Update vom 27. April: Paul Keuter, Mitglied der Geschäftsführung bei Hertha BSC, hat keine gute Erinnerung an die Zusammenarbeit mit Jürgen Klinsmann. Dem Ex-Coach der Berliner und früheren Bundestrainer warf er Egoismus vor. Klinsmanns Botschaft sei grundsätzlich richtig gewesen, man wolle als Klub nach vorne schreiten. "Das Problem ist nur, dass es ihm nicht wirklich um Hertha BSC ging, sondern nur um sich selbst", sagte Keuter der Berliner Morgenpost.
Klinsmann habe die Entwicklung des Vereins nicht gefördert: "Von Kulturwandel hat Jürgen Klinsmann so viel Ahnung wie ein Hahn vom Eierlegen. Ich werde auf seinen Ego-Wahn nicht eingehen. Mir bleibt nur, ihm gute Besserung zu wünschen." Klinsmanns Zeit als Hertha-Trainer hatte nach nur 76 Tagen ein unversöhnliches Ende gefunden.
Update vom 26. März: Michael Preetz bewertet die Klinsmann-Ära beim Bundesligisten Hertha BSC Berlin als eine "kurze und ungewöhnliche Erfahrung". Das Engagement von Jürgen Klinsmann als Hertha-Trainer hatte nach nur 76 Tagen ein abruptes Ende mit unversöhnlichem Abschied gefunden. Für den Geschäftsführer des Hauptstadtklubs sei dies "einmaliger Vorgang, dass der wichtigste Angestellte des Klubs von jetzt auf gleich seine Arbeit niederlegt und durch die Hintertür verschwindet", sagte der 52-Jährige in der Sky-Sendung "Mein Verein". Für die Hertha sei die Zeit mit dem ehemaligen Bundestrainer "natürlich eine Episode, auf die wir kritisch zurückblicken".
Bis zum 30.06. will der Bundesligist* aus Berlin einen neuen Chef-Trainer präsentieren: "Wir führen in den eigentlich recht ruhigen Tagen schon einige Gespräche und befassen uns natürlich mit der Planung für die neue Saison und natürlich wird die Besetzung der Cheftrainerposition dort eine ganz besondere Rolle einnehmen", sagte Michael Preetz weiter.
Update vom 29. Februar, 9.01 Uhr: Jürgen Klinsmann ist wohl doch nicht all seine Jobs im Umfeld der Hertha los. Noch vor Tagen berichtete der Kicker, dass Klinsmann neben seinem Trainerjob auch den Posten als Berater von Investor Lars Windhorst los werde. Wie die „Bild“ (Artikel hinter Bezahlschranke) nun berichtet, ist dies offenbar nicht der Fall.
Windhorst, mit 49,5 Prozent durch die Tennor-Gruppe bei Hertha beteiligt, hat den Kontrakt mit Klinsmann nicht gekündigt. Das Blatt will erfahren haben, dass Windhorst den Vertrag bewusst weiterlaufen lassen will, um Klinsmann nicht komplett fallen zu lassen. Der Ex-Stürmer war mit seinem „Tagebuch“ stark in die Kritik geraten. Der Grund hierfür sei die ohnehin schon aufgeheizte Stimmung gegen Klinsmann. Er soll sportlicher Berater der Gruppe bleiben, aber die Tätigkeit vorerst ruhen lassen. Tennor hält auch 50 Prozent der Reiter Champions Tour.
Update vom 28. Februar, 21.00 Uhr: Am Donnerstag-Abend wurde noch berichtet, der TV-Sender RTL würde seine Zusammenarbeit mit Jürgen Klinsmann beenden und in Zukunft auf den TV-Experten verzichten. Nun verkündete der Sender, dass man sich tatsächlich von Klinsmann trenne - allerdings auf Wunsch des Ex-Hertha-Trainers!
„Jürgen Klinsmann wird RTL auf eigenen Wunsch zukünftig nicht mehr als Fußball-Experte zur Verfügung stehen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Privat-Senders. Klinsmann sei, entgegen der Medienberichte, auch für die kommenden DFB-Spiele als Experte eingeplant gewesen. Eine vertragliche Verpflichtung würde allerdings nicht bestehen, weil der Vertrag 2019 ausgelaufen sei.
