Update vom 15. Juni, 15.40 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von der EU weitere Hilfe im Kampf gegen Russland gefordert. In einer Video-Ansprache vor dem tschechischen Parlament erinnerte Selenskyj an den Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei 1968. Heute kämpfe die Ukraine „für die Freiheit“ und „gegen die grausame Invasion Russlands“, sagte Selenskyj. Die Ukraine brauche daher jede mögliche Unterstützung, um Russland zu besiegen.
Der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts setzte im August 1968 dem Prager Frühling ein Ende. Selenskyj sagte, heute sei der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nur der erste Schritt in einem Moskauer Plan zur Rückeroberung früherer sowjetischer Satellitenstaaten. „Ein Tyrann, der ... alles will, wird niemals aufhören“, so Selenskyj.
Selenskyj dankte den Tschechen für die Aufnahme von mehr als 300.000 ukrainischen Flüchtlingen und die Lieferung von Waffen im Wert von mehr als 3,5 Milliarden tschechische Kronen (knapp 142 Millionen Euro). Er forderte die Regierung in Prag zudem auf, nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im Juli ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland durchzusetzen. „Werden Sie aktiv, damit sich alle europäischen Staats- und Regierungschefs darüber einig sind, dass die Verteidigung und Stärkung Europas unser gemeinsames Ziel ist“, unterstrich der ukrainische Staatschef.
Update vom 15. Juni, 15.15 Uhr: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Ukraine dazu aufgerufen, mit Russland zu verhandeln. Frankreich habe vom ersten Tag an deutlich gemacht, „dass Russland der Aggressor ist“, sagte Macron bei seinem Besuch in Rumänien laut dem von den USA finanzierten Rundfunkveranstalter Radio Free Europe. „Wir müssen einen klaren Kopf haben: Wir sind nicht im Krieg mit Russland“, fügte Macron allerdings hinzu. Ihm zufolge muss die Ukraine mit Russland am Verhandlungstisch sitzen: „Der ukrainische Präsident und seine Beamten werden mit Russland verhandeln müssen.“
Update vom 15. Juni, 14.05 Uhr: Ungeachtet der zutiefst belasteten Beziehungen will der Kreml den Dialog mit westlichen Staaten nicht völlig aufgeben. „Kommunikation ist notwendig, wir werden auch in Zukunft kommunizieren müssen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Amerika wird sich nirgendwo hinbewegen, Europa wird sich nirgendwo hinbewegen, also müssen wir irgendwie mit ihnen kommunizieren“, so Peskow. Die Kommunikation müsse aber auf gegenseitigem Respekt und der Wahrung von Sicherheitsinteressen beruhen, fügte Peskow hinzu. Dies sei derzeit aber nicht absehbar.
Update vom 15. Juni, 13.10 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eindringlich dafür geworben, seinem Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen. Der 44-Jährige sprach per Video zu beiden Parlamentskammern in Tschechien, das in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Der Kandidatenstatus würde unter Beweis stellen, dass Europa eine wirkliche Gemeinschaft sei und die europäischen Werte mehr bedeuteten als nur leere Phrasen, sagte Selenskyj.
Selenskyj warnte, dass Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Sieg nicht in der Ukraine haltmachen würde. Dessen imperiale Ambitionen reichten „von Warschau bis nach Sofia, von Prag bis nach Tallinn“. Zum Abschluss zitierte er das Motto des früheren tschechoslowakischen und tschechischen Präsidenten Vaclav Havel (1936-2011): „Wahrheit und Liebe müssen siegen über Lüge und Hass.“ Dafür erhielt er von den tschechischen Parlamentariern minutenlangen, im Stehen dargebrachten Beifall.
Update vom 15. Juni, 12.35 Uhr: Die Ukraine hat angesichts der zunehmend schwierigen Lage ihrer Truppen im Donbass auf beschleunigte Waffenlieferungen der westlichen Verbündeten gedrängt. „Brüssel, wir warten auf eine Entscheidung“, erklärte Präsidentenberater Mychailo Podoljak auf Twitter kurz vor dem Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe. Russland sei der Ukraine bei seiner Artillerie „im Verhältnis zehn zu eins“ überlegen, schrieb Podoljak. „Ich erhalte täglich Nachrichten von unseren Kämpfern, die sagen, ‚Wir halten stand, sagt uns einfach, wann die Waffen kommen‘“, fügte er hinzu.
Update vom 15. Juni, 12.20 Uhr: Die Nato hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Gast zu ihrem Gipfeltreffen in Madrid eingeladen. Wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mitteilte, ist allerdings noch nicht klar, ob Selenskyj wirklich anreist oder aus seinem Amtssitz in Kiew zugeschaltet wird. „Er ist willkommen, persönlich zu kommen. Wenn das für ihn nicht möglich ist, wird er per Videokonferenz zu uns sprechen“, sagte Stoltenberg.
