Löwen ziehen sich achtbar aus der Affäre

Bei DEL-Tabellenführer München halten ersatzgeschwächte Frankfurter das Spiel lange offen. Die knappe Niederlage ist aller Ehren wert - so dass man sich hinterher fast schon über Details ärgern kann statt mit der zu befürchtenden Abfuhr heimzufahren.
München Vor der Abreise zu einer ziemlich unmöglichen Mission kam prominenter Besuch in die Eissporthalle am Ratsweg. Per Mertesacker, Fußball-Weltmeister von 2014, will sich in der Adventszeit zu Hause in Hannover bei einem Benefizspiel im Eishockey versuchen, und weil der einstige Innenverteidiger gerade in Mainz weilt, um als Experte fürs ZDF die aktuellen WM-Spiele in Katar zu erklären, lag es nahe, sich einmal im Training der Frankfurter Löwen in der ungewohnten Disziplin einzuüben. Angesichts der heftigen Verletzungsserie wiederum könnte der Aufsteiger in die erste Klasse des deutschen Eishockeys gerade Verstärkung gut gebrauchen. Da freilich war Mertesacker keine Hilfe und es viel wichtiger, dass Carter Rowney doch in den Bus steigen konnte. Für eine Überraschung reichte es bei DEL-Tabellenführer Red Bull München trotzdem nicht. Statt einer zu befürchtenden Klatsche aber verloren die Löwen am Sonntagnachmittag nur mit 2:3 (0:0, 0:2, 2:1), hielten das Spiel bis zuletzt offen und zogen sich achtbar aus der angesichts der vielen Ausfälle sehr schwierigen Affäre.
„Den Charakter zeigen wir schon die ganze Saison“, sagte Assistenztrainer Jan Barta hinterher bei Magentasport zu dem couragierten und geschlossenen Auftritt der verbliebenen Löwen. „Auch in der Einstellung auf das Spiel versuchen wir immer was rauszuholen. Das haben die Jungs gut gemacht.“ Tatsächlich stürmten die ersatzgeschwächten Gäste bei Münchner Meisterschaftsanwärtern mutig nach vorne. Im ersten Drittel sie verblüffenderweise fast die bessere Mannschaft, 12:5 Schüsse legten diesen Eindruck auch statistisch nahe.
Insgesamt mischten sie so gut mit, dass sie sich hinterher über Details ärgern konnten statt mit einer Abfuhr heimzufahren - was nicht unerwartet gekommen wäre. So ließen die Löwen fünf Überzahlzeiten ungenutzt und es überhaupt an Effizienz mangeln. Sonst wäre vielleicht sogar wieder eine Sensation möglich gewesen wie beim begeisternden Sieg im Penaltyschießen daheim gegen München Ende September, in voller Besetzung. „Wir treffen im Moment nicht so viel wie am Anfang, Aber die Saison ist noch lang, und es ist ganz viel Potenzial in der Truppe“, meinte Barta, und: „Wenn die anderen zurückkommen, wird es wieder ganz anderes Eishockey.“
Vor 4910 Zuschauern in München fehlten mit Brendan Ranford, Rylan Schwartz, Brett Breitkreuz, Ryon Moser und Carson McMillan fünf Stürmer verletzt und mit Ryan Olsen einer nun noch einmal gesperrt, zudem Verteidiger Reece Scarlett und diesmal auch der leicht angeschlagen geschonte Goalie Jake Hildebrand. So kam dessen Vertreter Bastian Flott-Kucis zu seinem vierten Saisoneinsatz, den er auch gut absolvierte, und beispielsweise der junge Verteidiger Paul Reiner zu siebeneinhalb Minuten Eiszeit.
Mit Moral, mannschaftlicher Geschlossenheit und einem guten Matchplan brachte diese Rumpftruppe das Münchner Spitzenteam zeitweise ins Wanken. Zwar schossen Andreas Eder (22. Minute) und Daryl Boyle (35.) den Favoriten mit 2:0 in Führung, Christopher DeSousa (53.) besorgte das 3:1. Chad Nehring (45.) und Kevin Maginot (55.) sorgten aber mit ihren Toren dafür, dass es bis zum Schluss spannend blieb.
Ein Grund zur Erleichterung war schon vorher gewesen, dass es Löwen-Anführer Carter Rowney beim 3:4 nach Penaltyschießen am Donnerstag gegen Straubing nicht auch schlimmer erwischt hatte. Zumal es das Programm in sich hat, mit dem Empfang der Erzrivalen von den Adlern Mannheim am Dienstag (19.30 Uhr) als nächstem Höhepunkt. Ob jemand aus dem Lazarett zurückkehrt? „Das kann ich noch nicht sagen“, meinte Co-Trainer Barta, tatsächlich dürfte außer Hildebrand bis dahin wohl keiner wieder einsatzfähig sein. Olsen darf dann Donnerstag in Köln zurück aufs Eis, Moser könnte vielleicht am Sonntag gegen Berlin wieder stürmen - und die restlichen Löwen-Patienten sollten im Lauf der Adventszeit bis zum Ende des Jahres ihre Comebacks geben können. So viel aber wusste Barta schon am Sonntag in München, kurz nach der letzten Sirene: „Gegen Mannheim“, betonte er, „wird es immer ein ganz besonderes Spiel. Da wächst bestimmt der eine oder andere über sich hinaus.“