„Wir verstehen und respektieren seine Entscheidung. Wir haben ein enges, vertrauensvolles Verhältnis zu Jürgen Klinsmann und bedanken uns für die gute und professionelle Zusammenarbeit im vergangenen Jahr“, wird RTL-Sportchef Manfred Loppe zitiert.
Innerhalb weniger Wochen hat Klinsmann also seinen Job als Trainer bei der Hertha, seinen Platz im Aufsichtsrat und seinen Experten-Job bei RTL verloren. Bleibt abzuwarten, wie es mit dem ehemaligen Bundestrainer weitergeht.
Update vom 27. Februar, 19.18 Uhr: Die medienwirksame Trennung von Hertha BSC könnte nun erste weitere berufliche Folgen für Jürgen Klinsmann haben. Nach Informationen von sport1 steht der TV-Sender RTL davor, auf eine Zusammenarbeit mit Klinsmann in Zukunft zu verzichten. Offiziell bestätigt hat der Sender diese Meldung allerdings nicht.
Zudem habe es noch keine Gespräche zwischen dem Sender und der Klinsmann-Seite gegeben. Zu einem geeigneten Zeitpunkt soll Kontakt aufgenommen werden. Klinsmann war für RTL als TV-Experte bei den DFB-Spielen tätig. Dem Bericht nach lief der Vertrag zwischen dem Ex-Trainer und dem TV-Sender im Dezember aus. RTL ist demnach vor allem wegen der Mitschriften Klinsmanns besorgt, in denen der Trainer alle Spieler bei Hertha BSC genau beurteilt.
Update vom 27. Februar: Die Aufzeichnungen von Ex-Hertha-Coach Jürgen Klinsmann während seines Engagements in der Hauptstadt schlagen weiter hohe Wellen. So urteilt der ehemalige DFB-Teamchef in einem Dokument über jeden Spieler und bewertet diese, ob sie aufgrund ihres Alters oder den Leistungen einen Mehrwert besitzen - sprich, ob der Akteur gewinnbringend weiterverkauft werden kann.
Über Ersatzkeeper Thomas Kraft, der bis 2011 beim FC Bayern unter Vertrag stand, schrieb Klinsmann: „Kraft, 31, ständig krank oder verletzt, keinen Mehrwert mehr. Vertrag auslaufen lassen.“
Der Ex-Bayern-Keeper reagierte im Training auf diese Form der Kritik mit einer Menge Humor. So veröffentlichte rbb Sport auf Twitter einen kurzen Mitschnitt aus dem Hertha-Training, welcher der Keeper in Action zeigt. Nach einer Parade wird Kraft dann von einem Teamkollegen mit „Tommy!“ gefeiert, der Torhüter antwortet darauf: „Ich muss ja meinen Mehrwert steigern“. Dabei lacht er.
Wie der kicker nun berichtet, ist Klinsmann nach seinem mehr als fragwürdigen Rundumschlag nun auch seinen Posten als persönlicher Berater von Lars Windhorst los.
Berlin - Das Kapitel Jürgen Klinsmann und Hertha BSC lässt sich getrost als gescheitertes Experiment bezeichnen. Der 55-Jährige war insgesamt nur 76 Tage Cheftrainer der Berliner, ehe er am 11. Februar hinschmiss.
Unter seiner Regie konnte sich die Hertha nicht nachhaltig aus dem Abstiegskampf befreien, Klinsmann selbst sprach da allerdings schon vom „Big City Club“ und dem Traum von Europa oder gar einem Titelgewinn. Statt dem besagten „Big City Club“ herrscht bei der Hertha nun allerdings ein Big City Chaos.
Kurios: Die Hertha investierte in 76 Tagen Jürgen Klinsmann 76 Millionen Euro für neue Spieler - bei keinem Klub weltweit saßen die Millionen in der Winterpause lockerer als bei der Alten Dame. Wirklich ausgezahlt haben sich die Investitionen bisher nicht, Hertha ist 14. und befindet sich nach der desaströsen 0:5-Klatsche gegen Köln weiter im Abstiegskampf. Es sind aktuell unruhige Zeiten in Berlin-Charlottenburg.
Dass nun auch noch ein Tagebuch von Jürgen Klinsmann enthüllt wurde, sorgt dabei nicht gerade für Beruhigung - zumal Klinsmann schonungslos und mit kritischer Wortwahl mit den Klubverantwortlichen abrechnet.
