Nicht nur für Urlauber, die mit dem Flugzeug aus dem Ausland nach Deutschland einreisen soll eine Sicherheit geschaffen werden, sondern auch für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Schiff, Bus und Bahn. Für diese werden laut Dilek Kalayci (SPD) wieder Aussteigekarten eingeführt. Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland komme, müsse ein solches Formular ausfüllen und abgeben. Angestrebt werde, dies künftig digital umzusetzen. „Zur Zeit ist es viel Papier“, sagte Kalayci am Freitag in Bonn. Die Aussteigekarten sollen stichprobenartig kontrolliert werden.
Außerdem verständigten sich die Gesundheitsminister darauf, dass „in grenznahen Einreisepunkten“ des Straßenverkehrs „stichprobenartige Kontrollen“ durchgeführt werden. Wenn dabei herauskomme, dass jemand aus einem Corona-Risikogebiet komme, werde er auf die Quarantänepflicht hingewiesen.
+++ 15.19 Uhr: Reisende sollen sich in Zukunft direkt bei der Ankunft an deutschen Flughäfen kostenlos auf das Coronavirus testen lassen können, wie die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) nach Beratungen mit ihren Kollegen aus Bund und Ländern sagte. Die Tests sollen aber freiwillig sein. Außerdem sollen die Tests auch für Rückkehrer aus Nichtrisikogebieten kostenlos sein, allerdings sollen sie dann nicht direkt bei der Einreise angeboten werden. Wer keinen negativen Test habe, müsse nach Beschluss der Gesundheitsminister wie bisher in Quarantäne.
Update vom Freitag, 24.07.2020, 15.10 Uhr: Die Deutschen Flughäfen bekommen Corona-Teststellen für Reiserückkehrer aus Risikogebieten. Weitere Informationen zum Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern in Kürze.
Erstmeldung vom Freitag, 24.07.2020: Frankfurt – Der Sommer ist da und viele nutzen die Chance, dass viele Grenzen in Europa geöffnet sind und die bisherigen Lockerungen einen Urlaub auch im Ausland trotz Corona möglich machen. Dabei sind sich die Verantwortlichen von Bund und Ländern einig, dass die Reiserückkehrer zur Gefahr in der Corona-Krise werden können.
Die bayrische Gesundheitsministerin Melanie Huml sieht Handlungsbedarf. Nach einer Schaltkonferenz mit ihren Ressortkollegen am Mittwoch, sagte sie im „Bayerischen Rundfunk“, man habe ein gemeinsames Ziel und das sei, ein besonderes Augenmerk auf die Reiserückkehrer zu richten.
Besonders kontrovers wird in Berlin derzeit über die Einführung von verpflichtenden Corona-Tests für Reiserückkehrer diskutiert. Nach Reisen in Risikogebiete „wäre es sinnvoll, das verpflichtend zu machen“, sagte beispielsweise der Virologe Alexander Kekulé dem „Bayerischen Rundfunk“. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach sich für verpflichtende Tests aus. Er ist außerdem der Meinung, die Tests sollten nicht von den Urlaubern selbst bezahlt werden müssen.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sprach sich dagegen für rein freiwillige Tests aus. Der vzbv-Vorstand Klaus Müller sagte der „Rheinischen Post“: Er setze auf das „Eigeninteresse der Urlauber, die wissen, ob sie sich an riskanten Orten aufgehalten haben.“ Dies gelte auch für den „Ballermann auf Mallorca“ oder „eine Partymeile in Berlin“. Außerdem forderte er von den Bundesländern, den Reisenden die Corona-Tests kostenlos anzubieten.
Die Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna, sprach sich dafür aus, Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten noch im Flugzeug zu ihren Kontakten zu befragen. Da ein Test bei der Einreise nur eine begrenzte Sicherheit biete, warb sie im „SWR“ außerdem dafür, dass sich solche Reisende nach der Ankunft generell drei oder vier Tage in Quarantäne begeben und dann erneut getestet werden sollten.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen am Freitag (24.07.) noch einmal beraten und ein Gesamtpaket für Rückkehrer aus Risikogebieten schnüren. Ärzte und Verbände sprechen sich für Tests direkt am Flughafen aus. Uneinigkeit herrscht aber darüber, ob die Tests Pflicht sein werden - und wer das bezahlen soll.
