Trinkgeld geben: Wird es teurer, kann man auch weniger geben – eine Faustregel
Fragt man nach der Höhe des Trinkgeldes, würden viele Deutsche wohl antworten: zehn Prozent der Rechnung. Trotz dieser Faustregel gibt es allerdings noch immer ein paar Unsicherheiten.
Vielleicht geht es Ihnen ähnlich: Es ist völlig egal, ob man beim Friseur, im Restaurant oder im Taxi sitzt – wird der Zahlungsbetrag genannt, beginnt im Kopf das Überlegen. Wie viel Trinkgeld ist jetzt angemessen? Reicht vielleicht auch Aufrunden? War ich wirklich zufrieden genug, um überhaupt Trinkgeld zu geben?
Trinkgeld in Deutschland: Wer bekommt alles Trinkgeld?
Zuallererst sei gesagt: Trinkgeld ist immer freiwillig, einen Anspruch darauf hat keiner. Allerdings werden viele Mitarbeiter im Service, egal ob hauptberuflich oder als Nebenjob, immer noch mit dem Mindestlohn im Gastgewerbe bezahlt und freuen sich dementsprechend über die Extrazahlungen – und wenden mitunter sogar den ein oder anderen Trick an.
Jeder, der eine mehr oder weniger einmalige Dienstleistung erbringt, kann grundsätzlich ein Trinkgeld bekommen. Dazu gehören zum Beispiel Gepäckträger oder Zimmerservice-Mitarbeiter im Hotel, Friseure, Servicemitarbeiter im Restaurant oder Taxifahrer. Menschen, die einen regelmäßigen Service leisten, etwa Busfahrer, Mitarbeiter der Stadtreinigung oder Briefträger, bekämen üblicherweise kein Trinkgeld. Kleine Gesten der Wertschätzung sind aber immer gern gesehen. Einigen Berufsgruppen ist es allerdings nicht erlaubt, Trinkgeld anzunehmen. Dazu gehören etwa Mitarbeitende von Behörden oder dem Technischen Überwachungsverein.
Woher kommt eigentlich das Trinkgeld?
Hierzulande hat das Geben von Trinkgeld eine lange Tradition. Bereits im Mittelalter gaben Adlige ihren Bediensteten, Boten oder Fuhrleuten einen Obolus für gute Arbeit. Als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Gesellschaft von einer aristokratischen zur bürgerlichen änderte, wurde das Trinkgeld auch für Arbeiter üblich. Mehrfach wurde versucht, es ganz abzuschaffen, da es sich um eine Herrschaftsgeste handelte: Der „Reiche“ gibt dem „Armen“ genug Geld, damit dieser sich ein Getränk kaufen konnte. Gehalten hat es sich als belohnende Geste aber trotzdem bis heute.

Wie viel Trinkgeld gibt man am besten?
Eine gute Faustregel für fast alle Dienstleistungen, sei es nun im Restaurant oder beim Friseur, ist die zehn-Prozent-Regel. Einfach zehn Prozent des Rechnungsbetrags zur Summe rechnen. Bei 20 Euro wären es also inklusive Trinkgeld 22 Euro, bei 50 Euro insgesamt 55 Euro und bei einer 100-Euro-Rechnung gibt es zusätzliche zehn Euro Trinkgeld. Je höher die Rechnung ist, desto eher kann man auch zu fünf Prozent Trinkgeld übergehen, weniger sollte es (bei guter und zufriedenstellender Leistung) aber nicht sein. Aufrunden ist bei kleinen Beträgen ebenfalls eine Option. Wer also im Café nur einen Latte Macchiato trinkt (z.B. 2,60€), kann am Ende auch einfach drei Euro geben. Der Meinung ist auch Knigge-Trainer Clemens Graf von Hoyos. Gegenüber Merkur.de erklärte er: „Bei allen To-Go-Einkäufen beim Schnellimbiss oder dem schnellen Espresso an der Theke kann einfach aufgerundet werden.“
In einigen Bereichen ist es üblicher, feste Beträge zu geben. „Bei Lieferdiensten oder Reinigungskräften in Hotels bewegt sich das eher im Münzbereich. Ein bis zwei Euro pro Lieferung, Gepäckstück oder Nacht werden hier durchschnittlich als angemessen betrachtet. Je nach Umfang der Lieferung oder Hotelkategorie, kann es durchaus auch mal mehr sein“, erklärt Graf von Hoyos. Und weiter: „Handwerker freuen sich – je nach Länge des Einsatzes – über ein Trinkgeld, das dem Gegenwert einer vernünftigen Brotzeit für jedes Teammitglied entspricht.“ Aber ganz egal ob Brotzeit oder doch ein finanzielles Danke: Niemand ist zum Geben von Trinkgeld verpflichtet.