Auf insgesamt 22 Seiten ließ der Weltmeister von 1990 seine Zeit in Berlin dokumentieren. Das Dokument, das der Bild vorliegt (Artikel hinter Bezahlschranke), trägt den harmlosen Titel „Zusammenfassung: Zehn Wochen Hertha BSC“, hat es allerdings durchaus in sich.
Da steht am 24. November, dem Tag der 0:4-Niederlage in Augsburg und der damit verbundenen Trennung von Coach Ante Covic, etwa: „Man spürt, dass der Verein komplett am Boden ist. Hektisch und nervös. Ohne Perspektive, was das Traineramt und die Zukunft anbelangt.“
Als kurzfristige Lösung sprang Klinsmann selbst ein, arbeitete aber bereits an der Installierung von Ralf Rangnick. Dieser solle zwar grundsätzlich großes Interesse am Projekt Hertha BSC gehabt haben, würde „in einer Konstellation mit Michael Preetz (Manager, Anm. d. Red.) als seinen Vorgesetzten jedoch niemals kommen.“ Rangnick selbst widersprach dieser Aussage nach Veröffentlichung des Dokuments.
Ende November ist dann ein vernichtendes Urteil über die „sportliche Bestandsaufnahme“ zu lesen. Die Mannschaft sei in „einem katastrophalen körperlichen wie mentalen Zustand“, der Kader „völlig falsch zusammengestellt“, die medizinische Abteilung „zerstritten, inkompetent, den Anforderungen des modernen Profifußballs nicht gewachsen“ und die Planung auf die Vorbereitung „eine Katastrophe.“
Im weiteren Verlauf kritisiert Klinsmann mangelnde Unterstützung vonseiten des Vereins, etwa in der Debatte um seine vermeintlich abgelaufene Trainerlizenz, und prangert ein von den Bossen auf das Team projiziertes „überaus schlechtes Klima“ an. Darüber hinaus sei die öffentliche Kommunikation der Hertha schlicht darauf aus, „absichtlich den damals noch tadellosen Ruf (Klinsmanns, Anm.) schädigen“ zu wollen. Später ist zu lesen, bei Hertha gäbe es „eine Lügenkultur, die auch das Vertrauensverhältnis der Spieler mit Preetz zerstört hat.“
Nachdem sich Klinsmann offenbar bereits Ende des Jahres 2019 mit Rücktrittsgedanken beschäftigte („Wenn wir hier nicht weiterkommen, kann ich auch nach Los Angeles fliegen anstatt nach Berlin.“), soll er dies Ende Januar gegenüber Investor Lars Windhorst einmal mehr deutlich gemacht haben.
Windhorst überredet seinen Freund Klinsmann zum Weitermachen, doch in den folgenden Tagen verfestigt sich beim 108-fachen Nationalspieler der Gedanke, das Handtuch zu werfen. Letztlich trat Klinsmann am 11. Februar zurück.
Ob für die Öffentlichkeit gedacht oder nicht, fest steht, dass es eine derartige Abrechnung eines Trainers im deutschen Fußball noch nicht gegeben hat. Dabei ist allerdings auffällig, dass Klinsmann kein einziges Mal über mögliche einige Fehler berichtet, weswegen seine Selbstreflexion zumindest zu hinterfragen ist. Klar ist am Ende von 22 Seiten auch: Dieses Protokoll wird bei der Hertha weiter für Unruhe sorgen.
Das Management von Ex-Bundestrainer Klinsmann bestätigte dem SID die Echtheit des Protokolls, rätselt allerdings darüber, wie es an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Klinsmann habe keine Absicht, eine Abrechnung mit Hertha zu betreiben.
Michael Preetz, der von von Klinsmann besonders ins Visier genommen wurde, bezeichnete die Vorwürfe auf der Pressekonferenz am Donnerstag als „widerlich und unverschämt“. Zudem sei das Protokoll „perfide“ und werde „auf das Schärfste zurückgewiesen. Das sind alles Menschen, die 24 Stunden pro Tag für diesen Verein im Einsatz sind.“
Darüber hinaus behält sich Preetz nach dem Rundumschlag von Klinsmann rechtliche Schritte gegen den 55-Jährigen vor. Man darf gespannt sein, wie das an der Spree noch weitergeht.
as
*tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks