„Die Front fällt zusammen“ – In Russland greift die Angst vor der Niederlage um sich
Die Gegenoffensive der Ukraine scheint Früchte zu tragen. Russland steht offenbar an manchen Abschnitten mit dem Rücken zur Wand. Der Ärger wächst.
Moskau – In Russland geht allmählich die Angst um: Könnte der Ukraine-Krieg am Ende tatsächlich verloren gehen? In den offiziellen Verlautbarungen ist davon natürlich nichts zu hören. Doch an anderen Stellen wächst die Sorge vor einer möglichen Niederlage. Vor allem in den prorussischen Telegramkanälen hinterlässt die Gegenoffensive der Ukraine immer mehr Spuren.
„Die Front bricht zusammen“, hieß es am Mittwochabend (13. September) zum Beispiel bei „Alex Parker Returns“ - einem Kanal, dem immerhin 153.000 Personen folgen. Offenbar geht dort die Angst um, dass ukrainische Truppen schon bald die im Ukraine-Krieg besonders schwer umkämpfte Kleinstadt Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk kontrollieren könnten: Wenn alles so weitergehe, müsse die Stadt „bald aufgegeben“ werden.
Russland steht an der Front offenbar unter Druck
Grund für all das Ungemach laut „Alex Parker Returns“: Es gebe keine zweite Wagner-Gruppe, die den Kampf dort in die Hand nehmen könnte. Damit müsse man jetzt halt leben. Der bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommene Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte Truppen seiner Privatarmee im Gebiet Donezk geführt und dort unter schweren Verlusten die Stadt Bachmut erobert. Ein Rückzug aus der inzwischen völlig zerstörten Stadt wäre für den russischen Präsidenten Wladimir Putin zwar aus militärstrategischer Sicht keine allzu bedeutende Niederlage – symbolisch aber wohl umso mehr.

Unterdessen beklagte auch der Militärjournalist Roman Saponkow die Entwicklung an der Front. Nach seinen Informationen hätten die russischen Einheiten offenbar die Dörfer Klischtschijiwka und Andrijiwka verlassen, eine 100-prozentige Bestätigung stehe aber noch aus. „Im vergangenen Monat haben wir eine schwierige Situation an der Front erlebt“, hieß es in dem Beitrag weiter. „Jetzt ist unklar, ob das auf die Erschöpfung unserer Reserven oder andere Faktoren zurückzuführen ist.“
Ukraine meldet Erfolge im Gebiet Donezk
Der ukrainische Generalstab äußerte sich ähnlich zu den Entwicklungen an den entsprechenden Frontabschnitten. Bei dem Ort Klischtschijiwka südlich der ostukrainischen Stadt Bachmut seien „teilweise Erfolge“ zu verzeichnen, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die ukrainischen Truppen setzten ihre Offensive fort und würden Schritt für Schritt die besetzten Gebiete befreien, hieß es im Lagebericht weiter.
Weitere Teilerfolge meldete der Generalstab aus der Gegend von Robotyne im Gebiet Saporischschja im Süden. Dort arbeitet sich die ukrainische Armee seit Wochen langsam durch stark verminte russische Verteidigungslinien hindurch. Die Militärangaben beider Seiten sind oft nicht sofort überprüfbar. Sie entsprechen in diesem Fall aber in etwa der Lage, die Fachleute mit Hilfe von Fotos und Videos erkennen können. (cs)