In die Hand oder auf dem Tisch lassen – wie übergibt man Trinkgeld am besten?
Einfach Geld auf dem Tisch liegenzulassen, ist in Deutschland nicht üblich. Beim Zahlen der Rechnung sagt man viel eher „Stimmt so“ oder den entsprechenden Betrag, auf den herausgegeben werden soll. Wird die Rechnung, wie häufig in etwas teureren Restaurants der Fall, in einem Umschlag oder Etui gebracht, lässt man sich erst das Rückgeld geben und legt das Trinkgeld anschließend zurück.
Unzufriedener Kunde – kein Trinkgeld?
Darüber gibt es immer wieder geteilte Meinungen. Der Service war unfreundlich, Bestellungen wurden vertauscht oder gar vergessen und entschuldigt hat man sich auch nicht? „Gerade beim Essen sollte man seine Unzufriedenheit nach den ersten Bissen zum Ausdruck bringen. Wer aufgegessen hat und sich dennoch beschwert, riskiert seine Glaubwürdigkeit“, so Graf von Hoyos im Gespräch mit Merkur.de. Hier gilt es auch zu bedenken, dass mögliche Mängel nicht immer beim Service liegen. Ein Zusatztipp des Knigge-Experten: „So oder so gilt es, seine Kritik wertschätzend vorzutragen und nur auf Dinge hinzuweisen, die direkt beziehungsweise zeitnah verbessert werden können.“
Trinkgeld – an wen geht es am Ende?
Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden. In einigen Restaurants und Lokalen ist es etwa üblich, dass das gesamte Trinkgeld in einem Topf gesammelt und am Ende des Arbeitstages anteilig auf alle Mitarbeiter aufgeteilt wird. Bei Kartenzahlungen kann es sein, dass der Betrag am Ende direkt aufs Unternehmenskonto geht – und das Personal nichts davon sieht. Ebenfalls möglich ist, dass bei Kartenzahlungen Gebühren abgezogen werden und so am Ende vom Trinkgeld nicht mehr so viel übrig bleibt, wie Sie dachten.
Wie wird das mit dem Trinkgeld in anderen Ländern gehandhabt?
Unter Umständen läuft die Sache mit dem Trinkgeld im Ausland ganz anders als man es von Deutschland gewohnt ist. In einigen Ländern ist es verpönt, in anderen schon in der Rechnung mit aufgeführt. Hier ein schneller Überblick zur Orientierung:
- Frankreich & Italien: Trinkgeld ist in Rechnung enthalten. Bei gutem Service werden trotzdem fünf bis zehn Prozent zusätzlich gegeben.
- USA: Trinkgeld ist hier fester Bestandteil des Einkommens von Servicepersonal. 20 Prozent gelten als angemessen, bei Taxifahrten oder dem Zimmerservice sind ein bis zwei Dollar pro Aktion ausreichend.
- Österreich & Schweiz: Trinkgeld entweder in Rechnung enthalten oder es wird um etwa zehn Prozent aufgerundet.
- Asien: In Ländern wie z.B. Japan und China gilt Trinkgeld als unhöflich und teils sogar beleidigend. Es kann auch passieren, dass Mitarbeiter einem nacheilen, wenn man Geld auf dem Tisch „vergessen“ hat.
- Spanien: Rund zehn Prozent sind hier üblich. Aber bitte keine Cent-Stücke, das gilt als unhöflich.
- Griechenland: Hier sind für guten Service zehn bis 20 Prozent die Norm.
- Skandinavien: Trinkgeld eigentlich unüblich, häufig wird die Rechnung allerdings aufgerundet.
- UK & Irland: Üblich sind hier zwischen zehn und 15 Prozent. Aber: Im Pub wird in der Regel kein Trinkgeld gegeben.