Abhängigkeit: Wie eine Sucht entsteht, welche Formen sie annimmt und was wir dagegen tun können
Wissen Sie, wie viele Millionen Menschen abhängig von Tabak sind? Lesen Sie alle wichtigen Fakten und Informationen zum Thema „Abhängigkeit“.
- Abhängigkeit und Sucht gehört zum Menschsein einfach dazu.
- Alkohol und Tabak sind dabei nicht alles. Diese verschiedenen Formen kann eine Abhängigkeit annehmen.
- Mit dieser Strategie kommen Sie sicher aus der Abhängigkeit.
Etwa 7,8 Millionen Menschen in Deutschland haben einen riskanten Alkoholkonsum, 10,8 Millionen sind abhängig von Tabak und für 4,6 Prozent der Bevölkerung lässt sich ein problematischer Konsum von Internetanwendungen feststellen. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einer Studie des Fachverbands Sucht e.V. aus dem Jahr 2018. Doch was steckt eigentlich hinter den Begriffen Sucht, und Abhängigkeit? Wann ist man abhängig und wann nur harmloser Konsument? Viele Fragen um dieses wichtige Thema sollen in diesem Artikel beantwortet werden.
Abhängigkeit: Bedeutung und Definition
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eine Sucht oder Abhängigkeit ein seelischer und/oder körperlicher Zustand, in dem Menschen trotz eigener sozialer, körperlicher und seelischer Nachteile ein unüberwindbares Verlangen nach bestimmten Substanzen oder Verhaltensweisen haben. Menschen werden von diesem Verlangen regelrecht beherrscht und haben die Kontrolle darüber verloren. Außerdem sind die meisten Abhängigkeiten davon geprägt, dass über einen längeren Zeitraum die Dosis gesteigert wird und die Toleranz gegenüber den süchtig machenden Stoffen zunimmt. Seit 1968 ist eine Abhängigkeit in Deutschland als Krankheit eingestuft.
Die Begriffe „Sucht“ und „Abhängigkeit“ können als Synonyme gesehen werden. Jedoch wird „Sucht“ nur noch umgangssprachlich verwendet, da mit diesem Begriff häufig eine Stigmatisierung der Betroffenen stattfindet. Zum Schutz der Abhängigen und zum Deutlichmachen, dass es sich hierbei um eine Krankheit handelt, sollte deshalb besser der Begriff „Abhängigkeit“ genutzt werden.
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Was sind Anzeichen für eine Abhängigkeit?
Die Caritas nennt zehn Punkte, die bei einer ersten Einschätzung helfen sollen, ob jemand von einer Abhängigkeit betroffen ist. Auf diese Warnsignale sollten Sie achten:
- Abhängigkeit schleicht ins Leben: Es kann mehrere Jahre dauern, bis sich eine Sucht entwickelt. Wichtig ist deshalb ein ständiger Blick auf die süchtigmachenden Stoffe und Verhaltensweisen, denen man täglich ausgesetzt ist.
- Nicht genug bekommen: Wenn Mengen, die Ihnen früher einen schönen Kick gegeben haben, heute nicht mehr dafür reichen, ist das ein erstes Warnsignal.
- Freunde werden kritisch: Sind Sie in Ihrem sozialen Umfeld schon mal auf einen erhöhten Konsum angesprochen worden? Wertschätzen Sie diese Sorgen!
- Kontrollverlust: Hatten Sie schon einmal das Gefühl, dass nicht Sie, sondern Ihr Körper darüber entschieden hat, wann Sie etwas konsumieren?
- Peinlicher Konsum: Konsumieren Sie manchmal heimlich, weil Sie es peinlich finden, es vor Freunden oder in der Öffentlichkeit zu machen?
- Konsum alleine: Trinken Sie beispielsweise nicht nur mit Freunden in der Kneipe Alkohol, sondern auch oft alleine zu Hause oder im Büro?
- Nicht verzichten können: Wenn Sie auf den Konsum verzichten wollen und Ihr Verhalten deshalb nervös oder depressiv wird, ist das ein wichtiges Signal von Abhängigkeit.
- Verpflichtungen werden egal: Wichtige Veranstaltungen und Aufgaben lassen Sie links liegen und konsumieren dafür lieber?
- Körperliche Beeinträchtigungen: Langfristiger Konsum kann sich auf die körperliche Gesundheit auswirken. Haben Sie schon einmal Veränderungen in Ihrer Kondition, Denkweise oder Verhaltensweise festgestellt?
- Dem Selbsttest nicht glauben: Sie haben schon einmal einen Selbsttest gemacht? Gut! Aber haben Sie auch ein kritisches Ergebnis ernst genommen?
Formen der Abhängigkeit
Die Abhängigkeit nach Alkohol ist allgemein bekannt. Nicht selten hört man deshalb auch den Namen „Volksdroge“. Doch hinter dem Sucht-Begriff verbirgt sich eine Vielzahl an Ausprägungen. Generell gilt die Einteilung in psychische und physische Abhängigkeit und in stoffgebundene und nicht-stoffgebundene Abhängigkeit.
