Streit ums Tierwohl: CSU schlägt sich auf Seite der SPD - Klöckner stichelt mit Maut-Seitenhieb

Teile der CSU schließen sich der SPD-Forderung nach einem verpflichtenden Tierwohllabel an. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat allerdings andere Pläne.
Berlin - Die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Haltungs- und Herkunftsumstände von Fleischerzeugnissen ist nicht neu. Nun schließt sich die CSU-Landesgruppe diesem Vorhaben der SPD an: Sie will nach der politischen Sommerpause einen entsprechenden Gesetzesvorschlag im Bundestag präsentieren. Das bestätigte die agrarpolitische Sprecherin der Landesgruppe, Marlene Mortler, der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Die CSU befindet sich nach den jüngsten Wahlen allgemein auf einem Ökologie-Kurs: So kündigte Parteichef Markus Söder in einem Interview mit dem Münchner Merkur* unlängst etwa eine Klimaschutz-Offensive an.
Doch in der Union knirscht es in diesem Punkt offenbar: Es handelt sich um ein Vorhaben, das Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) aufbringt. Sie pocht auf die Einführung eines freiwilligen staatlichen Labels und wirft der SPD vor, die Einbringung dieses Gesetztes zu blockieren.
Verpflichtendes Tierwohllabel: SPD und CSU einig - Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner stellt sich quer
Sie wundere sich „über den Wandel des Koalitionspartners“, lässt Julia Klöckner in einer offiziellen Erklärung verlauten. „Das bisherige Vorgehen und die Kriterien für die einzelnen Stufen für mehr Tierwohl wurden mit den zuständigen SPD-Abgeordneten über Monate gemeinsam entwickelt“, erklärt die Ministerin und schiebt Kritik nach: „Der Gesetzentwurf ging dann an die EU und ist von Brüssel notifiziert. Nun wird er blockiert unter einem Vorwand, der am Ende zulasten der Tiere geht. Denn wer ein national verpflichtendes Kennzeichen möchte, der spielt nicht nur auf Zeit, der nimmt das Scheitern bewusst in Kauf. Das Maut-Urteil sollte uns eine Lehre sein.“
Die Agrarministerin befürchtet eine Handels-Problematik, denn „der Spielraum für nationale Regelungen im EU-weit harmonisierten allgemeinen Lebensmittelkennzeichnungsrecht“ sei eng. „Je weiter der mit einer nationalen Vorschrift verbundene Eingriff in die Freiheit des Warenverkehrs im EU-Binnenmarkt ausfällt, desto schwieriger ist es, diese erfolgreich einzuführen. Die konkrete Ausgestaltung darf ausländische Produkte im Verhältnis zu deutschen Produkten nicht diskriminieren“, heißt es in ihrem Statement weiter
Freiwilliges Tierwohllabel: Greenpeace mit vernichtender Kritik am Plan des Landwirtschaftsministeriums
Europarechtlich schwer durchsetzbar sei das verpflichtende Tierwohllabel und Klöckner will wohl möglichst einfach und schnell eine Kennzeichnung einführen. Das wäre mit einem auf Freiwilligkeit basierenden Label möglich. Doch die bislang angedachten Kriterien für den Erhalt dieser staatlichen Kennzeichnung stoßen bei Greenpeace auf Unverständnis.
„Dem Begriff Tierwohl nicht ansatzweise gerecht“, würden die Pläne von Ministerin Julia Klöckner, finden die Umweltschützer. Zu diesem Schluss kam auch ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace. Die Kriterien seien zu schwach und würden nicht greifen, so könne sogar Schweinefleisch aus gesetzeswidriger Haltung an das Label kommen. Diese Erkenntnisse im Blick, fordert Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe: „Das sogenannte Tierwohl-Label fördert Tierleid. Das Kabinett darf sich von dieser Nebelkerze nicht täuschen lassen. Es muss Klöckners Gesetzesentwuf mit der zugehörigen Verordnung ablehnen.“
mb/fn
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