Das sagt der DEL2-Chef zum Saisonstart

Die Gesamtentwicklung der Deutschen Eishockey-Liga 2, der Fall Bayreuth, die Zusammenarbeit mit der DEL, die Förderung im Nachwuchsbereich, ein Jubiläum unter dem Radar und der Vergleich mit den zweiten Ligen in Europa: DEL2-Geschäftsführer Rene Rudorisch bezieht Stellung.
Herr Rudorisch, wie blicken Sie auf die Jubiläumssaison der DEL2 zurück? Gab es Highlights, welche Ihnen besonders im Kopf blieben?
Highlights in jeder Saison sind vor allem die Endrundenspiele. Mit einem Zuschauerschnitt von über 3200 Fans pro Partie in den Playoffs hatten wir hier tolle Duelle mit teilweise vollen Arenen. Alle Finalspiele waren ausverkauft. Aber auch die über 8000 Zuschauer in Krefeld zu deren Heimspielen waren eine tolle Erfahrung für uns als Liga. Insgesamt lebte auch die zehnte DEL2-Saison von hochklassigem Eishockey und einer spannenden sowie engen Saison. Hinzu kommt natürlich die Meisterschaft der Ravensburg Towerstars und die Meisterfeier vor den eigenen Fans. Auch das sind jedes Jahr tolle Highlights, die man nicht vergisst.
Wie überraschend war für Sie das krachende Aus der Kassel Huskies im Playoff-Halbfinale nach der nahezu makellosen Hauptrunde?
Nach der starken Vorrunde mit Punkterekord in der DEL2 konnte man das sicher nicht zwingend in der Form erwarten. Insofern war das schon überraschend. Allerdings ist das unser Sport und Modus. Die Playoffs sind etwas Besonderes und können eine Eigendynamik entwickeln. Im EC Bad Nauheim haben sie dabei mental und am Ende auch sportlich ihren Meister gefunden.
Die DEL2 geht nun in ihre elfte Saison. Wie zufrieden sind Sie mit der generellen sportlichen Entwicklung der Liga im Laufe der Zeit?
Wir können sehr zufrieden mit der Entwicklung unserer Liga sein. Wir haben jedes Jahr über 52 Spieltage einen packenden Wettkampf, der immer wieder Überraschungen bereithält und meist bis zum letzten Spieltag umkämpft ist. Das zeugt von der Arbeit der Clubs und ihrer Teams. Gleiches gilt für die sportliche Qualität, die sich mehr und mehr auch in den Akteuren widerspiegelt, die den Weg in unsere Liga finden oder hier die Chance als Sprungbrett für Europa nutzen. Wir sind eine hochwertige Zweite Liga geworden, die auch den Vergleich in Europa nicht scheuen muss.
Wie sehen Sie die Entwicklung der DEL2 im Vergleich zu anderen zweitklassigen Eishockeyligen in Europa? Ist der Blick in die Schweiz, nach Schweden oder Finnland einer, den Sie öfter mal werfen?
Vor allem der Blick nach Schweden ist in unserem Interesse. Zuschauermäßig ist die zweite schwedische Liga mit knapp über 2800 Zuschauern pro Spiel sehr konstant. Vor Corona konnten wir in der DEL2 ein größeres Interesse feststellen. In der vergangenen Saison hat sich Schweden wieder durchgesetzt. Unser Ziel ist es, auf europäischer Ebene die stärkste Zweite Liga zu werden. Da misst man sich natürlich vor allem mit der schwedischen Liga. Uns interessieren auch die Entwicklungen in anderen Ligen. Allerdings haben wir uns gegenüber den Zweiten Ligen in der Schweiz und Finnland bereits gut behauptet.
Verloren hat die Liga den sportlichen Absteiger Heilbronn und später im Sommer nach der Lizenzverweigerung die Bayreuth Tigers. Bitter für Heilbronn, dass man nun die Zweitklassigkeit verliert, weil die Liga nun ohne Übergangssaison die Sollstärke von 14 Teams erreicht hat?
Jedes Ausscheiden eines Teams ist bitter; ür den Standort und für die Fans als auch für uns als Liga. Klar ist, dass bei Heilbronn erschwerend hinzukommt, dass ihr ›Finalgegner‹ in den Playdowns dann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die neue Saison nicht nachweisen konnte. Allerdings muss man dies in der Reihenfolge nachgeordnet betrachten. Erst kommt die sportliche Qualifikation, dann die wirtschaftliche. Ärgerlich ist, dass in einer ›normalen‹ Saison Heilbronn die Chance gehabt hätte, als wirtschaftlicher Nachrücker das 14. Team zu stellen, sofern man die wirtschaftlichen Voraussetzungen hätte nachweisen können.
