch Politiker gibt, die ihnen zuhören. Diejenigen, die eine junge Klimabewegung als „Schulschwänzer“ abtun, finde ich fürchterlich. Die kommenden Generationen sind unsere Zukunft, doch die Politik denkt maximal bis zum nächsten Wahltermin. Was ist mit 2030? Sollen wir unseren Kindern einfach sagen, dass sie jetzt den Scheiterhaufen haben? Das sollten wir uns nicht erst 2029 überlegen. Das einzige Mal, als ich von der Regierung etwas mit 2040 gelesen habe, war beim Ende der Vollspaltenböden - und da dachte ich mir zuerst, ich hätte mich verlesen.

17. Was ist Ihre Lieblingsband?

Rancid. Immer schon gewesen. „... And Out Come the Wolves“ ist ein Album, das höre ich seit meiner Jugend. Wenn ich jetzt zur U-Bahn gehe, höre ich Rancid. Das hat sich nie geändert.

18. Bereits vor Ihrer Zeit als erfolgreicher Rockmusiker haben Sie das Medizinstudium absolviert und währenddessen noch als Turnusarzt gearbeitet. Was haben Sie speziell aus diesen Bereichen mitgenommen, das Sie für das Amt des Bundespräsidenten qualifiziert?

Ich kenne das Arbeitsumfeld im Krankenhaus. Ich weiß, was das Gesundheitspersonal für uns alle leistet. Ich kann mich noch gut an 2020 erinnern, als schön geklatscht wurde. Wenn es um echte politische Wertschätzung geht, dann ist das Klatschen aber sehr schnell wieder verhallt. Die Leute in diesen Berufen sind nach wie vor angefressen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich entspringe eben nicht aus einer Parteiakademie und vom Landesrat, Bundesrat, Nationalrat zum Kandidaten, sondern habe viele unterschiedliche Dinge gemacht. Das ist unersetzbar. Das ist meine Eignung.

19. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ haben Sie gesagt: „Wir haben nicht Long Covid, sondern Long ÖVP.“ Welches Medikament können Sie zur Behandlung empfehlen?

Selbstherapie. Bevor alle Menschen in der Wahlkabine das Kreuzerl machen, sollen sie sich gut überlegen, in welches Kasterl. Das kann jeder für sich selbst machen, geht auch ohne Krankenschein und Rezeptgebühr.

20. So kurz vor der Wahl, wie würden Sie Ihre derzeitige Stimmungslage in einem Emoji beschreiben?

[lacht] Mit dem Bizeps.

21. Die Prognosen der letzten Wochen schwanken bei Ihnen zwischen fünf und 14 Prozent. Was ist das Wahlziel für den 9. Oktober?

Meine Themen in den Diskurs zu bringen und die Sachen, die mir wichtig sind, in den öffentlichen Fokus zu rücken. Was am Ende des Tages für eine Prozentzahl stehen wird, das kann ich nicht einschätzen.

22. Bereits 2019 ist die Bierpartei bei der Nationalratswahl in Wien angetreten. Wird Ihre Partei auch 2024 wieder am Wahlzettel stehen?

Ich weiß, dass mein Name am 9. Oktober am Wahlzettel steht. Das ist mein großes Ziel. Alles, das danach kommt, wird sich noch weisen.

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Anmerkung: Dieser Artikel wurde ursprünglich am 15. September 2022 veröffentlicht.

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