Löwen verlieren dramatisches Spitzenspiel gegen Bietigheim 2:3

Es war nicht das beste Spiel der Saison, aber sicherlich eines der spannendsten, das die Löwen in der laufenden Saison bisher absolvierten. Am Ende verloren die offensiveren und druckvoller spielenden Löwen Frankfurt gegen Meister Bietigheim Steelers 2:3 (0:0, 1:2, 1:1).
Die 4873 Zuschauer waren vor allem auf den neuen Mann mit der Nummer 60 neugierig. Erst am Dienstag ist der russische Keeper Ilya Andryukhov aus Krasnojarsk in Sibirien nach Frankfurt gekommen. „Ich fühle mich wohl, die neun Stunden Zeitumstellung haben mir nichts ausgemacht. Ich habe gut geschlafen, bin bereit“, sagte der 28-Jährige vor seinem Premiere-Spiel. Mit dem aktuellen DEL2-Meister Bietigheim Steelers kam ein Gegner, der seine Fähigkeiten sorgfältig unter die Lupe nahm. Der erste Eindruck war gut. Der Torwart spielt ziemlich tiefstehend, sein breites Spreizen der Schoner erinnert vom Stil her ein wenig an den legendären NHL-Superstar Dominik Hasek aus Tschechien. Er ist gut ausgebildet, läuferisch stark, seine Fanghand ist sicher, er kann einen präzisen Pass spielen. Kleine Abstimmungsprobleme nach nur drei Tagen Training sind normal, beim 0:1 ließ er sich überraschen.
Aus vielen Playoff-Duellen wohlwissend um die Stärke des Gegners haben beide Teams in den ersten Minuten Respekt vor der anderen Mannschaft offenbart. Frankfurt spielte konsequent mit vier Reihen, Bietigheim mit nur drei. Andryukhov hatte seine erste Puckberührung nach nur 53 Sekunden gegen den bärtigen Riesen Shawn Weller, die erste richtige Bewährungsprobe ab der 5. Minute, als die Steelers nach Profts Foul zwei Minuten lang in Überzahl spielten. Einzige gute Chance der Löwen in der Anfangsphase hatte Matt Pistilli, doch der Ilya auf der anderen Seite, Namensvetter Sharipov, war zur Stelle, ebenso in der 11. Minute gegen Adam Mitchell. Je näher die erste Sirene kam, desto offensiver wurden die Löwen. Tim Schüle überwand nach einem schönen Rückhandpass von Ed Lewandovski schon den Torwart, doch der Puck ging an den Pfosten (15.). Kevin Maginot verfehlte nach einem tollen Pass von Brett Breitkreuz ganz knapp (17.). Dann musste aber Marius Erk wegen Stockschlags in die Kühlbox, Bietigheim kam im Powerplay auf. Der Puck lief gut durch die Reihen, Andryukhov verdiente sich erste „Ilya, Ilya“-Rufe. Kaum komplett, vergab Brett Breitkreuz eine große Chance. 30 Sekunden vor dem Drittel-Ende durften erstmals auch die Löwen mit einem Mann mehr spielen. Max Faber prüfte mit einem guten Schuss Sharipov, doch die Seiten wurden beim 0:0-Zwischenstand gewechselt.
Im zweiten Spielabschnitt machten die Löwen da weiter, wo sie aufgehört hatten. Nach einer tollen Kombination zwischen Matthieu Tousignant und Adam Mitchell hatte der Frankfurter Kapitän schon den Schläger jubeln erhoben, doch Sharipov rettete im letzten Moment (24.). Noch in derselben Minuten jubelten die Fans, nachdem Matt Pistilli den Puck ins Netz beförderte, doch das Tor wurde aberkannt, weil vorher da Spiel durch einen Pfiff unterbrochen wurde. Und dann, quasi aus dem Nichts, ging Bietigheim in Führung. Ein Foul gegen Frankfurt wurde angezeigt, Sharipov verließ das Tor, sechs Feldspieler der Steelers sorgten für einen Wirbel. Und Shawn Weller macht mit einem verdeckten Verlegenheitsschuss aus spitzem Winkel, der am verdutzen Löwen-Goalie vorbei ins lange Eck rutscht, das 0:1.
Nach diesem überraschenden Rückstand haben die Löwen kurzfristig ihre Linie verloren. Bis zum Ausgleich in der 30. Minute, den Antti Kerälä genial besorgte. Zweimal täuschte er den Schuss an, Sharipov reagierte und der Finne tanzte den Keeper seelenruhig aus. Ein technisches Kabinett für Feinschmecker. Die Freude dauerte nicht lange. Erst haben die Unparteiischen einen Faustschlag von Benjamin Hüfner gegen den Löwen-Keeper nicht geahnet, dann fiel Sekunden später der erneute Führungstreffer der Gäste. Wieder durften die Bietigheimer in der Frankfurter Zone kombinieren wie sie wollten. Der völlig freie Alexander Preibisch überwand Andryukhov (34.), der nur Sekunden später artistisch gegen den ebenfalls frei gelassenen Matt McKnight rettete. Das Spiel bekam immer mehr Rasanz, beide Teams spielten nun offensiv, was hüben wie drüben Chancen eröffnete. Dabei deckten die Gäste den Raum vorm eigenen Tor ein wenig besser ab.
Und so gingen die Frankfurter trotz mittlerweile 31:19-Schüssen mit einem Rückstand in die Kabinen. Alle bis auf Andryukhov. Der „russische Bär“ fuhr stattdessen zur verwaisten Auswechselbank, nahm die Füße hoch und relaxte allein für sich einige Minuten in der Halle, bevor er doch noch zu seinen Mitspielern in die Kabine fuhr. Im Schlussdrittel verlebte er zunächst eine ruhige Zeit. Die Löwen belagerten das Tor der Steelers, der Ausgleich hing in der Luft. Und er fiel. In der 42. Minute durch den Goldhelm Adam Mitchell. Es war das 100. Tor der Löwen in der laufenden Saison. Es ging nun nur in eine Richtung. Bietigheim verlegte sich auf einige wenige Konter. Bei einem solchen rettete Andryukhov toll gegen Willie Corrin. Aber die Chancen der Löwen häuften sich. Ohne Sharipov wären die Gäste schon längst auf die Verliererstraße geraten. Mitten in die Drangperiode fiel aber eine Strafzeit gegen Tim Schüle, die das Spiel erneut auf den Kopf stellte. Norman Hauner erzielte in Überzahl das 2:3 (54.). Zweieinhalb Minuten vor Schluss nahmen die finnischen Trainer den Torwart vom Eis. Die sechs Löwen belagerten das Steelers-Tor, Daniel Spang verfehlte nur knapp, Profts und Fabers Schüsse wurden von Sharipov gehalten. Doch alles half nicht. Bietigheim siegte 3:2.