Wie groß waren die Schwierigkeiten für die DEL2-Clubs im Sommer, die durch das Schiedsgericht-Verfahren zum Fall Bayreuth und die damit um ein paar Wochen verzögerte Spielplan-Erstellung entstanden?
Mit einem solchen Thema hat man als Liga immer größere Schwierigkeiten. Zum einen verzögert es den gesamten Prozess der Saisonvorbereitung, schafft ein wenig Unsicherheit. Und zum anderen sind solche Prozesse immer arbeitsintensiv für alle Beteiligten. An dieser Verzögerung arbeiten wir auch aktuell noch, aber grundlegend wird sich dies im Verlauf des Saisonstarts wieder einholen.
Einen Club aus finanziellen Gründen zu verlieren, ist nie schön. Wie würden Sie den Fall Bayreuth auf wenige Kernpunkte zusammenfassen?
Letztendlich geht es in unserer Clublizenzprüfung darum, den für den Spielbetrieb qualifizierten Clubs zu bescheinigen, dass sie wirtschaftlich gemäß unserer Vorgaben in der Lage sind, eine DEL2-Saison komplett abzubilden. Dies gelang dem Standort Bayreuth, trotz bescheinigter großer Bemühungen, nicht. Der Standort hat in den letzten zwei Jahren viel investiert, aber im Endeffekt zu viele Einbußen, unter anderem im Bereich des Ticketings, vor allem in der letzten Saison, gehabt. Zudem war man zu optimistisch bei den Planungen der neuen Spielzeit, was unter dem Strich mit unseren Vorgaben für die Lizenzprüfung nicht zusammenpasste. Alles in allem war für den Aufsichtsrat und mich die finale Entscheidung dann alternativlos.
Nachdem es letztes Jahr mit Dresden, Krefeld und Kassel drei aufstiegsberechtigte Clubs gab, wovon kein einziger ins Playoff-Finale kam, gibt es dieses Jahr vier Teams (die drei genannten und Bietigheim). Sind Sie besorgt, dass ein Fall wie 2023 im kommenden Frühjahr erneut eintreten wird?
Unbesorgt sicher nicht, denn unsere Liga ist, was den sportlichen Verlauf angeht, teilweise unberechenbar, und wir werden immer mal wieder Überraschungen erleben. Am Ende sind wir ja sogar stolz darauf. Aber ich glaube auch, dass eine solche Saison wie die letzte gerade den Aufstiegsaspiranten immer lehrreich vor Augen hält, auf was es am Ende ankommen kann. Insofern bin ich wiederum überzeugt, dass das eine oder andere Team im Saisonverlauf Dinge versucht zu verändern, um das Potenzial der Mannschaft vor allem am Ende der Saison hochzuhalten.
Welcher Club könnte in Ihren Augen die Überraschungsmannschaft 2023/24 stellen?
Wie jedes Jahr um diese Zeit ist es für mich persönlich zu früh, um sportliche Prognosen abzugeben. Aufgrund der vielfältigen Themen im Sommer gelingt es mir erst mit Hauptrundenbeginn, mich stärker im sportlichen Bereich zu orientieren. Ich bin überzeugt, dass wir erneut eine extrem ausgeglichene Saison im Kampf um den Klassenerhalt und den Einzug in die Playoffs erleben werden. Vor allem die Teams im hinteren Bereich der Tabelle der letzten Saison könnten weiter aufschließen und damit die Spannung noch weiter erhöhen.
Apropos erhöhte Spannung: Aus welchem Grund hat sich die Liga für ein neues Playdown-Format entschieden, das kontrovers diskutiert wird? Woher kam überhaupt die Idee zu diesem völlig neuen Ansatz?
Wir wollten die Wertigkeit der Platzierung am Ende der Hauptrunde, vor allem bei der Frage des Abstiegs und damit des Ausscheidens aus der Liga, erhöhen. Ein besser platziertes Team soll die Möglichkeit haben, den Klassenerhalt etwas einfacher zu erreichen, als ein Team, das in der Hauptrunde schlechter platziert ist. Daraus entstanden ist dieser Vorschlag, dem die Gesellschafter der Liga mehrheitlich zugestimmt haben.
Frank Kottmann, Aufsichtsratsvorsitzender der DEL2, sagte, dass die Verzahnung auch im wirtschaftlichen Bereich zwischen der DEL2 und der DEL noch besser werden könnte - Stichwort Ligasponsoren. Gibt es dabei Fortschritte bzw. Gespräche mit der Ersten Liga dazu?
