„Der Plan ist super aufgegangen“

Sportdirektor Franz-David Fritzmeier über eine Löwen-Saison voller Höhepunkte, die Gründe dafür und die nächsten Herausforderungen.
Herr Fritzmeier, welcher Moment kommt Ihnen als Erstes in Erinnerung, wenn Sie an die Saison zurückdenken?
Das erste Saisonspiel in Wolfsburg, wo wir uns gefreut haben auf unser DEL-Comeback und natürlich auch gewusst haben, dass uns eine Spitzenmannschaft erwartet. Aber es war toll. Wir sind einen Tag vorher angereist, ins Hotel, das war ja auch etwas Neues für uns, was uns gezeigt hat, dass wir jetzt auf einem anderen Niveau sind. Dann waren wir nach kurzer Zeit 0:2 hinten, haben aber 5:2 gewonnen. Für das erste Frankfurter DEL-Spiel nach zwölf Jahren war das sensationell und kommt mir immer wieder in den Kopf, wie schön das war.
Gab es noch andere schöne oder besondere Momente?
Natürlich auch der Heimsieg gegen München vor einer unfassbaren Kulisse in einem unfassbaren Spiel, oder der Heimsieg gegen Mannheim, das waren dann Eckpunkte dieser Top-Saison.
Was waren die entscheidenden Wegmarken dafür, dass die Mannschaft mit den Pre-Play-offs ja sogar mehr als das eigentliche Ziel Klassenerhalt erreicht hat?
Ich denke schon, dass dieses erste Spiel in Wolfsburg uns gleich viel Energie gegeben hat. Und dass das zweite Spiel gegen Bremerhaven uns direkt gezeigt hat, wenn du anfängst, in einer intensiven Liga wie der DEL mit drei Reihen zu spielen, dass dir schnell die Luft ausgehen kann. Danach haben wir das sehr gut gemacht, denke ich. Es gab dann viele Highlights, auch das Spiel in Berlin zum Beispiel. Wir haben zumindest bis Weihnachten gezeigt, dass wir so hungrig sind, uns viele Punkte zu holen, um jeden Punkt zu kämpfen, so wie wir es vor der Saison gesagt haben: Jeder Punkt zählt.
Gibt es auch ein Spiel, aus dem man besonders viele Lehren ziehen kann?
Da ist mir das Spiel gegen Ingolstadt kurz vor Weihnachten im Kopf. Dabei war es abgesehen von dem Derby in Mannheim zum ersten Mal so, dass uns der Gegner nicht nur finanziell und vom Kader auf dem Papier überlegen war, sondern auch auf dem Eis deutlich strukturell, vom Tempo und von der Spielklasse her. Wie das Wolfsburg-Spiel der Beginn einer tollen Serie war, war das Ingolstadt-Spiel der Vorbote einer Phase, in der wir ein bisschen auf dem Boden der Tatsachen gelandet sind und wo uns deutlich aufgezeigt wurde, dass wir uns steigern müssen. Das ist uns dann nicht mehr so wirklich gelungen, auch wenn wir immer wieder gekämpft, die nötigen Punkte geholt und noch für ein paar Highlights gesorgt haben. Aber es war nicht mehr so wie am Anfang.
Wie wichtig war dann noch einmal die Wendung im vierten Spiel gegen Wolfsburg?
Ohne dieses Spiel wären wir nicht Zehnter geworden. Wir waren da schon nicht mehr wirklich in Abstiegsgefahr, das waren wir ja nie. Das ist auch herauszustellen: Dass wir nie negativen Druck hatten, sondern immer nur positive Challenges. Aber das Spiel war noch einmal eine Willensleistung für uns, mit dem Glück des Tüchtigen, und ganz wichtig für Platz zehn.
Sind Sie stolz darauf, dass die Mannschaft so eine Saison abgeliefert hat und es mit dem zweitniedrigsten Etat der Liga in die Top Ten geschafft hat?
