Krim-Angriffe setzen Russland unter Druck – Ukraine verfolgt damit klares Ziel
Flugabwehr und Radarsysteme zerstört: Die Ukraine-Offensive setzt verstärkt auf Drohnen-Attacken auf die Krim. Das könnte bald den Frontverlauf verändern.
Kiew – Spezialeinheiten besetzen Bohrtürme, dann werden Kriegsschiffe und Luftverteidigungssysteme ausgeschaltet: Die Ukraine hat Russland in den vergangenen Tagen harte Schläge im Kampf um die Krim versetzt. Und es sollen keine Einzelaktionen bleiben. „Auf der Krim erwarten die Russen neue Überraschungen“, kündigte die ukrainische Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Kyiv Post eine Ausweitung der Offensive im Krieg gegen die russischen Besatzer an. Tatsächlich scheinen die Angriffe auf die besetzte Schwarzmeer-Halbinsel keine Zufallstreffer zu sein – sondern eine gezielte Taktik.
Ukraine-Offensive: Drohnen-Angriffe auf Krim sollen Frontverlauf ändern
So steckt nach Ansicht vieler Militärbeobachter hinter den jetzt bekannt gewordenen Einzelaktionen in Wahrheit ein ausgeklügelter Plan für die Ukraine-Offensive. „Mittel- und langfristig besteht das Ziel darin, die Krim für die Russen unhaltbar zu machen“, sagte András Rácz, Russland-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Durch das gezielte Ausschalten der Flugabwehr würden die ukrainischen Truppen Russland dazu zwingen, seine Abwehrkapazitäten von der Front auf die Krim zu verlegen. Die Hoffnung sei, dass dadurch der Frontverlauf durch die Gegenoffensive entscheidend verändert werden könnte.

Verlust der Radaranlagen und Flugabwehr: Russlands Armee fast „blind“ bei Ukraine-Offensive
Doch kann der Plan funktionieren? In den vergangenen Tagen hatte die Ukraine Russland jedenfalls herbe Verluste zugefügt. Erst hatte eine Spezialeinheit die berühmten Boiko-Bohrtürme im Schwarzen Meer zurückerobert, die Russland im Ukraine-Krieg zuletzt als Raketenabschussrampe und als Radaranlage benutzt hatte. Durch die Rückeroberung sei die russische Marine jetzt in weiten Teilen „blind“ geworden, sagte Rácz.
Die Folge zeigte sich nur wenige Stunden und Tage später: Zunächst explodierten auf der Werft in Sewastopol mehrere Raketen. Videos zeigen ein zerstörtes Landungsschiff und zwei kaputte U-Boote. Wenig später dann schaltete die ukrainische Armee auch noch ein russisches Luftabwehrsystem vom Typ Triumf S-400 aus – offenbar weil ein Urlauber per Foto den Standort verraten hatte.
Für die Offensive bringt das die Ukraine laut der Militäranalysten in einen Vorteil. „Die Ukraine öffnet hier gerade den russischen Luftraum über der Krim für weitere Angriffe mit Storm-Shadow-Marschflugkörpern“, ist sich Rácz sicher. Bislang kann Russland diese Angriffe fast nur mit dem Flugabwehrsystem S-400 abwehren. Jedoch besitzt die Armee von Wladimir Putin davon nur 25 Stück, und einige Treffer wurden schon verzeichnet.
S-400 Triumf – wie weit ist die Reichweite der Raketen?
Russlands S-400 Triumf ist eine Boden-Luft-Langstreckenrakete der vierten Generation, die in der Lage ist, Flugzeuge, Marschflugkörper und ballistische Endraketen mit einer Reichweite von 400 Kilometern und einer Höhe von 60 Kilometern anzugreifen. Nach Erkenntnissen des ukrainischen Geheimdienstes verfügte Russlands Armee im Jahr 2021 noch über 25 Systeme.
Wunderwaffe für Ukraine-Offensive: USA liefern für Krim-Befreiung bald ATACMS-Raketen
Durch die Zerstörung der S-400 Triumf auf der Krim gerät die dort stationierte Marine nun unter Druck. Bislang hatte Russland von den Schiffen und Booten seine Raketenangriffe auf die Ukraine gestartet. Doch jetzt stehen sie zunehmend schutzlos den Angriffen durch die Ukraine-Offensive gegenüber. Die USA haben bereits angekündigt, der Ukraine wirksame Langstreckenraketen vom Typ ATACMS zu überlassen.
Damit könnten Selenskyjs Truppen jedes Ziel auf der Krim treffen. Der Kreml wird deswegen wahrscheinlich einen Teil seiner vorgeschobenen Marine abziehen und außer Reichweite der neuen Wunderwaffe bringen müssen. Doch auch wenn die Schiffe bei einer Krim-Offensive geschützt werden könnten, ergibt sich für Putin ein Nachteil: Raketenangriffe aus der Schwarzmeer-Region auf die Ukraine sind dann nicht mehr möglich. (jkf)