Patienten berichten: Diese Nebenwirkungen quälten sie, als sie medizinisches Cannabis einnahmen

Eine neue Erhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zeigt, wie häufig Ärzte Cannabis verordnen - und auch, welche Schattenseiten die alternative Therapie hat.
Seit 2017 dürfen Ärzte ein Rezept über medizinisches Cannabis ausschreiben. Damals wurde der wissenschaftlich nachgewiesene Nutzen der Hanfpflanze für Schmerz- und Krebspatienten und andere Krankheiten anerkannt - infolge zahlen jetzt die Kassen für die Behandlung, wenn ein Arzt diese als erfolgversprechend einstuft und andere Therapien keine Besserung gebracht haben. Eine aktuelle Erhebung zeigt, wie sich die Verschreibung von medizinischem Cannabis seit 2017 entwickelt hat - und welche Nebenwirkungen sie mit sich bringt.
69 Prozent der Cannabis-Verschreibungen gehen an Schmerzpatienten
Auf dem Deutschen Anästhesistenkongress vom 9. bis 11. Mai 2019 hatte Peter Cremer-Schaeffer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Zahlen vorgestellt, die belegen, dass Anästhesisten Cannabis-Arznei am häufigsten verschreiben. Weiter berichtete das Ärzteblatt, dass Schmerzpatienten am häufigsten mit Cannabis behandelt wurden: Rund 69 Prozent der übermittelten Datensätze waren Schmerz-Patienten. Insgesamt wurden Daten von 4.774 Patienten mit Cannabis-Verordnung ausgewertet.
Weitere häufige Diagnosen, bei welchen Cannabis von Ärzten verschrieben wurde:
- Spastik: rund elf Prozent
- Anorexie/Wasting-Syndrom (auch HIV-Kachexiesyndrom): acht Prozent
- Übelkeit und Erbrechen, Depressionen oder ADHS erreichten einen Verordnungsanteil von weniger als fünf Prozent im Vergleich zu allen Cannabis-Verordnungen, wie das Ärzteblatt berichtete.
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Dronabinol als populärstes Cannabis-Präparat
Beim Alter ergab sich ein klarer Unterschied: Rund ein Viertel der 3.138 Schmerzpatienten sind zwischen 50 und 59 Jahre alt. Gute 15 Prozent der Cannabis-Verordnungen gingen an Patienten, die 40 bis 49 oder 60 bis 79 Jahre alt sind. Ganze 1.000 der ausgewerteten Patienten-Daten zeigen, dass die Betroffenen bereits seit mindestens zwölf Jahren an Schmerzen leiden.
Ärzte verordnen ihren Schmerzpatienten nur Cannabis-Präparate, wenn andere Therapien nicht anschlagen. Das Arzneimittel Dronabinol war dabei in 2.017 von 3.138 das Mittel der Wahl. 656 Schmerzpatienten bekamen von ihrem behandelnden Arzt Cannabisblüten verordnet und 400 Betroffene bis 11.3.2019 das Cannabis-Mundspray Sativex.
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Medizinisches Cannabis: Diese Nebenwirkungen berichten Patienten
Das BfArM hat außerdem die aufgetretenen Nebenwirkungen dokumentiert, die Patienten nach dem Konsum von medizinischem Cannabis beschrieben hatten.
Diese unerwünschten Arzneimittelwirkungen traten auf:
- Müdigkeit (16 Prozent der Patienten)
- Schwindel (12 Prozent)
- Übelkeit, Schläfrigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen, Mundtrockenheit und Appetitsteigerung (fünf bis sieben Prozent der Patienten)
Interessant: Mehr als ein Drittel der Schmerzpatienten (37,57 Prozent) hörten vorzeitig mit der Einnahme von Cannabis-Präparaten auf. Die häufigsten Gründe hierfür waren eine nicht ausreichende Schmerzlinderung und die Nebenwirkungen. Diese Zahlen könnten aber nicht repräsentativ sein, wie das BfArM mitteilte, weil im ersten Jahr nach Beginn derer Auswertung Ärzte ausschließlich die Daten von Patienten melden mussten, die die Therapie mit Cannabis abgebrochen hatten. Erst seit März 2018 würden auch Daten von Patienten berücksichtigt, die eine Therapiedauer von einem Jahr erreicht haben.
Der nächste Zwischenstand des BfArM wird im Juli 2019 erwartet.
Auch Nebenwirkungen durch Cannabis-Konsum werden immer wieder berichtet: So wurde beispielsweise ein älterer Herr dem Portal Hytiva zufolge nach dem Verzehr eines Hanf-Lollis wegen Brustschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert. Dort diagnostizierten die Ärzte einen Herzinfarkt.
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jg