Voller Akku in fünf Minuten? Tausch-System von Nio im Praxistest
Schnell tauschen statt lange laden: Mit diesem Akku-Konzept will die chinesische Automarker Nio Elektro-Skeptiker überzeugen. So funktioniert es.
Bekanntlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, ein Elektroauto mit Energie zu versorgen. Etwa mit dem Tanken von Wasserstoff, den eine Brennstoffzelle an Bord in Strom umwandelt – BMW nutzt beim X5 Hydrogen etwas dieses Prinzip. Vorteil: Der Tankstopp dauert nicht länger als mit einem Verbrenner-Auto, auch die Reichweite ist ähnlich. Nachteil: Die Lade-Infrastruktur ist dünn. Manche Experten sehen den Wasserstoff-Zug schon abgefahren.
Voller Akku in fünf Minuten? Tausch-System von Nio im Praxis-Test
Daher sind die allermeisten E-Fahrer mit Akku-Mobilen unterwegs, haben sich an längere Ladepausen gewöhnt, und planen größere Touren entsprechend. Für manche Autofahrer aber bleibt die Batterie-Problematik ein Grund, nicht auf Stromer umzusteigen. Hier setzt der chinesische Hersteller Nio mit seinem Konzept des Wechsel-Akkus an: Statt den Energiespeicher an einer Säule zu laden, wird er innerhalb von fünf Minuten an einer automatisierten Station gegen einen vollen getauscht.

In Deutschland, wo Nio mit einigen Irritationen um das Modell ET7 gerade startet (hier geht’s zum Fahrbericht), gibt es bislang eine Station bei Augsburg. Ein erster Praxistest dort zeigt, ob und wie das Wechselsystem funktioniert.
- 1. Zuerst muss sich der Fahrer im Voraus über den Touchscreen bei der Station anmelden.
- 2. An der Station angekommen, hält er in einem genau definierten Bereich davor.
- 3. Über den Touchscreen meldet er sich dort bereit zum Akkutausch.
- 4. Jetzt übernimmt der Autopilot – und steuert die Luxuslimousine selbständig rückwärts in die Station. Dabei helfen die 32 Sensoren und elf Kameras der Assistenz-Systeme, die teilweise sichtbar vorne ins Dach integriert sind.
- 5. Der Autopilot parkt millimetergenau über der Wechsel-Mechanik ein.
- 6. Während der Fahrer im Auto wartet, hört er ein lautes Knacken: Der vorhandene Akku wird gelöst.
- 7. Das Auto wird kurz angehoben, der Akku abtransportiert.
- 8. Nach einem neuerlichen Anheben wird der frische Akku von unten installiert.
- 9. Wie in einer Waschstraße bekommt der Fahrer grünes Licht, dass er herausfahren kann.
- 10. Das tut er dann selber. Ein Blick auf die Reichweiten-Anzeige verheißt 538 Kilometer.
Das ganze Prozedere dieses „Power Swap“ funktioniert weitestgehend reibungslos. Allerdings dauert der Wechsel selber gut fünf Minuten, die Vorbereitung noch mal ähnlich lang. Aber auch beim Laden an einer Säule muss man für das Drum und Dran wie Zahlen und Kabel stecken ein paar Minuten zusätzlich rechnen. Außerdem bekommt man beim Laden weniger Strom, als man bezahlt.
Ganz billig ist allerdings auch Nios Akkutausch nicht: Zu den fairen 20 Cent pro Kilowattstunde Strom addieren sich nämlich noch zehn Euro Service-Gebühr.

Ein größeres Problem dürfte indes die Zahl der Power-Swap-Stationen darstellen: Bis 2025 soll es in Deutschland 100 davon geben, die jeweils 13 volle Akkus vorhalten. Das wäre ein eher dünnes Netz. Selbstverständlich können Nio-Fahrer aber auch an normalen Säulen Strom laden. Mit maximal 140 Kilowatt an schnellen Gleichstromsäulen ist die Ladeleistung aber nicht gerade rekordverdächtig: Nio setzt offenbar ganz auf den schnellen Akkuwechsel.