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Eine Frage von Löwen-Prinzipien

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Die Löwen-Mission beginnt: Headcoach Matti Tiilikainen, hier bei seiner Vorstellung im Mai.
Die Löwen-Mission beginnt: Headcoach Matti Tiilikainen, hier bei seiner Vorstellung im Mai. © Jan Huebner

Die Löwen-Spieler legen Grundlagen, Headcoach Matti Tiilikainen tritt an - und kann schon einiges dazu sagen, wie er am Frankfurter Eishockey arbeiten will.

Frankfurt -Mit Eishockey hat das alles noch nicht so furchtbar viel zu tun, so ist das in der Vorbereitung. Selbst wenn zwischendrin Holzkugeln auf ein Tor geschlagen werden, zur Abwechslung. Aber jetzt war bei den Frankfurter Löwen eben Grundlagenarbeit angesagt, auch nicht auf dem Eis, sondern in der Leichtathletikhalle in Kalbach. Sprints, Sprünge, Gewichte stemmen, zwischendrin auch mal eine Art sportliches Tic Tac Toe spielen: Mit einem Gitternetz aus Stäben, in das zwei Gegner mit flotten Läufen rote und weiße Hütchen in eine Dreierreihe zu setzen versuchen, da lässt sich kaum einer austricksen. Während das Trainerteam die Woche über immer wieder zum Austausch hinten im Besprechungsraum zusammensitzt.

„Der Juli ist noch ein friedlicher und auch ein interessanter Monat“, sagt Matti Tiilikainen. Der neue Headcoach des Erstligisten ist vor einigen Tagen in Frankfurt eingetroffen, oder besser: Dorthin zurückgekehrt, wo er von 2018 bis 2020 schon hauptverantwortlicher Trainer war. Nun ist das Trainerteam neu sortiert, in dieser Form hat man noch nicht zusammengearbeitet. „Es ist gut, dass wir jetzt Zeit haben, uns kennenzulernen, darüber zu sprechen, wie wir trainieren und spielen wollen“, meint der mit seinen 35 Jahren immer noch vergleichsweise junge Trainer. „Das hängt natürlich sehr vom Headcoach ab, da brauchen die anderen Informationen von mir. Aber ich will auch die Informationen von ihnen, damit wir eine gute Mischung finden.“

Und wie will der Headcoach spielen lassen? Tiilikainen lacht und versucht es möglichst kurz zu halten. „Wir wollen ein Team sein, das schwer zu schlagen ist. Wir wollen hart kämpfen, mit großem Herzen. Wir wollen, dass unsere Spieler geschickt, fähig und kreativ sind, wir wollen offensiv gut sein. Aber wenn du erfolgreich sein willst, brauchst du auch eine gute Defensive, Teamwork und natürlich eine gute Struktur“, erklärt er auf der Kalbacher Tribüne, während unten noch einige Löwen unter Anweisung des neuen Assistenzcoaches Janne Kujala auf Heimtrainern strampeln.

Eishockey sei ein sehr komplexer Sport, die schnellste Mannschaftssportart der Welt, fährt Tiilikainen fort. Mit viel mehr zufälligen Ereignissen als beispielsweise im Fußball, viel mehr Tempo, kürzeren Wegen von Tor zu Tor. „Vieles muss deshalb automatisch passieren. Das braucht aber Zeit und Training.“ Und ist eine Frage von Prinzipien. „Wir wollen Verhaltensweisen herausbilden, die uns helfen zu gewinnen“, erklärt Tiilikainen und nennt Fragen dazu: „Wie wollen wir trainieren? Wie wollen wir umschalten zwischen Defensive und Offensive? Haben wir als Verteidiger die Lücken unter Kontrolle, kommen die Angreifer richtig mit zurück? Wie helfen wir dem Torwart? Wie werden wir vor dem gegnerischen Tor gefährlich?“

Feste Vorgaben, nötige Freiheiten

Die Prinzipien seien die Basis, die ganzen Details kämen dann dazu, führt er aus. Wie man etwa hart forecheckt, aber trotzdem die Kontrolle behält, um sich nicht von einem Pass aushebeln zu lassen. Einen Zwei-gegen-Eins-Konter kreiert. Oder Dreiecke bildet, um Anspielstationen zu haben. Den Spielern etwas an die Hand geben, ihnen helfen, das komplexe Spiel zu vereinfachen.

Dafür, so Tiilikainen, gäbe es nur eines: Trainieren, trainieren, trainieren. „Die Spieler brauchen diese Puzzlestücke. Es macht ihr Leben einfacher, wenn sie wissen wie wir forechecken“, sagt der Löwen-Trainer. Gleichzeitig weiß er um die Notwendigkeit der richtigen Balance solch fester Vorgaben mit Freiheiten. „Wir brauchen Prinzipien, Strukturen, Systeme. Aber wir müssen den Spielern die Freiheit geben, ihr bestes Hockey spielen zu können“, sagt er, das ist für ihn eine spannende Frage. Zumal es im Hockey mehr und mehr so sei, dass es keine festen Positionen mehr gebe. Selbst im Powerplay, wo früher jeden seinen angestammten Platz hatte und jetzt viel mehr Bewegung sei. Oder man sich frage, wie die Verteidiger offensiv werden können, nicht nur von der blauen Linie.

Die Herausforderung lautet insgesamt: Wie im ersten Jahr nach dem Aufstieg, mit Platz zehn und einem bemerkenswerten souveränen Klassenerhalt, werden es die Löwen in den allermeisten Spielen mit besser bezahlten und naturgemäß nominell oft besser besetzten Gegnern zu tun haben. „Wir glauben an unsere Spieler, an unser System, an unsere Atmosphäre, dass das uns mehr bringt als Geld bringen kann“, hält Matti Tiilikainen dagegen. „Wenn jeder motiviert ist, jeder die gleiche Mission hat, wenn wir als Spieler und Trainer besser werden, können wir die anderen Teams schlagen.“ Dazu gehöre: Den jungen Spielern Chancen zu geben, sie weiterzuentwickeln. „Aber wenn wir gewinnen wollen, müssen unsere besten Spieler auch unsere besten Spieler sein.“

Mit den Verpflichtungen und dem Mix in seinem Kader ist der Trainer zufrieden, von neuen Führungskräften wie Ville Lajunen oder Maksim Matushkin und verheißungsvollen Talenten wie dem nach seinem bemerkenswerten NHL-Draft in einem Kurz-Camp der Detroit Red Wings weilenden Kevin Bicker. Während viele der eher älteren Löwen noch in der Weltgeschichte herumschwirren, auf eigene Faust sich vorbereitend. Und viele eher jüngere schon seit Mai in Kalbach in mehreren Phasen Grundlagen legen.

Nun stehen zwei Wochen Auszeit an, um den Kopf frei zu kriegen, den Körper zu regenerieren. Ende Juli geht es mit Fitnesstests weiter. Spätestens Anfang August treffen die letzten Löwen in Frankfurt ein, dann dürfen auch alle bald aufs Eis am Ratsweg. Und am 15. September beginnt die DEL-Saison, zu Hause gegen Iserlohn. „Wir haben eine Mission“, sagt Matti Tiilikainen, „aber dafür müssen wir viel, viel arbeiten“. Auch schon im friedlichen Juli, zumindest die Trainer.

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