Bei dem am 28. Juni in der spanischen Hauptstadt beginnenden Gipfeltreffen der westlichen Militärallianz wollen die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten entscheiden, wie das Bündnis mittel- und langfristig auf die Bedrohungen durch Russlands Kriegspolitik reagiert. Konkret geht es dabei zum Beispiel um die Verstärkung der Ostflanke durch zusätzliche Nato-Truppen. Vor allem die baltischen Staaten dringen seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine auf eine deutlich größere Unterstützung durch Bündnispartner.
Update vom 15. Juni, 11.15 Uhr: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als einen „brutalen Zermürbungskrieg” bezeichnet und weitere schwere Waffen für die Ukraine signalisiert. Es gebe „Zerstörung auf ganz großer Bandbreite”, sagte er bei einer Pressekonferenz im Nato-Hauptquartier in Brüssel. Das Verteidigungsminister-Treffen mit der Ukraine, Georgien, Schweden, Finnland und der EU heute Abend werde dem ukrainischen Verteidigungsminister die Möglichkeit bieten, „über das zu informieren, was die Ukraine dringend benötigt”. Für die Nato-Partner werde es eine Möglichkeit sein, „die Ukraine weiter zu unterstützen und dies öffentlich zu machen”. Zuvor stellte Stoltenberg mehr schwere Waffen für die Ukraine in Aussicht. Die Bündnispartner hätten sich dazu verpflichtet, weiter militärische Unterstützung an die Ukraine zu liefern, kündigte der Generalsekretär an. Dazu würden schwere Waffen sowie Langstrecken-Waffen gehören.
Erstmeldung vom 15. Juni: Den Haag/München — Im Ukraine-Konflikt setzten die Truppen des russischen Machthabers Wladimir Putin ihre Angriffe auf ukrainisches Territorium ununterbrochen fort. Im Visier ist an erster Stelle das Donbass-Gebiet im Osten der Ukraine. Diese Karte zeigt, wo der Ukraine-Krieg wütet. Russland greift die Ostukraine von allen Seiten an.
Um sich gegen diesen Angriffskrieg von Putin effektiver wehren zu können, fordert die ukrainische Regierung schon seit langem immer wieder mehr schwere Waffen wie Panzer und Artillerie von westlichen Ländern. Diese Forderungen wurden zwar teilweise erfüllt, allerdings nur nach langen Diskussionen und in einem begrenzten Umfang, der die Ukraine nicht zufriedenstellt. Die Nato hat nun weitere Lieferungen von schweren Waffen angedeutet.
Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und ukrainischer Chefunterhändler, Mykhailo Podolyak, veröffentlichte am Montag (13. Juni) auf Twitter eine Liste mit der Anzahl an schweren Waffen, die die Ukraine benötige, um den Krieg mit Russland zu beenden. Dabei ging es um folgende Waffen.
„Das Treffen der Kontaktgruppe von Verteidigungsministern ist in Brüssel ist am 15. Juni. Wir warten auf eine Entscheidung“, schrieb Podolyak in seinem Tweet. Die Nato könnte die von der Ukraine erwartete Entscheidung auf mehr schwere Waffen schon bald treffen, wie Aussagen des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg bei einem Treffen mit Staats- und Regierungschefs von mehreren Nato-Staaten nahelegen.
Bei dem Treffen in der offiziellen Residenz des niederländischen Premierministers Mark Rutte in Den Haag nahmen neben Stoltenberg und Rutte die Premierminister von Dänemark, Belgien, Polen, Portugal und Lettland sowie Rumäniens Präsident teil. Bei der Zusammenkunft ging es in erster Linie um die weitere Unterstützung der Ukraine. „Ja, die Ukraine sollte mehr schwere Waffen haben“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP Stoltenberg in Den Haag. Die Nato-Verbündeten und Partner hätten bereits schwere Waffen bereitgestellt. „Aber jetzt werden es auch mehr“, kündigte der Generalsekretär an. Die Ukraine sei davon abhängig, „um sich gegen die brutale russische Invasion zu wehren“.
Die Nato müsse bereit sein, „lange Zeit Unterstützung zu leisten“, unterstrich Stoltenberg und wurde von Rutte mit Kopfnicken und einer Handgeste bestätigt. In Brüssel werde man dies besprechen. Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki kritisierte beim Treffen die bisherige Haltung zur Unterstützung der Ukraine. „Wir haben nicht genug getan, um die Ukraine zu verteidigen und die ukrainischen Menschen zu unterstützen, ihre Freiheit zu verteidigen“, stellte Morawiecki laut der Nachrichtenagentur Associated Press fest.
Er rief Nato-Staaten dazu auf, mehr schwere Waffen einschließlich Artillerie zu liefern. „Wo bleibt unsere Glaubwürdigkeit, wenn die Ukraine scheitert?“, fragte der polnische Regierungschef und fügte hinzu: „Können wir uns vorstellen, dass wir einfach zur ursprünglichen Lage zurückkehren, wenn die Ukraine scheitert? Ich hoffe nicht.“ Die Lieferung von weiteren schweren Waffen dürfte auch beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Kiew ein großes Thema sein. (bb)