Die Möglichkeit sich direkt testen zu lassen gibt es aktuell beispielsweise an den Flughäfen Frankfurt, München und Berlin. Betrieben wird das Testzentrum an Deutschlands größtem Airport, dem Flughafen Frankfurt, von dem Biotechnologie-Unternehmen „Centogene“. Die derzeitige Kapazität beträgt 1000 bis 1500 Tests am Tag. Ein Ausbau sei möglich, wenn größere Kapazitäten benötigt würden. Seit dem Start ließen sich etwa 30.000 Menschen überprüfen. Der Test kostet 59 Euro und als Schnellverfahren 139 Euro.
Am Flughafen München gibt es seit Ende Juni ebenfalls die Möglichkeit für Reisende, die aus dem Urlaub kommen. sich freiwillig und kostenpflichtig testen zu lassen. Derzeit nutzen rund 50 Personen pro Tag das 190 Euro teure Angebot. Die Kapazität der Teststation, die eine Tochtergesellschaft des Flughafens betreibt, ist damit aber weitgehend ausgereizt.
Und auch Berlin ist bereits dran, an seinen Flughäfen Corona-Tests anzubieten.
Die Stadt führt an Flughäfen und zusätzlich auch in Arztpraxen flächendeckende Corona-Tests für Urlaubs-Rückkehrer aus sogenannten Risikogebieten ein. „Wir werden an den Flughäfen für diejenigen, die aus den Risikogebieten kommen, Test vornehmen“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstagmorgen (23.07.) im „Spreeradio“. „Wir sehen, wir müssen darauf reagieren, dass in anderen Ländern anders mit der Corona-Frage umgegangen wird.“
Bei dieser Frage scheinen sich alle einig zu sein. Doch einige große Fragen bleiben derzeit noch unbeantwortet: Wenn die Corona-Tests an Flughäfen Pflicht werden, wer bezahlt das Ganze? Und was ist mit Reisenden, die in diesem Sommer mit dem Auto in den Urlaub fahren? Müssen sie sich nicht testen lassen?
Bisher müssen Menschen, die aus stark vom Coronavirus betroffenen Staaten zurückkehren, in Deutschland zunächst 14 Tage in häusliche Quarantäne. Ob sie das tatsächlich immer tun und sich bei den zuständigen Gesundheitsämtern auch melden, ist dagegen fraglich. Deshalb will die Politik hier nachjustieren.
Susanne Johna, erste Vorsitzende des Marburger Bundes, nennt einen Grund dafür: die Quarantänezeit sei sehr lang. Deswegen melde sich nicht jeder, der aus einem Risikogebiet einreise, beim Gesundheitsamt. „Da kann man sich wirklich fragen, ob das sinnvoll ist, denn wir wissen, dass die meisten Infektionen fünf Tage nach Kontakt auftreten“, so Johna. Dazu kommt, dass die Regelungen derzeit in den Ländern und Kreien auch sehr unterschiedlich sind.
In Hessen hat beispielsweise der Main-Kinzig-Kreis sein Vorgehen bereits zu Beginn der Sommerferien Anfang Juli verschärft, da die Maßnahmen des Landes nach Angaben des Kreises nicht ausreichen würden. Der Verwaltungsstab des Kreises sah nach mehreren Corona-Fällen an Schulen dringenden Handlungsbedarf. Und zwar bevor die Urlaubssaison beginnt: „Wir haben vor den Sommerferien in noch recht kleiner Dimension erlebt, was sich über die Sommerferien und dann im Regelbetrieb aller Schulen potenzieren dürfte“, schätzt Landrat Thorsten Stolz.
Zusätzlich zu den eigenen persönlichen Daten mussten Rückkehrer dem Gesundheitsamt nach dem Urlaub dort auch die Daten aller Mitglieder in ihrem Haushalt melden – inklusive der schulischen oder beruflichen Situation. Um sensible Einrichtungen, wie Schulen, Kitas, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen zu schützen ist es so möglich, dass die Reise der Eltern für Kinder ein vorübergehendes Betreuungs- oder Schulbesuchsverbot nach sich zieht. Für Erzieher oder Lehrer, die mit einem Rückkehrer zusammenleben, könnte es zum zeitlich begrenzten Tätigkeitsverbot kommen.
Auch die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus kritisierte, dass solche Beratungen erst jetzt erfolgen, also lange nach Beginn der Sommer-Reisezeit. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat derzeit weltweit rund 130 Staaten als Gebiete eingestuft, in denen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus besteht. Aktuell gehören dazu unter anderem Ägypten, Israel, die Türkei, Südafrika und die USA.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen sich nun auf ein einheitliches Vorgehen bei der Heimkehr aus dem Urlaub in einem Risikogebiet einigen. Der Beschluss, der aus den Beratungen hervorgeht wird am Freitagnachmittag (24.07.) erwartet. iwe