- Psychische Abhängigkeit: darunter fällt der unwiderstehliche Wunsch, eine Substanz einzunehmen oder eine Handlung immer wieder auszuführen.
- Physische (körperliche) Abhängigkeit: wenn der Körper nicht ohne eine Substanz oder eine wiederkehrende Handlung funktionieren will. Klassische Entzugserscheinungen, wie Zittern oder Unruhe, werden beim Konsum-Verzicht spürbar.
Beispiel-Substanzen bzw. -Handlungen, die abhängig machen können | |
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stoffgebundene Abgängigkeit | Alkohol, Tabak (Nikotin), Kaffee (Koffein), Cannabis, Nasenspray, andere Medikamente, andere (illegale) Drogen), usw. |
nicht-stoffgebundene Abhängigkeit | Glücksspiel, PC-/Online-Konsum, Arbeiten, Kaufzwang, Kleptomanie (Stehlen), Machtverlangen, Gegenstände sammeln, exzessiver Sport, usw. |
Quelle: drogenberatung-wolfsburg.de

Ursachen für Abhängigkeit: Was macht einen süchtig?
Im Mittelpunkt der Entwicklung einer Abhängigkeit steht das Belohnungssystem unseres Hirns. Es ist etwas ganz natürliches und hilfreiches: wenn wir etwa einen süßen Keks essen oder nach einem durstigen Tag endlich eine kühle Limo trinken können, fühlen wir uns glücklich. Unser Körper belohnt uns also dafür, dass wir überlebensnotwendige Dinge erledigen, wie Essen, Trinken und auch Fortpflanzen, damit wir das auch gerne wieder machen.
Leider lösen jedoch nicht nur lebenswichtige Substanzen oder Handlungen dieses Glücksgefühl aus. Auch berauschende Stoffe machen uns glücklich und motivieren uns, solche Stoffe erneut zu konsumieren. Häufig nutzen diese Substanzen dem Körper jedoch gar nichts oder sind sogar schädlich, wie etwas Alkohol und viele synthetische Drogen.
Bei vielen Handlungen funktioniert unser Belohnungssystem ähnlich. Das Hirn schüttet das Glücksgefühl bei vielen Menschen beispielsweise bei Glücksspielen, waghalsigen Aktionen, Macht und PC-Konsum aus.
Dass sich aus solchen Stoffen oder Handlungen eine Abhängigkeit entwickeln kann, wird von drei Faktoren beeinflusst, wie „drogenberatung-wolfsburg.de“ schreibt:
- Droge: Je leichter und öfter der Konsum eines Stoffes oder einer Handlung möglich ist, desto leichter kann daraus auch eine Abhängigkeit entstehen. Außerdem haben Substanzen ein unterschiedlich hohes Abhängigkeitspotential, das beachtet werden muss und bei jedem Menschen anders ausfallen kann.
- Individuum: Sowohl genetische Faktoren, also auch psychische Erkrankungen können die Neigung zu einer Abhängigkeit beeinflussen. Auch Eigenschaften, wie Unsicherheit, Spaß an Verbotenem, Problemverdrängung oder Geltungsdrang können in Kombination mit Konsum zu einer Abhängigkeit führen.
- Soziales Umfeld: Einen starken Einfluss auf das Individuum hat das persönliche Umfeld. So ist etwa die Abhängigkeit von Alkohol leicht damit zu erklären, dass diese Droge in Deutschland flächendeckend toleriert wird. In anderen Kreisen gehört der Konsum von Kokain, Tabak oder Cannabis einfach dazu.
Sucht-Beratung: Wege aus der Abhängigkeit
Sie haben eine Konsum-Abhängigkeit erkannt? Dann ist der erste und wohl auch wichtigste Schritt, sich das selbst einzugestehen und den Willen zu haben, etwas daran zu ändern. Die gute Nachricht ist, dass Sie den Weg ab jetzt nicht alleine gehen müssen. Es gibt zahlreiche Programme und Beratungsstellen, die einem den Weg aus der Abhängigkeit zeigen können und Sie in allen Schritten professionell begleiten. Auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt es eine Liste vieler örtlicher Beratungsstellen in ganz Deutschland. Auch der Fachverband Sucht e.V. bietet Hilfe und Informationen für alle Sitationen an.
Wenn Sie eine erste Beratung hinter sich gelassen haben, beginnt in der Regel bald die Entzugsphase, in der Sie professionell über den gesamten Zeitraum geleitet werden. Der Ausstieg aus einer Abhängigkeit ist nicht einfach und auch nicht schnell erledigt. Ausdauer ist das A und O. Auch nach dem Entzug sollten Sie den Kontakt zu Ihrer Beratungsstelle nicht aufgeben, um einen möglichen Rückfall zu verhindern oder schnell genug zu behandeln. *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Zentral-Redaktionsnetzwerks.
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