40.000 Soldaten stehen bereit: Russland zieht Schlinge um Awdijiwka
Russland mobilisiert offenbar an der Front in Awdijiwka – Beobachter halten das für eine „tödliche Sackgasse“ und prophezeien „kolossale Verluste“.
Kiew – Die extrem hohen Verluste bei Awdijiwka halten Russland nicht ab. Die Streitkräfte würden eine „dritte Angriffswelle“ planen, warnt nun Bürgermeister Witali Barabasch. Das Land unter Kremlchef Wladimir Putin will angeblich 40.000 Soldaten an der Stadt zusammenziehen.
Das schreibt der Tagesspiegel unter Berufung auf ukrainische Quellen. Fast 7000 Soldaten hat Russland an dieser Front bereits verloren, berichtet der Kyiv Independent. Das Portal Meduza zeigt eine Infografik zum Kampfgebiet und spricht von einer „tödlichen Sackgasse“, bei der Russlands Panzer bei Awdijiwka im Hinterhalt seien.
Der Feind sei dabei, „seine Reserven aufzufüllen, sowohl an Material als auch an Personal“, so der Bürgermeister von Awdijwka laut dpa. Unabhängig prüfen ließen sich die ukrainischen Angaben zunächst nicht. Doch das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) hatte bereits im Oktober mitgeteilt, dass die russischen Truppen während des Angriffs auf die Stadt schwere Verluste an Ausrüstung und Personal erlitten hätten. Im Ukraine-Krieg wäre ein Sieg hier jedoch vor allem symbolischer Natur.
Zur Ablenkung? Russland will Awdijiwka im Ukraine-Krieg einkreisen
Aufhorchen lassen die Einschätzungen, die der ukrainische Militärexperte Alexander Kowalenko jetzt abgab. Er sah in der Offensive im Awdijiwka laut der Moscow Times zunächst einen „Ablenkungsangriff“, der die Gegenoffensive in der Region Saporischschja kaschieren sollte.
„Russland täuschte im Sommer auch eine Offensive in den Gebieten Kupjansk und Lyman in der Region Luhansk vor, um die ukrainischen Streitkräfte von Saporischschja abzulenken“, sagte Kowalenko laut dem Bericht. „Das führte zu nichts, weil ihnen die Kraft fehlte, auf einer 150 Kilometer langen Front anzugreifen.“ Kowalenko zeigte sich überzeugt, dass die russische Armee nun Einheiten aus der Region Luhansk verlagert.

Russlands Kampf um Awdijikwa eine Frage der „Opferbereitschaft“?
Laut Kowalenko hängt der Erfolg der russischen Offensive nun von der „Opferbereitschaft“ Moskaus ab. „Es gibt keine Verteidigung, die nicht durchbrochen werden kann“, meinte er laut Moscow Times, es hänge aber von den Ressourcen ab, die man mobilisiert. „Russland kann in Awdijiwka Schritt für Schritt langsame Fortschritte erzielen, allerdings auf Kosten kolossaler Verluste.“
Wenn die „technischen und personellen Ressourcen“ für Russland „keine Rolle“ spielen, könnte es Awdijiwka „irgendwann“ umzingeln und dort Straßenkämpfe beginnen. Die Verluste für Russland wären dann noch höher als bei Bachmut, denn dort wurden weniger Ressourcen eingesetzt, meinte der Militärexperte.
Awdijiwka in der Ostukraine ist seit Beginn des Konflikts mit von Russland im Jahr 2014 umkämpft. In der Industriestadt leben nach Angaben der Behörden derzeit noch rund 1600 Einwohner. Vormals waren es mehr als 30.000. (frs)