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Taliban auf dem Vormarsch: „Totales Chaos“ nahe früherer Bundeswehr-Zentrale

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Von: Lena Bammert

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Die Taliban erobern seit Abzugsbeginn der internationalen Truppen immer mehr Bezirke im strategisch wichtigen Norden Afghanistans. Die Zahl der Geflüchteten und zivilen Opfer steigt.

Kabul - Die Taliban sind in Afghanistan massiv auf dem Vormarsch: Drei Tage brauchten die Islamisten für die Eroberung von fünf Provinzhauptstädten. Darunter fällt auch die strategisch wichtige Stadt Kundus, in deren Nähe die Bundeswehr rund ein Jahrzehnt lang stationiert war. Die Stadt befindet sich seitdem im „totalen Chaos“, wie ein Einwohner berichtete. Zuvor waren allein von Anfang Mai bis Ende Juni 90 der rund 400 Bezirke des Landes von der militant-islamistischen Gruppe neu eingenommen worden, mittlerweile sind es mehr als 160. Die Blitzoffensive der Taliban im Norden Afghanistans setzt sich damit seit dem Beginn des internationalen Truppen-Abzugs weiter fort.

Abzug der NATO aus Afghanistan: Ende eines knapp 20-Jährigen Einsatzes

Im Mai begann der offizielle Abzug der internationalen Truppen und somit auch das Ende der NATO-Mission „Resolute Support“. Die US-Militärmission soll am 31. August enden, zuletzt flogen die USA jedoch wieder verstärkt Luftangriffe um die afghanische Armee zu unterstützen. Seit Beginn des Abzugs steigen die Zahlen der zivilen Todesopfer und Verletzten deutlich. Die Ausbildungsmission startete im Jahr 2015 als Folgemission der Internationalen Sicherheitsunterstützungsgruppe (ISAF), die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zur Sicherung des Friedens sowie zur militärischen Unterstützung der USA begann und sich schnell zum Kampfeinsatz gegen die radikalislamische Miliz der Taliban entwickelte.

Zuletzt waren an der Ausbildungsmission „Resolute Support“ noch 36 NATO-Staaten und Partnerländer beteiligt, darunter auch 1100 Soldaten und Soldatinnen aus Deutschland. Mit dem Abzug der letzten deutschen Truppen im Juni endete der knapp 20 Jahre lange Einsatz in Afghanistan, der als verlustreichster und teuerster Auslandseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr zählt. Von etwa 150.000 Soldatinnen und Soldaten, die oft mehrfach am Hindukusch im Einsatz waren, kamen 59 in Afghanistan* ums Leben. Medienberichten zu Folge führte die Bundesregierung zuletzt Geheimgespräche mit den Taliban, dabei ging es um den Schutz früherer Ortskräfte der Bundeswehr.

UN: Zahl der Geflüchteten und zivilen Opfern steigt durch Eroberungen an

Neben der Stadt Kundus fielen am Sonntag (08.08.) auch Sar-i-Pul, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten, sowie Talokan, die Hauptstadt der Provinz Tachar im Nordosten des Landes in die Hände der Islamisten. Zwei Tage zuvor eroberten die Tailiban schon die südwestliche Provinzhauptstadt Sarandsch, ein Tag später folgte Scheberghan in der nördlichen Provinz Dschausdschan. Der Norden Afghanistans zählt als Heimat vieler Milizen, die gegen die Islamisten ankämpfen, der Vormarsch der Taliban in dieser Region ist für die afghanische Armee deshalb ein herber Rückschlag. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums starteten die afghanischen Truppen schon eine Offensive zur Rückeroberung wichtiger Struktur in Kundus.

Seit dem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan und der Eroberung mehrer Bezirke durch die Taliban, ist die Zahl der Binnengeflüchteten enorm gestiegen - bis Ende Juli flohen eine Viertelmillion Menschen, der Großteil vor bewaffneten Kämpfen im Nordosten und Osten des Landes. Laut der UN könnte das Jahr 2021 zum Jahr mit der höchsten Zahl an zivilen Opfern werden. (leb/dpa/AFP) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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