1. Startseite
  2. Sport
  3. Lokalsport

Die Eintracht in Nieder-Weisel: »Mehr Wetterau - weniger Asien«

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christoph Sommerfeld

Kommentare

_1652-7504-22_040722_4c_3
Rund 3000 Zuschauer sehen bei sengender Hitze alles andere als einen Sommerkick. Die Eintracht hält den Druck über 90 Minuten hoch. Jannik Hesse (Nieder-Weisel) fährt in dieser Szene dem Frankfurter Jesper Lindström (l.) in die Parade. © Timo Jaux

Festtag in Nieder-Weisel: Zur Jubiläumsfeier des Sportvereins ist Eintracht Frankfurt mit den Profis da und begeistert 3000 Zuschauer. Die Kreisoberliga-Kicker genießen das einmalige Erlebnis.

An Werktagen wird Frankfurt durch die vielen Berufspendler zur Millionen-Metropole. Die Menschenmasse steigt tagsüber auf das etwa eineinhalbfache der Einwohnerzahl an. So ähnlich erging es auch dem Butzbacher Stadtteil Nieder-Weisel am Samstag. Etwa 3000 Besucher waren im 3500-Seelen-Ort, um den Testspielauftakt der Frankfurter Eintracht zu sehen und zu erleben. »Mehr Wetterau, weniger Asien«, erklärte Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann vor der Begegnung und machte klar, warum der Europa-League-Sieger seine unlängst gestartete Kampagne »Eintracht in der Region« genannt hat.

Der SV Nieder-Weisel, der am Wochenende sein 100-jähriges Bestehen feierte, erhielt die Spielzusage aus Frankfurt zum Nulltarif und darf sich nach monatelanger Planung und dem samstäglichen Einsatz von ca. 140 Helfern über einen warmen Geldsegen durch Eintritt und Verkauf freuen. Sportlich gesehen kann die Eintracht mit dem deutlichen 14:0 (6:0)-Erfolg recht zufrieden sein. Zu erleben gab es rund um die Begegnung aber weit mehr…

Fahrrad hoch im Kurs - Da der Parkplatz neben dem Sportgelände am Wiesengrund durch das Festzelt blockiert war, machten sich die anreisenden Autofahrer in den mit Birkenästen dekorierten Gässchen von Nieder-Weisel auf die Suche nach einer Stellfläche. Viele Fans nutzten aber auch das Rad. So auch Florian Langstrof aus Nieder-Mörlen. Der ist Eintracht-Fan, seitdem er denken kann. »Einen besonderen Spieler habe ich nicht im Auge. Die Spieler kommen und gehen. Man ist ja dem Verein verbunden.«

Frühstück bei Basti Volp - Zur Einstimmung auf einen ganz besonderen Tag trafen sich die SVN-Kicker am Samstagmorgen schon bei Sebastian Volp zu Hause zum Frühstück. Es gab Würstchen, Brötchen, Obst und Apfelschorle. »Einige sind vor Ort sogar noch vom Physiotherapeuten behandelt worden, damit auch alles passt vor dem großen Spiel«, verriet Mathieu Wolf, der in der ersten Hälfte ran durfte und es mit den besten und erfahrensten Profis aus dem Eintracht-Kader zu tun bekam.

Götze pausiert - Eine kleine Enttäuschung erlebten die kleinen und großen Fans, als der Platzmoderator von FFH verkündete, dass Eintracht-Königstransfer Mario Götze nicht mit von der Partie sein könne - offizielle Begründung: muskuläre Probleme, Belastungssteuerung. »Der Muskel hat gestern ein bisschen gezwickt. In diesem Fall wollten wir kein Risiko eingehen«, gab Trainer Glasner zu verstehen. Der Weltmeister von 2014 kam dennoch zum Autogramme schreiben in die Wetterau, zeigte sich den vielen Besuchern eine Halbzeit lang und düste dann im Privat-Pkw wieder fort.

Auf Autogrammjagd - Joline Kling und ihre Freundin Malen Kahlert aus Rockenberg hatten sich schon sehr auf Mario Götze gefreut, harrten aber nun mit ihren selbst gemalten Plakaten gespannt am Absperrzaun hinter der Eintracht-Bank aus. »Ich freue mich trotzdem, weil er so jetzt auf der Bank direkt vor uns sitzt und vielleicht ein Autogramm schreibt. Vielleicht hat er ja auch ein Trikot dabei und schenkt es mir«, frohlockte Joline Kling.