Ich bin ebenso überzeugt, dass eine noch stärkere Verzahnung unseres Sports, sowohl in Richtung DEL als auch in Richtung DEB, nur von Vorteil sein kann. Die DEL2 leistet seit Jahren eine positive Arbeit für die gesamte Sportart. Ich erinnere dabei vor allem an die U21-Regelung zur Einbindung junger Spieler in unseren Sport sowie die Talent- und Standortentwicklung, die Event Games zur Präsentation unseres Sports, das jährliche sehr erfolgreiche Perspektiv-Camp und das generelle Auftreten als geschlossene und erfolgreiche Liga. Dieses Potenzial kann und sollte man bündeln, um die Sportart auch übergreifend zu unterstützen und zu entwickeln. Nach wie vor könnte dies aber besser laufen, denn hin und wieder hat man den Eindruck, dass DEB und DEL zu viel Respekt vor der Entwicklung unserer Liga haben, als uns generell in Überlegungen und Entwicklungen zu involvieren. Insofern ist es aktuell noch zu früh, von Fortschritten zu sprechen. Aber unser Interesse wird immer darin bestehen, die Geschlossenheit zu fördern.
Lassen Sie uns kurz auf den Eishockey-Nachwuchs in Liga zwei blicken: Wie gut gehen die Clubs mit der Förderung von Nachwuchsspielern um - und was könnte oder müsste noch verbessert werden?
Nachwuchsarbeit und die Förderung talentierter junger Spieler wird bei uns, nicht auch zuletzt aufgrund unseres Regelwerkes, großgeschrieben. Wir haben viele talentierte U24-, aber auch U21-Spieler bei uns, die jedes Jahr viel Eiszeit in unserer Liga und zusätzlich oftmals bei Kooperationspartnern sammeln. Ich bin überzeugt, trotz regelmäßiger Diskussionen, dass das Regelwerk dazu sehr gut ist und kontinuierlich weiter erhalten werden sollte. Das zeigt im Übrigen auch ein regelmäßiger Blick auf die Nationalmannschaften, denn hier sind einige Akteure ihren Weg über die Nachwuchsanforderungen im DEL2-Spielbetrieb gegangen, was ihnen Erfolg in ihrer Entwicklung gebracht hat. Exemplarisch muss man in diesem Zusammenhang die hervorragende Arbeit am Standort Kaufbeuren erwähnen. Hier werden diese Themen qualitativ gelebt.
Das U21-Förderkonzept geht in seine fünfte Saison. Wie akzeptiert sind die standardisierten Verträge inzwischen? Sehen Sie noch Anpassungsbedarf bei der U21-Regelung?
Die Akzeptanz in der Liga ist hoch, außerhalb der Liga bedarf es immer noch Aufklärungsbedarf zu diesem aus meiner Sicht Erfolgsmodell. Die Eiszeiten der jungen Spieler und deren sportliche Entwicklung geben dem Regelwerk und unserer Philosophie recht. Es setzt sich zunehmend durch, dass wir mit der U21-Regelung zukünftige DEL-U23-Spieler oder stabile U24-Spieler für unsere Liga entwickeln. Genau das ist unser Anspruch, und dafür sind die standardisierten Einstiegsverträge perfekt - ebenso die Verpflichtung, diese Spieler nicht nur unter Vertrag zu nehmen, sondern auch einzusetzen.
Wie froh waren Sie, dass man während der letzten Saison keine coronabedingten Spielverlegungen oder Absagen hatte? Wie viel entspannter machte das auch die Arbeit in Sachen Organisation des Spielbetriebs?
Natürlich sind wir sehr froh, dass die Corona-Pandemie überstanden wurde. Nichts ist für einen regulären Spielbetrieb schlimmer als coronabedingte Einschnitte. Auf jeden Fall hat sich die letzte Saison schon wieder viel normaler angefühlt, auch was den operativen Ablauf anging.
1973/74 fand die erste Saison in der 2. Eishockey-Bundesliga statt - das jährt sich nun also zum 50. Mal! Ist diesbezüglich etwas Besonderes geplant?
Dieses Datum hatten wir ehrlich gesagt noch gar nicht so richtig im Blick. Vor allem auch, weil in den früheren Jahren die Struktur im deutschen Eishockey immer auch ein wenig wechselte. Für uns startete die ESBG mit der 2. Liga 2001. Aber sicher kann man darüber nachdenken, die 50 Jahre auch im Rahmen unseres Großevents mit zu würdigen.