Da bin ich wirklich sehr stolz drauf, und es freut mich sehr für die Mannschaft und die Spieler. Wir waren zwei Jahre auf einer Reise mit vielen Spielern, die auch geblieben sind, die es nicht nur geschafft haben, in die DEL aufzusteigen, sondern auch souverän in der Liga zu bleiben. Der Plan ist super aufgegangen: Viele Spieler aus der Zweiten Liga und damit den Spirit mitzunehmen, und die Mannschaft gezielt zu verstärken. Der zehnte Platz ist dieses Jahr genauso ein Erfolg wie die Meisterschaft in der DEL 2 und der Aufstieg letztes Jahr.
Vieles ist gewiss so gelaufen, wie man sich das erhofft und vielleicht auch vorgestellt hat. Gibt es trotzdem etwas, das Sie in der Saison besonders überrascht hat?
Vielleicht am Anfang, dass wir so viele Punkte geholt haben. Obwohl wir gesagt haben, dass wir einen Superstart brauchen, weil wir gewusst haben, dass es hintenraus schwerer wird. Es gab auch immer wieder Spiele wie das 6:1 in Ingolstadt oder das 6:1 in Nürnberg, wo mich die Mannschaft wirklich überrascht hat.
Was hat diese Mannschaft und die ganzen Löwen besonders ausgezeichnet?
Der Wille und die Mentalität, in ein Spiel zu gehen und gewinnen zu wollen. Über weite Teile der Saison gab es auch großen Zusammenhalt. Wir wussten immer, dass wir nur übers Team kommen können. Natürlich auch mit unseren Topspielern, das war vielleicht auch noch überraschend: Dass unsere Spitzenspieler wie Rowney und Bokk so überragend waren, auch wenn wir natürlich um ihr Potenzial wussten. Natürlich gibt es Dinge, wo man sich in Zukunft verbessern muss. Aber die Mannschaft hat gemeinsam viele Schlachten geschlagen und sich ihren Platz hart erkämpft.
Wo kann man sich verbessern?
Wir haben gesehen, dass wir uns noch mehr auf Erstliga-Niveau begeben müssen in unserer Performance bezüglich Fitness, Struktur, Disziplin, auf und abseits des Eises. Wenn du konstant erfolgreich sein willst in der DEL im Rahmen deines Budgets, musst du in den Faktoren, die nichts mit Geld zu tun haben, konstanter und besser werden. Wir haben sicherlich viel Wille, viel Energie und viel Spaß aufs Eis gebracht, das war alles toll. Aber das geht alles nur so weit, wie es Körper und Kopf auch mitmachen, das ist irgendwann begrenzt. Dazu müssen wir alle in der Lage sein, uns weiterzuentwickeln, das gilt für das künftige Trainerteam ebenso wie für die Spieler und uns alle drumherum. Wir haben es geschafft, viele Punkte mit Energie und Aggressivität zu holen. Aber es ist uns weniger gelungen, hier und da auch mal einen Punkt mit taktischer Disziplin und Cleverness zu klauen. Wir haben künftig auch den Aufsteiger-Bonus nicht mehr. Wir werden besser performen müssen, um wieder Ähnliches zu erreichen.
Was heißt das, was den Kaderbau betrifft?
Man hat gesehen, dass uns in gewissen Punkten Unterstützung fehlt. Zum Beispiel ein Powerplay-Verteidiger. Oder dass wir die zweite Mittelstürmer-Position tiefer besetzen müssen. Dass wir insgesamt die Last ausgeglichener verteilen, damit wir im Gesamten stärker sind. Das hängt auch mit Qualität und damit auch mit Wirtschaftlichkeit zusammen. Wir sind sicher auch wieder eine Mannschaft, die wie dieses Jahr mehr herausholen muss als es der Etat eigentlich hergibt. Der Club hat alles getan, um bestmöglich Geld zur Verfügung zu stellen. Aber es wird sich alles weiter entwickeln müssen, nicht nur die Mannschaft, der ganze Club.
Die Mannschaft wird allein dadurch teurer, weil man nicht wieder 16 Spieler aus der zweiten Liga mit nach oben nehmen kann. Können Sie etwas zum Etat sagen?
Die Spieler, die du behältst, haben überzeugt, und werden alle zumindest ein Stück teurer. Und wenn du dich verbessern willst und Spieler austauscht, um dich auf diesen Positionen zu verstärken, musst du auch mehr Geld ausgeben. Aber das werden sicher keine großen Sprünge sein. Wir müssen wieder top, top arbeiten und top, top performen, dass wir alles aus jedem Euro machen.
