Kampfansage aus Istanbul: Erdogans Gegner wagt Machtprobe - wird er ernsthafter Konkurrent?

Ekrem Imamoglu hat Erdogans AKP in Istanbul eine schwere Niederlage zugefügt. Nun will er offenbar gegen parteinahe Stiftungen vorgehen.
Istanbul - Erst nach einer Wahlwiederholung hatte Ekrem Imamoglu im Juni das Amt als Istanbuls Oberbürgermeister von der AKP erobert. Nun legt sich der Politiker der türkischen Oppositionspartei CHP offensiv mit Erdogans Partei an: Wie die Bild-Zeitung berichtet, streicht er AKP-nahen Stiftungen in Istanbul das Geld. Ein Machtkampf mit Erdogan könnte drohen.
Machtkampf mit Erdogan: Imamoglu greift zu harter Maßnahme gegen AKP
Die Begründung Imamoglus kommt einem Vorwurf der Vetternwirtschaft, wenn gar nicht der Untreue, gleich. Die Stiftung hätten Mittel verschwendet, meint der neue Bürgermeister der größten Stadt der Türkei. „Man lässt ein Haus in Höhe von 164 Millionen Lira aus Mittel der Verwaltung bauen, und das gehört dann einer Stiftung“, zitiert die Bild Imamoglu. Die genannte Summe entspricht einem Gegenwert von 2,5 Millionen Euro.

„Dieses Haus gehört jetzt nicht einer Stiftung, sondern der Istanbuler Bevölkerung. Und das ist erst der Anfang“, drohte Imamoglu dem Bericht zufolge in Richtung Erdogan, AKP und deren Stiftungen.
Zeitung sieht Imamoglu als ebenso populär wie Erdogan - „Wer Istanbul gewinnt ...“
Auf Imamoglu werden gerade im Ausland große Hoffnungen als mittelfristiger Erdogan-Herausforderer gesetzt. „Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei“, sagte Erdogan einst - er selbst hatte seinen politischen Aufstieg als Istanbuler Bürgermeister begonnen.
Die Zeitung Cumhuriyet wies am Mittwoch in einem Artikel darauf hin, dass Imamoglu in Sachen landesweiter Popularität bereits mit Erdogan mithalten könne. Als Indiz führte sie die Fan-Zahlen bei Instagram ins Felde. Dort liegen beide Politiker derzeit bei sechs Millionen Followern. Es war nicht das einzige Warnsignal für Erdogan in den vergangenen Monaten.
Türkei: Erdogans AKP erlitt schmerzhafte Niederlage in Istanbul - zuletzt aber auch Kritik an Imamoglu
Mit seinem Wahlsieg in Istanbul hatte Imamoglu der AKP in jedem Fall eine schmerzhafte Niederlage zugefügt. Die Metropole gilt als strategisch wichtig - nicht zuletzt, um Verbindungen zur Wirtschaft zu knüpfen. Der CHP-Politiker hatte den AKP-Kandidaten Binali Yildirim mit 54,21 zu 44,99 Prozent der Stimmen vergleichsweise deutlich geschlagen. 84,5 Prozent der Wahlberechtigten hatten ihre Stimme abgegeben. Vor der Wahl hatte Imamoglu auch mit dem Verhalten der türkischen Medien zu kämpfen.
Zuletzt war jedoch auch Imamoglu in die Kritik geraten - während heftiger Überflutungen in Istanbul weilte er im Urlaub. Der frischgebackene Bürgermeister erklärte den Fehltritt mit irreführenden Vorhersagen der Wetterdienste. Die Stadt Istanbul stand zuletzt auch wegen der Ausweisung tausender syrischer Geflüchteter im Fokus.
Stärker als erwartet wächst die Wirtschaft in der Türkei aktuell. Gleichzeitig gibt es in Erdogans AKP aber Neuerungen - denn ein wichtiger Politiker muss gehen.
Ein deutscher Mitarbeiter des Rathauses in Hannover wurde im Urlaub in Italien auf Betreiben der Türkei hin festgenommen. Der Mann stammt aus der Türkei.
fn