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Arzneimittelversorgung im Herbst und Winter: Experten rechnen mit neuen Engpässen

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Arzneimittelengpässe wird es wohl auch in diesem Jahr wieder geben. Die Probleme in der Medikamentenversorgung lassen sich trotz der Maßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums laut Experten kaum lösen.

Bereits im letzten Jahr kam es im Rahmen einer großen Infektionswelle zu Engpässen in der Arzneimittelversorgung. Vor allem Fieber- und Hustensäfte für Kinder waren nur eingeschränkt lieferbar, aber auch in anderen Bereichen war die Versorgung eingeschränkt. Obwohl das Bundesgesundheitsministerium im Frühjahr Notfallmaßnahmen versprach und frühzeitig einem Mangel gegensteuern wollte, scheint die Arzneimittelversorgung auch in diesem Herbst und Winter problematisch werden zu können. Die Verfügbarkeit von Arzneimitteln könnte in den kommenden Monaten wieder knapp werden. Patienten müssen sich demnach darauf einstellen, dass mit den kühleren Temperaturen und mehr Infektionen auch wieder viele Standardmedikamente knapp werden.

Kurzfristige Maßnahmen haben nur wenig Erfolg gezeigt

Es sind verschiedene Medikamente und Arzneimittel zu sehen.
Große Pharmaunternehmen melden bereits jetzt knappe Vorräte für wichtige Medikamente. Fachleute befürchten daher weitere Arzneimittelengpässe im Herbst und Winter. © Roman Möbius/Imago

Das Bundesgesundheitsministerium versuchte im Frühjahr, mit Notfallmaßnahmen gesetzlich gegenzusteuern. Die Krankenkassen wurden beispielsweise dazu ermutigt, nicht nur Verträge mit den günstigsten Medikamentenherstellern einzugehen, die oft außerhalb der EU ansässig sind. Den Apotheken sollte der Import von in Deutschland nicht zugelassenen Antibiotikasäften für Kinder erleichtert werden. Zudem sollten einige Medikamente großzügiger bevorratet werden.

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„Die erleichterten Importbedingungen waren gut und haben uns zumindest rechtlich aus dem Graubereich geholt, auch die Kommunikationsmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums mit den Playern im Gesundheitswesen (regelmäßige Vor-Ort-Treffen im Ministerium) waren sehr gut und hilfreich“, erklärt Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Klinikapotheke am Universitätsklinikum Heidelberg gegenüber dem Science Media Center (SMC). Trotzdem scheinen die Medikamente schon jetzt knapp zu werden: Vergangene Woche meldete der Pharmagroßhandel, dass die Vorräte für wichtige Arzneien „keine zwei Wochen“ reichten.

Arzneimittelkrise im Herbst und Winter? Lieferengpässe nur schwer zu verhindern

Um im Notfall ausgerüstet zu sein, empfehlen Ärzte gerade Eltern, die Hausapotheke in haushaltsüblichen Mengen aufzufüllen. Im Herbst und Winter können so Notdienste gerade an den Wochenenden entlastet werden, wenn Eltern ihre Kinder selber versorgen können. Private Vorräte sehen Experten allerdings nicht als langfristige Lösung. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie wir die Situation in den Griff bekommen sollen. Das sieht man an den Handlungen des Gesundheitsministers, die sehr von Panik getrieben sind“, schätzt Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe, Seniorprofessorin für pharmazeutische und medizinische Chemie am Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, die aktuelle Lage ein.

„Statt mit den Grundversorgern, den Generikaherstellern, wenigstens mal zu sprechen, versucht Karl Lauterbach den Markt leerzukaufen. Aus der Sicht der deutschen Patienten mag das vordergründig eine Lösung zu sein, aber alle anderen Europäer benötigen dieselben Arzneimittel dieser sogenannten Dringlichkeitsliste. Das wird also zu einem Verdrängungswettbewerb führen“, führt Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe fort.

„Wir brauchen ausreichende Vorräte beim Hersteller und Großhandel, vielleicht Notvorräte bei kritischen Arzneimitteln nach dem Schweizer Modell. Langfristig brauchen wir die Unterstützung einer in der EU ansässigen produzierenden Pharmaindustrie, dabei beachtend, dass es eine Win-Win-Situation gibt und nicht zu einer einseitigen Erhöhung der Umsatzrenditen bei Pharma kommt“, meint auch Dr. Torsten Hoppe-Tichy.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion leider nicht beantwortet werden.

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