Der Mannschaft fehlt es an Erfahrung
(mro). A lle Jahre wieder pausieren die Handball-Profiligen, da im jährlichen Wechsel entweder eine EM - oder wie jetzt - eine WM ansteht. Etwas Durchschnaufen also, nachdem der Dezember wieder einmal vollgepackt war mit fünf Spieltagen bis zum Jahresabschluss am 2. Weihnachtsfeiertag. Damit sind schon wieder 18 Spieltage absolviert, sodass mit dem Wiederbeginn Anfang Februar die Vorrunde abgeschlossen wird.
Der heimische Zweitligist TV 05/07 Hüttenberg startet zwar am ersten Februar-Wochenende in ein sicher spannendes Wettkampfjahr 2023. Das Gastspiel beim ukrainischen Meister HC Motor Zaporizhzhia, der seine handballerische Heimat in dieser Saison in Düsseldorf hat und von der HBL in einer Solidaraktion im Sommer in die 2. Liga integriert wurde, sieht Trainer Johannes Wohlrab aber noch als Bestandteil der Vorbereitung.
Routine : Im Sommer sind mit Co-Trainer Stefan Kneer, der aufgrund der Verletzungsmisere doch noch zweimal das Trikot überstreifen musste, und Christian Rompf Spieler mit unfassbarer Erfahrung in den Handball-Ruhestand verabschiedet worden. Zudem machte Dominik Mappes deutlich, dass er dann doch zu stark für die 2. Liga ist und verabschiedete sich nach Gummersbach. Qualität und Routine, die der TVH mit dem zweitjüngsten Team der Liga natürlich nicht zu 100 Prozent kompensieren kann. Erst recht, da der nun einzige Ü30-Spieler Timm Schneider aufgrund seiner in der Vorsaison in Gummersbach erlittenen Knieverletzung erst am achten Spieltag eingreifen konnte.
Verkehrte Welt: Auswärts hui - zu Hause pfui. Bis zum 13. Spieltag galt diese außergewöhnliche Gleichung für die Blau-Weiß-Roten. Die heimische »Festung« der Vorsaison ist noch nicht wieder aufgebaut. Bedingt allerdings auch durch den Spielplan, der vorsah, dass zu Rundenbeginn vier ambitionierte Teams im Sportzentrum vorstellig wurden und die Punkte entführten. Dagegen trumpfte die Wohlrab-Sieben in fremden Hallen erstaunlich unbekümmert und abgezockt auf mit unter anderem einem Unentschieden in Eisenach oder einem Triumph in Dessau. Wohlrab versprach aber nach der 30:31-Niederlage an Weihnachten gegen Essen den versammelten Sponsoren und Gönnern: »Wir werden wieder eine Heimmacht, die ihr Herz auf der Platte lässt.«
Steigerungspotenzial: Mit der Verpflichtung von Leonard Grazioli mit Zweitspielrecht von Kooperationspartner HSG Wetzlar hatten sich die Hüttenberger Verantwortlichen mehr Konstanz auf der Torwartposition erhofft, nachdem Dominik Plaue in der Rückrunde der Vorsaison seine starke Hinserie nicht bestätigen konnte. Bisher konnte der Schweizer Nationalkeeper Grazioli aber im Zusammenspiel mit seinen neuen Vorderleuten noch nicht die Erwartungen erfüllen. 42 Prozent gehaltener Bälle gegen Essen zum Jahresabschluss zeigen dennoch sein Potenzial auf der Linie. Ihm fehlt noch die Konstanz, sodass der TVH aktuell die sechstschlechteste Abwehr der Liga stellt. Defensiv müssen die Mittelhessen unbedingt eine Schippe drauflegen. Denn Ballgewinne als Basis für einfache Tore in der ersten und zweiten Welle sind unabdingbar.
Ausfälle: Zeitweise fehlten Trainer Wohlrab fünf Spieler. Dies zu kompensieren, fällt jeder Mannschaft schwer. Vor allem, wenn diese Ausfälle auch noch in einer englischen Woche passieren. Speziell der Rückraum war besonders gebeutelt durch die Langzeitausfälle von Joel Ribeiro und Paul Kompenhans aufgrund ihrer Fußverletzungen und dem verspäteten Saisoneinstieg von Kapitän Timm Schneider. Aber auch ansonsten engten weitere zeitweise Ausfälle Wohlrabs Möglichkeiten ein. Lediglich Dauerbrenner Ian Weber und Youngster Niklas Theiß waren in allen 18 Partien dabei, wobei Linkshänder Theiß zuletzt verletzungsbedingt nur zu einem Kurzeinsatz kam.
Fazit: Dass Abschlussrang vier in der Vorsaison ein Ausschlag nach oben war und nicht einfach wiederholt werden kann, verwundert nicht. Die kurzzeitige Nähe zu den Abstiegsrängen konnte man mit einer Serie von drei Siegen Anfang Dezember abwenden. Dennoch ist es in dieser ausgeglichenen Liga für das selbst ernannte Original aus Mittelhessen unerlässlich, in jedem Spiel an das Optimum zu kommen, um sich in der oberen Tabellenhälfte festzusetzen. In der um Zaporizhzhia bereinigten und für Auf- und Abstieg relevanten Tabelle trennen den TVH mit seinen bisher erzielten 17:19 Punkten auf Rang elf nur sieben Punkte vom Tabellenzweiten Ludwigshafen. Der aktuell von Konstanz eingenommene erste Abstiegsrang ist aber auch nur sechs Minuspunkte entfernt. In dieser engen Konstellation kann ein kleiner Lauf schnell enorme Veränderungen im Ranking bewirken. Dem TVH dürfte vor allem eine verletzungsfreie Rückrunde helfen.