Löwen ohne den letzten Biss

Das achte Spiel in 17 Tagen geht verloren: Die Löwen unterliegen gegen den Nachbarn aus Bad Nauheim in der Extraschicht.
Als Adam Mitchell mit schweren Schritten vom Feld stapfte, ließ sich der Besuch aus Bad Nauheim in der gegenüberliegenden Kurve der mit 6770 Zuschauern ausverkauften Eissporthalle am Ratsweg von den mit in die Nachbarschaf gereisten Anhängern feiern. Und als der Kapitän der Frankfurter Löwen am Sonntagabend zehn, 15 Minuten nach der letzten Sirene dann noch einmal aus der Kabine kam, um ein paar Worte über das Geschehene zu finden, dauerte die ausgelassene Siegesfeier der Gäste noch immer an – eine spontane Party, deren Anlass Mitchell wiederum ganz sportlich nahm. „Sie haben am Ende verdient gewonnen“, meinte der Löwen-Anführer nach dem 3:4 (1:2, 1:1, 1:0, 0:1) nach Verlängerung gegen den EC Bad Nauheim, große Vorwürfe wollte er sich und den Seinen wegen dieses verlorenen Nachbarschaftstreffens in der DEL 2 nicht machen. „Das war so ein echtes Derby. Beide Mannschaften haben super hart gekämpft“, meinte Mitchell. „Wir haben alles gegeben, jetzt sind alle platt.“
Für ihn galt das besonders: Eine Grippe hatte den Deutsch-Kanadier gebeutelt, da war er nicht der einzige Löwe. Selbst der großzügig besetzte Kader des Frankfurter Eishockey-Zweitligisten ist in der Terminhatz rund um Weihnachten und Silvester mit acht Spielen in 17 Tagen an Grenzen gekommen. Was freilich anderen Clubs in der Liga kaum anders ergeht – Bad Nauheim etwa kriegt seit Wochen keine drei Abwehrreihen voll und eilt trotzdem von Erfolg zu Erfolg. „Müdigkeit darf keine Ausrede sein“, betonte denn auch Frankfurts Headcoach Matti Tiilikainen. „Wir haben hart gekämpft, aber der letzte Biss hat gefehlt.“
Das konnte man so sagen, und das konnte man auch wörtlich nehmen. In der Verlängerung hatte Mitchell den Sieg auf dem Schläger, traf aber nur den Pfosten – ehe die in der letzten von fünf Minuten Extraschicht noch frischer wirkenden Bad Nauheimer durch Cody Sylvester entscheidend zuschlugen.
„Ich habe den Puck richtig getroffen und gedacht, dass er reingeht. Aber er ist dann vom Pfosten rausgesprungen statt rein ins Tor“, berichtete Mitchell, ohne lange zu hadern: „Wir wollen unsere Spiele natürlich gewinnen. Aber wir haben immerhin einen Punkt geholt. Damit können wir heute auch ein bisschen zufrieden sein.“ Auf gewisse Weise war dieses Hessen-Duell ja ein echtes Spitzenspiel, bezogen auf die jüngsten Bilanzen: Die Löwen hatten zuvor fünf Siege in Serie gefeiert, die Roten Teufel aus der Wetterau 22 von 24 möglichen Punkten geholt. Am Freitag mit dem 6:3 gegen Tabellenführer Ravensburg, jetzt noch gegen den Tabellenzweiten Frankfurt nachgelegt – so hat sich Bad Nauheim auf den fünften Rang vorgeschoben.
Den Löwen wiederum steckte ihr mühsam erkämpftes 2:1 in der Verlängerung im Spitzentreffen bei den Lausitzer Füchsen offenbar schwerer in den Knochen. Da hatte man ohne Mitchell und vier andere verletzte oder kranke Angreifer viel ackern müssen, dazu die siebenstündige Busfahrt zurück aus Sachsen durch die Nacht auf Samstag – das hatte Kraft gekostet. Bad Nauheim kam zwar nicht so oft an den Puck, spielte dann aber schnell und schnörkellos nach vorne, mit dem Selbstbewusstsein einer inzwischen ziemlich sagenhaften Siegesserie. Andrej Bires (16.), Dennis Reimer (19.) und erneut Bires (32.) drehten nach Tim Schüles Frankfurter Führung (5.) die Partie zugunsten der Gäste, Mathieu Tousignant (23.) und Max Eisenmenger (49.) glichen für die Löwen zwei Mal aus, ehe doch die Roten Teufel jubelten. Da konnte auch der Frankfurter Goalie Ilya Andryukhov nichts mehr machen, der beim 1:1 patzte, dann aber wiederholt stark parierte.
Das bessere Ende hatte sein Vorgänger Felix Bick für sich. Nach nur drei, vier Löwen-Monaten in die Wetterau zurückgekehrt, kam der Torwart nun in Bad Nauheimer Diensten an den Ratsweg. „Bicki ist ein super Kerl, der bei uns hart gearbeitet hat. Hier hat es nicht geklappt für ihn. Aber ich freue mich, dass er in Bad Nauheim wieder so gut spielt, das hat er auch heute gemacht“, fand Adam Mitchell auch da faire Worte – ehe der erschöpfte Löwen-Kapitän, unter der Woche mit Fieber und Bauchweh außer Gefecht gesetzt und nun trotz des Auslassens der Lausitz-Reise noch nicht wieder ganz hergestellt, sich endgültig zum Feierabend in die Kabine trollte.