Im letzten Jahr blieben fast zwei Drittel der Spieler, wie groß ist der Umbruch diesmal?
Stand heute werden wir elf Spieler sicher wiedersehen. Das ist nicht unnormal im Eishockey, dass neue Spieler kommen und uns einige verlassen werden, auch von unseren Meisterhelden. Jeder von den Jungs hat sein Bestes gegeben. Einige hätten wir auch gerne gehalten, aber sie haben sich für sportlich und wirtschaftlich bessere Optionen entschieden. Die Spieler, die von sich aus weggehen, gehen fast alle zu größeren Clubs oder haben zumindest finanziell noch interessantere Angebote.
Wie weit sind Sie schon mit dem Kader?
Es sind noch sechs, sieben Positionen offen. Wir planen erstmal mit 25 Stellen, um gegebenenfalls wie diese Saison noch einmal nachlegen zu können. Wir sind deutlich weiter als letztes Jahr, als wir ja noch fast bis Ende April in der DEL 2 um Meisterschaft und Aufstieg gespielt haben.
Trotz der erfolgreichen Saison wird die Zusammenarbeit mit Headcoach Gerry Fleming nicht fortgesetzt. Warum?
Der Headcoach hat eine wichtige Position, aber er muss auch immer zu der Situation im Club passen. In dem Fall ging es um uns als Aufsteiger, mit zwei jungen Assistenzcoaches, die sich auch weiterentwickeln. Wir haben uns bewusst für einen Coach mit DEL-Erfahrung und viel Erfahrung überhaupt entschieden. Es war dann schon früh klar, dass der Job erfüllt ist, und von beiden Seiten das Gefühl da, dass es damit auch getan ist. Von Trainerseite war kein Wille zu erkennen, eine Mannschaft weiter zu entwickeln, sondern eher, das als Sprungbrett zu einem Topclub zu nutzen. Wir wussten zu einem gewissen Zeitpunkt, wir brauchen zu unserem Trainerstab einen Mann, der in die Zukunft denkt und der gewillt ist, die Mannschaft nicht nur zu verwalten, sondern weiterzuentwickeln, in Zusammenarbeit mit uns allen. Für diese Saison war es für beide Seiten der richtige Move. Er hat uns unterstützt, unsere Ziele zu erreichen. Und dann geht es weiter. Natürlich wäre es schön, längerfristig zusammenzuarbeiten. Aber es gibt ja auch immer zwei Seiten. Ich denke, man kann hier sehr gut arbeiten, und wenn man sieht, was wir erreicht haben und was aus den Trainern geworden ist, die hier gearbeitet haben, haben wir nicht so schlecht gelegen. Für mich hat aber immer Priorität, was zu der jeweiligen Situation im Club passt.
Wie wichtig ist der Jugendaspekt, vor dem Hintergrund des Löwen-Etats und der Regeln in der Liga?
Das ist ein großes Faustpfand. Mit Eisenmenger, Bokk und Wirt hatten wir sicher drei der besten acht U23-Spieler in der Liga, mit Bokk den bis zu seiner Verletzung besten Scorer der Liga, der dann zum drittbesten Spieler gewählt wurde. Auch das ist ein Ausrufezeichen. Er ist jetzt wieder ein Türöffner für andere Spieler. So wie Hüttl, Schinko oder auch Wirt, mit denen wir hier damals angefangen haben, uns für Bokk interessant gemacht haben. Es werden weitere folgen, wir werden die nächsten Schritte gehen. Wir sind eine Adresse, zu der junge Spieler gerne kommen, weil wir auch halten, was wir versprechen. Es funktioniert nicht mit jedem, es ist keine Einbahnstraße, die Spieler müssen schon performen. Aber gleichzeitig muss man auch Geduld haben. Das beste Beispiel ist Wirt, der einen riesigen Sprung gemacht hat: Er hatte Geduld, wir hatten Geduld.
Und die Spieler müssen die Chance bekommen, sich zu beweisen.
