Warum Sie sich vor jedem Urlaub ein paar Minuten auf Ihren Koffer setzen sollten

Ja, Sie lesen richtig: Viele Menschen halten vor der Reise inne, nehmen auf dem gepackten Koffer Platz und verharren so für eine Weile. Was hat es damit auf sich?
"Sidet 'na chemodanakh", oder zu deutsch "auf Koffern sitzen" nennt er sich, der Brauch, dem vorwiegend in Russland traditionell nachgegangen wird: Vor der Reise setzen sich Menschen hierbei buchstäblich auf ihre Koffer.
Russischer Brauch: Auf gepackten Koffern sitzen
Oftmals sitzen sie auf Stühlen statt auf echten Koffern. Doch auch heute wird der alte heidnische Brauch von vielen Reisenden noch praktiziert – nicht nur in Russland, sondern beispielsweise auch in der Ukraine. Der Gedanke dahinter: Durch das kurze Ausharren auf dem gepackten Koffer sollen Hausgeister vertrieben werden, das soll Glück bringen.
"Wir mussten es jedes Mal machen", sagt Mikhail Karadimov, ein Filmemacher aus New York mit ukrainischen Wurzeln gegenüber dem Portal Quartzy. Vor jeder noch so kurzen Reise stellte seine Familie das gesamte Gepäck im Foyer auf. Alle nahmen dann für einige Sekunden in völliger Stille darauf Platz. Erst nach dem Ritual reisten sie ab.
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Der Brauch verkörpere die Symbolik des Überwindens einer Schwelle, wie Jeanmarie Rouhier-Willoughby, Professorin an der Universität von Kentucky, erklärt. Sie selbst studierte russische Folklore. Der genaue Grund für das Sitzen auf Koffern sei aber weiterhin nicht abschließend geklärt.
Nach einer Theorie werden so Hausgeister vertrieben: Wer abreist, ohne auf dem Koffer zu sitzen, aber etwas vergessen hat und dann zurückkommt, der beleidige die Geister, wie es heißt. Sie würden dem Vergesslichen dann die Reise miesmachen.
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Eine andere Erklärung für den Brauch ist, dass Reisende kurz innehalten wollten vor der Reise, um für den guten Ausgang des Trips zu beten. Es soll zudem den Blick schärfen, um die Dinge bewusster anzugehen und sie zu verinnerlichen sowie um sich von Angehörigen vor der bevorstehenden Abwesenheit zu verabschieden.
Ein Zeichen des Respekts also, das sich vielleicht ja auch hierzulande lohnt, einmal auszuprobieren. Wer weiß schon genau, was sich während eines Urlaubs alles ändern kann?
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sca