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Heftiger Gegenwind: Vorschläge für verschärfte EU-Führerscheinregeln stoßen auf Widerstand

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Ein grundsätzliches Tempolimit für Fahranfänger? Einige Vorschläge für verschärfte EU-Führerscheinregeln haben heftige Debatten ausgelöst.

Wer in Deutschland seinen Führerschein macht, erhält diesen nach erfolgreicher Prüfung zunächst einmal zwei Jahre „auf Probe“. In diesem Zeitraum kann der „Lappen“ bei bestimmten Verstößen auch schnell wieder weg sein. Nicht jedem geht so etwas weit genug: Die französische Grünen-Abgeordnete Karima Delli hat nun deutlich verschärfte EU-Führerscheinregeln gefordert. Eine ihrer Ideen: Ein grundsätzliches Tempolimit von 110 km/h für Fahranfänger. Dieser und weitere Vorschläge stießen auf heftigen Gegenwind.

Neue Führerscheinklasse B+? ADAC kritisiert den Vorschlag

Unter anderem enthält die Vorschlagsliste auch die Einführung einer neuen Führerscheinklasse (B+) für Pkw mit einem Gewicht von mehr als 1,8 Tonnen. Fahranfänger dürften somit künftig nur noch Pkw mit einem Gewicht von weniger als 1.800 Kilogramm fahren. Der ADAC übte daran Kritik: Wie dadurch die Verkehrssicherheit gesteigert werden könnte, sei nicht erkennbar. Außerdem lägen viele „normale“ Familienfahrzeuge über der neuen Grenze und dürften so von Führerscheinneulingen zum Erwerb von Fahrpraxis nicht gefahren werden. Und auch die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis B+, vergleichbar zur heutigen Klasse B, würden zunehmen, erklärte der Automobilclub – schließlich wäre damit ein zusätzlicher Aufwand verbunden.

Änderungsvorschläge für EU-Führerscheinregeln: Nachtfahrverbot für Fahranfänger

Auch ein Nachtfahrverbot für Fahranfänger gehört zu den Forderungen von Delli. Zudem wünscht sich die französische Politikerin, dass medizinische Tests verpflichtend werden, um die „körperliche und geistige Tauglichkeit“ von Autofahrern zu gewährleisten. Bereits im Frühjahr hatten Reform-Vorschläge der EU für Aufregung gesorgt, als der Plan bekannt wurde, eine Fahrtauglichkeitsprüfung für Autofahrer ab 70 Jahren einzuführen.

Nahaufnahme von einem Fahrschulschild in Deutschland
Generelles Tempolimit für Fahranfänger? Mehrere Vorschläge für verschärfte EU-Führerscheinregeln haben Diskussionen ausgelöst. (Symbolbild) © Herrmann Agenturfotografie/Imago

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„Ein einziges Verbotsprogramm“: Gegenwind für EU-Vorschläge

Bei deutschen EU-Abgeordneten stießen die Pläne auf deutliche Kritik. „Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität“, sagte etwa der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, lässt kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen seiner französischen Amtskollegin: Es sei widersprüchlich, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 Tonnen zu senken, wenn aber gleichzeitig 17-Jährige einen 40-Tonner steuern dürften, weil Lkw-Fahrer fehlten. „Das ergibt überhaupt keinen Sinn und kann unter Umständen lebensgefährlich sein!“

Kritik an den Vorschlägen von Karima Delli kommt selbst von den Grünen

Gegenwind kam aber nicht nur von der politischen Konkurrenz. Die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kritisierte ihre Parteifreundin ebenfalls. „Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet“, sagte die Verkehrspolitikerin. Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerscheinrichtlinie beheben zu wollen.

Bundesverkehrsminister weist Forderungen zurück: Deutschland werde nicht zustimmen

Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wies den Vorstoß zurück: „Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen.“ Um die Sicherheit von Fahranfängern weiter zu verbessern, setze Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren und das begleitete Fahren. Die Einführung verpflichtender Gesundheitstests lehne sein Haus entschieden ab, sagte Wissing.

Angaben aus dem EU-Parlament zufolge soll im Dezember im Verkehrsausschuss über die Vorstöße abgestimmt werden. Ob die französische Abgeordnete Delli eine Mehrheit für ihre Vorschläge findet, ist fraglich. Die Überarbeitung der Führerscheinvorgaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission vom März zurück.

Derzeit lotet das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte Europaparlament seine Position zu dem Thema aus, aber auch die Regierungen der EU-Staaten müssen neuen Regeln am Ende zustimmen. Nach SPD-Angaben ist vorgesehen, dass im März final im Parlament über neue Regeln abgestimmt werden könnte. (Mit Material der dpa)

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