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Krebs-Kongress: „Klinikwahl entscheidet über Lebenserwartung“

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Der Experte: Prof. Jens Werner vom LMU Klinikum.
Professor Jens Werner ist Direktor der Klinik für Chirurgie am Münchner LMU Klinikum und ein erfahrener Krebsspezialist, inbesondere bei Pankreaskarzinomen. © LMU

Im Kampf gegen Krebs spielt die Auswahl der Klinik eine entscheidende Rolle. Ein Münchner Krebs-Spezialist erklärt, worauf Patienten achten sollten.

Bei der medizinischen Versorgung von Krebspatienten gibt es in Deutschland große Unterschiede. Zu dieser Einschätzung kommt der erfahrene Münchner Krebsspezialist Professor Jens Werner vom LMU Klinikum . „Die aktuelle Studienlage belegt eindeutig Überlebensvorteile für Krebspatienten, die an zertifizierten Krebszentren behandelt werden“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) in einem Gespräch mit unserer Redaktion.

Professor Jens Werner: „Bessere Langzeitüberlebensraten und höhere Lebensqualität in Zentren“

Bessere Behandlungschancen hätten die Patienten insbesondere bei komplexen Operationen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, Speiseröhren- und Magenkrebs, Leberkrebs und Darmkrebs. „Die Studiendaten zeigen für Operationen mit fachübergreifenden Behandlungsteams in Zentren deutlich bessere Ergebnisse - auch mit Blick auf die Langzeit-Überlebensraten und die Lebensqualität der Patienten“, so Werner vor dem 140. Deutschen Chirurgie Kongress, der am Mittwoch in München beginnt. Dabei kommen auch die ermutigenden Fortschritte in der Krebsmedizin zur Sprache.

Übersicht über die zertifizierten Krebszentren

In Deutschland gibt es derzeit mehr als 1500 von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Krebszentren. Die einzelnen Zentren sind auf der Website OncoMap.de gelistet. Dort gibt es auch eine Suchfunktion für Einrichtungen in Ihrer Region.

Besonders große Behandlungsunterschiede bei Bauchspeicheldrüsenkrebs

Besonders deutlich kristallisieren sich die Behandlungsunterschiede bei Bauchspeicheldrüsenkrebs heraus. Eingriffen am Pankreas - so der Fachbegriff für die Bauchspeicheldrüse - gehören zu den schwierigsten Krebsoperationen. „Das Gewebe des Pankreas ist besonders zart und empfindlich. Nähte halten darin deshalb oft schlecht. Zudem können durch die Verletzungen des Organs beim Operieren aggressive Enzyme wie Lipasen und Proteasen in die Umgebung austreten, die Heilungsstörungen wie Fisteln verursachen. Durch die Verwachsungen des Tumors mit lebenswichtigen Gefäßen sind starke Blutungen häufig, zudem müssen die angrenzenden Organe oft ebenfalls entfernt werden“, erklärt Werner. Vor solchen Engriffen stehen immer mehr Patienten, denn Bauchspeicheldrüsenkrebs tritt immer häufiger auf.

OP bei Pankreaskarzinom: Sterblichkeit außerhalb von Zentren mehr als doppelt so hoch

Gerade bei Bauchspeicheldrüsenkrebs-Operationen hängen die Überlebenschancen entscheidend von der Erfahrung des Operationsteams, von modernen OP- und Therapiemethoden sowie von der Wahl des Krankenhauses ab. Professor Werner: „Im Durchschnitt ist die Sterblichkeit in Deutschland rund um die OP erschreckend hoch, in etwa 10 Prozent. Diese hohe Letalität liegt daran, dass in vielen Kliniken Deutschlands nur wenige Pankreasoperationen durchgeführt werden.“ Dagegen liege die Sterblichkeit in einem Pankreaszentrum bei unter fünf Prozent. Besonders an „High-Volume-Zentren“ – das sind Kliniken, die mehr als 50 Eingriffe im Jahr durchführen – sinkt die Sterblichkeit sogar auf zwei bis vier Prozent: „Obwohl hier neben den Standardoperationen auch die besonders komplexen und fortgeschrittenen Fälle behandelt werden“, erläutert Werner. 

Präsident der Bauchirurgen fordert: OP bei Bauchspeicheldrüsenkrebs künftig nur noch in Zentren erlauben

Vor dem Hintergrund dieser schockierenden Zahlen fordert der Münchner Klinikdirektor, dass Pankreaskarzinome in Deutschland nur noch in Zentren operiert werden. Das ist derzeit nicht der Fall. „Im Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarländern dürfen Pankreaskarzinome in Deutschland theoretisch in jedem Krankenhaus operiert werden“, weiß Werner.

Generalsekretär der Chirurgen fordert: „Qualität muss größere Rolle spielen“

Eine Reform hin zur Stärkung der Zentrumsmedizin bei Bauchspeicheldrüsenkrebs fordert auch der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Professor Thomas Schmitz-Rixen: „Bedauerlicherweise hängt die Lebenserwartung Betroffener derzeit von deren Krankenhauswahl ab. Bei der Frage, welche Operationen in welchem Klinikum angeboten werden, muss daher die Qualität eine größere Rolle spielen. Das bedingt, dass komplexe Leistungen wie die Behandlung des Pankreaskarzinoms zentralisiert werden.“

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden. 

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