Ja, und wir haben mit Jan Barta als Assistant Coach einen Top-Mann, der die jungen Spieler sehr fördert. Aber natürlich muss auch der Headcoach dazu gewillt sein. Umso mehr in Zukunft, weil wir die Mannschaft automatisch auch wieder verjüngen müssen. Bokk und Wirt werden keine U-Spieler mehr sein. Dafür rücken andere nach, die wir entwickeln müssen. Der Headcoach muss unsere Philosophie tragen. Darin ist ein wichtiger Eckpunkt, dass wir Erfolg haben, indem wir junge Spieler weiter entwickeln, dass sie nicht nur dasitzen, sondern dann einen großen Teil zu unserem Erfolg beitragen. Um erfolgreich in der DEL zu sein, gerade wenn du eine Mannschaft wie wir bist, brauchst du gute U-Spieler. Es gibt dir auch Identität. Daniel Wirt ist lange hier und hat mittlerweile mit die größte Löwen-Identität. Da kommen wir zu dem Thema zurück: Dass das bei der Wahl des Headcoaches für die neue Saison eine große Rolle spielt und unser jetziger Headcoach das nicht gewollt hat und aus unserer Sicht auch nicht in der Lage dazu war.
Das zweite Jahr gilt für Aufsteiger gemeinhin als noch schwerer. Worauf wird es ankommen?
Ich habe irgendwann nach Weihnachten gesagt: Die Party ist ein bisschen vorbei. Das habe ich gar nicht negativ gemeint, sondern dass wir langsam die nächste Ebene erreichen müssen. Diese eine Zone, in der wir uns lange aufhalten durften, mit der Top-Saison in der DEL 2, mit Meisterschaft und Aufstieg, dem guten Start in die DEL, das ging ja praktisch bis Weihnachten, von Party zu Party, die haben wir verlassen. Es gibt diesen Spruch mit dem zweiten Jahr, aber deshalb verändern wir uns ja auch. Wir verändern uns auf der Headcoach-Position und behalten trotzdem Konstanz im Trainerstab, wir verändern uns auf Spielerpositionen. Veränderung schafft Fortschritt, es geht nur so. Wenn wir in unserem Dunst weitermachen würden, würde es sicher nicht funktionieren. Das hat zum Teil die zweite Saisonhälfte schon gezeigt.
Wie schätzen Sie die Liga für die neue Saison ein und die Löwen-Rolle darin?
Die Liga wird von Tag eins wieder hart umkämpft sein. Es wird wieder die Big Player geben, wieder mit Berlin, die wir sicher nicht noch einmal so weit unten sehen werden. Alle werden mindestens in die Top Ten wollen. Jede Mannschaft wird aufrüsten. Seit es den Auf- und Abstieg wieder gibt, gibt es über die ganze Saison knallharte Kämpfe, um die Spitzenplätze, um die Top-Ten-Plätze und gegen den Abstieg. Dass Mannschaften in der Komfortzone sind, gibt es nicht mehr.
Und wo finden sich die Löwen wieder?
Wir wollen in der Liga bleiben und so gut wie möglich sein. Das wird für uns die nächsten Jahre gelten. Die Schritte, aufzusteigen und drinzubleiben, waren sehr groß, der ganz große nächste Schritt wird erst gehen, wenn wir eine neue Halle haben. Wir werden wirtschaftlich weiter in unteren Regionen sein. Wir haben Einschränkungen wie das Stadion, das können wir nicht verändern. Aber das, was wir beeinflussen können, müssen wir weiter vorantreiben, strategisch arbeiten, uns noch professioneller aufstellen. Unser Ziel kann nur sein, uns in allen Bereichen, in denen es möglich ist, zu verbessern, auf dem Eis und außerhalb davon, im ganzen Club. Wir wollen weiter eine gute Show bieten, noch besseres Eishockey, weiterhin den Spirit haben, aber nicht nur davon leben. Wir sind immer noch ein kleiner Club, in dem jeder mehr tun muss, ein zartes Pflänzchen, das behutsam gegossen und gepflegt werden muss, von dem man aber nicht erwarten darf, dass es gleich in den Himmel wächst. Wenn wir nächstes Jahr wieder auf Platz zehn stehen, ist das auch wieder ein Erfolg. Alles andere wäre vermessen. Aber natürlich haben wir nichts dagegen, besser platziert zu sein.
