Putin lässt nun an Finnlands Grenze bauen – auch für altes Sowjet-Material
Neue Satellitenbilder zeigen: Russland hat an der Grenze des Neu-Nato-Staats Finnland im Eilverfahren gebaut. Wohl auch wegen des Ukraine-Kriegs.
Helsinki/Alakurtti - Finnland ist der Nato beigetreten. Gefühlt ein Schlag für Russlands geostrategische Lage - der nicht ohne Säbelrasseln aus Moskau über die Bühne ging. Nun haben Wladimir Putins Militärs offenbar reagiert: Laut einem Bericht des finnischen Senders YLE hat Russland große Hallen und ein neues Depot für militärische Ausrüstung nahe der Grenze zu dem nordischen Staat gebaut.
Das zeigen Satellitenaufnahmen, die YLE am Montag (10. September) präsentierte. Die Entwicklung könnte neue Sorge schüren - auch wenn Experten vorerst Entwarnung für Finnland geben. Zugleich gibt es widersprüchliche Signale. Den Recherchen zufolge hat Russland teils sogar militärisches Material aus der Grenzregion abgezogen - und in Richtung Ukraine-Krieg verfrachtet.
Russlands Armee baut an Finnlands Grenze: Neue Baumethode bei „Arktischer Brigade“
Drei „große Gebäude“ seien binnen kurzer Zeit für Russlands Armee entstanden, berichtet YLE. Ihr Standort: Nahe der Garnison Alakurtti, nur rund 50 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt. Genutzt werden sie mutmaßlich von der „Arktischen Brigade“ Russlands. Zugleich habe Moskau eine neue Halle in Petrosadowsk bauen lassen, dort sei schon zuvor Kriegsmaterial gelagert worden. All das seien erste konkrete Anzeichen für eine Aufrüstung in Form von Militäranlagen an der finnischen Grenze - nach einer langen Phase der Ruhe.
Die Aufnahmen stammen dem Bericht zufolge aus diesem Sommer. Teils seien Gebäude innerhalb eines Tages hochgezogen worden, berichtete YLE. Es handle sich um eine neue, kostengünstige Baumethode, erklärte der Russland- und Militärexperte Marko Eklund dem Sender. Er deutete gewisse Fragezeichen an. Die Bauweise werde, soweit bekannt, zum ersten Mal im hohen Norden angewendet. „Offenbar verträgt das Material strenge Kälte“, spekulierte er. Ähnliche Bauwerke gibt es aber offenbar bereits im südrussischen Rostow, nahe der ukrainischen Grenze.

Eklund zufolge bieten die Hallen jedenfalls einiges an Raum: Auf den rund 2.500 Quadratmetern Grundfläche könne ein Bataillon all seine Kampffahrzeuge unterbringen - beispielsweise 40 Truppentransporter des Typs MT-LB. Die werden indes im Ukraine-Krieg offenbar auch schon zu Panzern umfunktioniert. Das Bauwerk im weiter östlich gelegenen Petrosadowsk sei etwa halb so groß, hieß es. Hier könnte Militärmaterial für den Ukraine-Krieg aufbereitet werden. Dort lagere schon jetzt ausreichend Material für eine motorisierte Brigade von 4.000 Soldaten.
Russland im Ukraine-Krieg in Materialnot? Neue Halle könnte für Sowjet-Material dienen
Die auf den Satellitenbildern erkennbare Situation in Petrosadowsk könnte aber auch die Berichte über Materialnotstand in Russlands Armee im Ukraine-Krieg untermauern: Das Gerät dort sei aus vor Jahrzehnten aufgelösten sowjetischen Truppenverbänden zusammengesammelt - ob es überhaupt noch instand zu setzen sei, sei unklar, schreibt YLE.
Dennoch hat Russland sich offenbar schon stark an den Beständen bedient. Seit Frühjahr 2022 seien rund zehn „Batterien“ verschwunden, urteilte Eklund beim Vergleich älterer und neuerer Aufnahmen. Jede davon beinhalte zwölf bis achtzehn Artillerie-Gerätschaften. Entsprechend könnte Russlands Armee weit über 100 Artillerie-Systeme in die Ukraine abgezogen haben.
Entsprechend gab der Militärforscher Ilmari Käihkö vorerst Entwarnung. Russland habe „nichts“, was es an die finnische Grenze entsenden könnte, erklärte der Wissenschaftler der schwedischen Verteidigungshochschule dem Sender. „Im Gegenteil, Material von der Grenze wird anderswo hingeschafft, die Ukraine ist das wichtigste Ziel.“ Putins Kräfte hätten nicht genügend Soldaten und Ausrüstung, um nahe Finnland aufzurüsten - jedenfalls so lange der Ukraine-Krieg auf dem derzeitigen Intensitätsniveau weiterlaufe. (fn)