„Wichtige Rolle“ für die Straße: FDP-Papier sickert durch – und dürfte Grüne provozieren

Grüne und FDP streiten über den Straßenbau. Ein neues Papier der Liberalen dürfte den Zoff anheizen. Die Ansätze passen nicht zusammen, bekennt ein SPD-Kollege.
Berlin/München – Zwischen FDP und Grünen könnte sich noch vor Weihnachten ein heikler Streit weiter zuspitzen: Schon seit Tagen liegen die beiden kleineren Partner der Ampel-Koalition beim Thema Straßenbau in Deutschland im Clinch. Nun ist ein brisanter Plan der Liberalen durchgesickert.
Das FDP-Parteipräsidium solle am Montag ein Papier beschließen, das eine Planungsbeschleunigung auch für Straßenbauprojekte fordert, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio am Sonntag (11. Dezember). Ziel sei es, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren „für alle Verkehrsträger“ mindestens zu halbieren, heißt es demnach in dem Entwurf. Die Straße werde „auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen“. Das dürften die Grünen gar nicht gerne hören.
Grüne und FDP im Straßen-Streit: Wissing holt sich Partei-Unterstützung
Denn das Thema sorgt seit Tagen für Zwist zwischen FDP und Grünen. Grünen-Politiker warfen dem FDP-geführten Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing zuletzt einen Bruch des Koalitionsvertrages vor. Dass Genehmigungsverfahren beschleunigt werden sollen, ist zwar unstrittig. Nach dem Willen der Grünen soll das aber nicht für die Straßen in Deutschland gelten. Die FDP warf der Ökopartei wiederum eine Blockadehaltung vor.
Nun holt sich Wissing also offenbar Rückendeckung von der Partei. „Nur mit einem leistungsfähigen Straßen-, Schienen-, Wasserstraßen- und Radwegenetz können wir Investitionen schnell auf die Strecke bringen und den individuellen Mobilitätsbedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden“, heißt es laut ARD in dem Beschlussentwurf.
Ich erlebe das am eigenen Leib fast jede Woche. Ich bin da schon ab und zu in einer Moderatorenrolle. Die beiden verkehrspolitischen Ansätze von Grünen und FDP passen von Haus aus nicht unbedingt zusammen.
Wissing verteidigte die Pläne in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Natürlich bestehe ich darauf, dass diese Halbierungsziele auch tatsächlich umgesetzt werden“, erklärte Wissing. Das gelte „für die gesamte Infrastruktur“. Der Minister fügte hinzu: „Natürlich brauchen wir auch Straßenbau. Sie müssen sich ja nur anschauen, wie viele Güter wir auf der Straße transportieren.“
Auch das ZDF-Politmagazin „Berlin direkt“ griff das Thema am Sonntag auf. „Die Aufgabe bei der Bahn ist riesig. Zugleich haben wir eines der dichtesten Straßennetze der Welt, da müssen wir dafür sorgen, dass das in Schuss kommt“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar. Nehme man diese beiden Aufgaben ernst, bleibe „nicht viel Raum für Neubaufantasien“. Wissing betonte im ZDF wiederum, auf dem Weg zum Einhalten der Klimaziele dürften „die Supermarktregale nicht leer bleiben“. SPD-Fraktionsvize Detlef Müller konstatierte, die verkehrspolitischen Ansätze von FDP und Grünen „passen nicht unbedingt zusammen“. Ein wenig ergriff Müller aber Partei: Bahnprojekte und Brückenprojekte seien „prioritär“ zu behandeln, sagte er dem Sender.
Grüne sauer auf FDP: Straßen-Neubau „nicht oben auf der Liste“
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Bild am Sonntag: „Wir wollen die Planungs- und Genehmigungszeiten halbieren. Das gilt auch für Straßen, denn niemand hat mehr Lust auf jahrelanges Baustellen-Chaos beim Bau oder der Sanierung einer Autobahn.“ „Natürlich braucht es Planungsbeschleunigung“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge der Nachrichtenagentur AFP dazu. „Doch beschleunigen, ohne zu priorisieren – das funktioniert bei knappen Ressourcen nicht.“
Deutschland habe „ein riesiges Problem mit der Sanierung maroder Brücken“, sagte Dröge weiter. Wissing habe die Aufgabe, an dieser Stelle „Tempo reinzubringen“, verlangte sie. „Hier müssen die finanziellen und personellen Ressourcen investiert werden, hier muss die Planung schnell digitalisiert werden, damit wir dort schneller werden.“ Dagegen stehe der Neubau von Straßen „nicht oben auf der Liste“, betonte die Grünen-Fraktionsvorsitzende. „Die Debatte darüber ist kontraproduktiv.“ (AFP/fn)