Andreas Rettig: Meinungsstarker Hoeneß-Antagonist mit einer Menge Arbeit vor der Brust
Mit Andreas Rettig holt sich der DFB einen meinungsstarken Geschäftsführer ins Haus. Auch von großen Namen wie Uli Hoeneß macht dieser nicht halt.
Frankfurt - Mitten in die weiterhin anhaltende Diskussion um einen neuen Trainer für die Nationalmannschaft gab der DFB am Freitagmorgen eine andere wichtige Personalie bekannt: Andreas Rettig wird (Teil-)Nachfolger von Oliver Bierhoff und übernimmt damit die Geschäftsführung Sport.
Auf den 60-Jährigen kommt eine Menge Arbeit im angeschlagen Verband zu. Abschreckende Wirkung dürfte dies auf ihn allerdings kaum haben, gilt er doch als Mensch, der auch dann zu seiner Meinung steht, wenn diese nicht dem gerade Erwünschten entspricht.
Andreas Rettig | |
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Geboren: | 25. April 1963 (60 Jahre) in Leverkusen |
Funktionärsstationen: | SC Freiburg, 1. FC Köln, FC Augsburg, DFL, FC St. Pauli, Viktoria Köln |
Stationen als Spieler: | Wuppertaler SV, Viktoria Köln, SC Brück |
DFB gelingt mit Rettig eine Überraschung
Ausreichend Erfahrung im Profifußball bringt Rettig mit, das steht außer Frage. Trotzdem dürften sich einige verwundert die Augen gerieben haben, als sie die Meldung gelesen haben, dass ausgerechnet er den Posten als Geschäftsführer Sport beim DFB erhält.
In erster Linie liegt das daran, dass sich der Neue beim DFB in der Vergangenheit gerade als Chefkritiker seines neuen Arbeitgebers hervorgetan hat. Mit zur Zielscheibe wurden dabei nicht selten UEFA, FIFA und die dort handelnden Personen.
So verkündete Rettig im Vorfeld der umstritten Weltmeisterschaft 2022 in Katar in der Sport1-Sendung Doppelpass, dass er das Turnier größtenteils nicht verfolgen werde. Stattdessen wollte er „in die Kneipen gehen, die den Slogan ‚Kein Katar in meiner Kneipe‘ umsetzen“. Nicht umsonst gilt er als jemand, der sich gerne fannah präsentiert und die immer weiter fortschreitende Kommerzialisierung im Fußball anprangert.
Hohes Arbeitspensum für „Schweinchen Schlau“ Rettig beim DFB
Dass er sich in seiner Position als Geschäftsführer Sport beim DFB in Zukunft etwas diplomatischer verhalten muss, dürfte Rettig klar sein. Im neuen Amt ist er für die Bereiche Nationalmannschaften und Akademie verantwortlich und damit qua Amt sowohl Herren-Sportdirektor Rudi Völler als auch Hannes Wolf, der Sportdirektor für den Nachwuchs ist, vorgesetzt.
Ein Hinweis darauf, dass der DFB diesmal tatsächlich ernsthafte Aufarbeitung statt Kumpelei in den Vordergrund stellt, liefert eine vor acht Jahren getätigte Aussage Völlers über seinen neuen Vorgesetzten. Im Streit um die Verteilung der TV-Gelder an die Bundesligisten bezeichnete Völler diesen als „Schweinchen Schlau“.
Nun müssen die beiden, gemeinsam mit anderen, an einem gemeinsamen Strang ziehen. Das Arbeitspensum ist hoch, denn der Deutsche Fußball-Bund steckt unbestritten in einer tiefen Krise, muss weiterhin eine Nachfolge für den entlassenen Hansi Flick finden und darüber hinaus die unklare Situation um Martina Voss-Tecklenburg moderieren.
Für letzteres ist zwar Rudi Völler nicht mitverantwortlich, doch auch so scheint es angebracht, dass die zuvor von Oliver Bierhoff allein getragenen Aufgaben nun auf zwei Schultern verteilt sind.

Rettig desöfteren von Hoeneß zurechtgewiesen
Blickt man auf das bisherige Wirken von Andreas Rettig, wird klar, dass er vor großen Namen nicht zurückschreckt. Einer seiner Lieblingspartner in Sachen Schlagabtausch war in den letzten Jahren kein Geringerer als Uli Hoeneß. So ist die Live-Auseinandersetzung der beiden im letztjährigen Doppelpass schon jetzt TV-Geschichte.
Hoeneß, plötzlich und unerwartet in der Telefonleitung, verteidigte die WM-Vergabe an Katar und bezeichnete Rettig als „König der Scheinheiligen“. Dieser wiederum ließ sich nicht aus der Fassung bringen und empfahl dem Bayern-Patron, „die Quellen, die sie anzapfen, etwas breiter aufzustellen“.
Wie Rettig einige Wochen später im Podcast „Die WM in Katar – Hat der Fußball seine Seele verkauft?“ offenbarte, war das nicht die erste telefonische Auseinandersetzung der beiden. „In Sachen Anrufen ist Herr Hoeneß geübt. Er hat mich schon nach früheren Auftritten angerufen, um mich zurechtzuweisen“, so dessen Auskunft.
Die Aufmerksamkeit, die die Thematik durch den Hoeneß-Anruf bei Sport1 erhielt, wertete Rettig übrigens nicht positiv. Dies wäre es nur gewesen, „wenn Hoeneß etwas Substanzielles im Sinne der Sache transportiert hätte“. (sch/dpa)