Smalltalk mit Chandler - Den rechten Teil der Flügelzange im offensiven Frankfurter 3:4:3-System bildete in Halbzeit eins Timothy Chandler. Der in Altenstadt aufgewachsene Deutsch-Amerikaner fand immer wieder mal Zeit, mit seinen Nieder-Weiseler Gegenspielern zu plaudern, wenn der Ball gerade ruhte. »Wir haben uns kurz über den Rasen unterhalten. Da sind die Jungs ja anderes gewöhnt. Aber das war total sympathisch von ihm, gar nicht arrogant. Timmy ist ja für seine Fannähe bekannt. Er kennt keine Starallüren«, berichtete Mathieu Wolf. Und auch Vincent Reiter, Startelf-Keeper beim SVN, verriet in der Pause am FFH-Mikro freudig: »Nach einem Schuss hat er kurz ›klasse gehalten‹ zu mir gesagt. Das sind natürlich Geschichten, die man irgendwann noch seinen Enkeln erzählen kann.«

Erinnerungen an 1996 - Eine erfrischende Anekdote hatte Steffen Zitzwarek parat. Der Oppershofener hatte sich mit seinen Kumpels im Schatten einen Platz gesucht, schaute seinem kleinen Neffen Anton zunächst beim Einlaufen mit den Profis zu und geriet während der Partie ins Plaudern. »Ich war schon 1996 beim ersten Eintracht-Auftritt in Nieder-Weisel am Sportplatz. Damals hat der Frankfurter Teambus bei uns in der Wiesenstraße vor der Haustür geparkt. Das Spiel hat mich als E-Jugendlichen eigentlich nicht so sehr interessiert. Wir wollten lieber selbst neben dem Platz kicken. Trotzdem habe ich 13 Autogramme gesammelt.«

Dynamik und Schnelligkeit - Wie immer, wenn eine auf Kreisebene spielende Mannschaft gegen Profis antritt, ließen sich Unterschiede vor allem in der Schnelligkeit erkennen. Florian Krimmel, in Halbzeit zwei für Nieder-Weisel auf dem Platz, entdeckte weitere Gegensätze. »Wenn ich meinem Gegenspieler in einer KOL-Partie beim Kopfballduell einen kleinen, aber erlaubten Schubser gebe, dann hole ich den Kopfball locker. Hier funktioniert das nicht. Der Frankfurter ist dann trotzdem noch da, eng am Mann und behauptet sich im Zweikampf.«

Im Stenogramm / SV Nieder-Weisel: V incent Reiter (50. Benedic Klas (80. Stefan Gros)); Jannik Hesse (63. Elmedin Tairi), Mathieu Wolf (50. Yannik Schäfer), Pascal Rohe (63. Jan Saltenberger), Marc Göbel (63. Alexander Müller), Bennet Wittig (63. Julian Welker), Nils Werner (50. Moritz Hildebrand), Manuel Volp (63. Florian Krimmel), Sebastian Volp (50. Daniel Antmansky), Dominik Ruppel (63. Michael Grigorchuk), Christopher Wanzke (50. Timo Winter).

Eintracht Frankfurt, erste Halbzeit: Grahl; Tuta, Hasebe, Ndicka, Chandler, Wenig, Rode, Lenz, Kolo Muani, Alario, Lindström. / zweite Halbzeit: Ramaj; Onguéné, Otto, Gebuhr, Maqkai, Ghotra (73. Dejanovic), Loune, Schroeder, Ferri Julià, Paciencia, Alidou (73. Cassaniti).

Schiedsrichter: Gahis Safi (TSG Ober-Wöllstadt). - Assistenten: Benedikt Schmidthals (SV Rosbach), Timo Wex (FSG Burg-Gräfenrode). - Zuschauer: 3000. - Tore: 0:1 Kolo Muani (1.), 0:2 Kolo Muani (19.), 0:3 Lindström (27.), 0:4 Alario (31.), 0:5 Kolo Muani (39.), 0:6 Ndicka (45.), 0:7 Ferri Julià (52.), 0:8 Paciencia (54.), 0:9 Eigentor (59.), 0:10 Eigentor (64.), 0:11 Alidou (70.), 0:12 Maqkaj (82.), 0:13 Paciencia (87.), 0:14 Paciencia (90.).

_1651-7502-01_040722_4c
Die Kapitäne Manuel Volp (Nieder-Weisel) und Sebastian Rode (r., Frankfurt) führen die Mannschaften aufs Feld. JAUX © Timo Jaux
_1650-7489-06_040722_4c
Sehr begehrt war bei den Fans ein Selfie mit Eintracht-Neuzugang und Weltmeister Mario Götze (rechts). JAUX © Timo Jaux
_1650-7496-45_040722_4c_1
Früher beim SV Nieder-Weisel, jetzt im Eintracht-Trikot. Fynn Otto ist nach dem Spiel ein gefragter Gesprächspartner. JAUX © Timo Jaux

Auch interessant

Kommentare