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EC Bad Nauheim: Der Ein-Tor-Unterschied-Wahnsinn

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Torwart Maximilian Meier feiert den Sieg des EC Bad Nauheim mit einem Purzelbaum. © Agentur Andreas Chuc

Alles ist offen, jeder Fehler kann entscheidend sein - in jedem Spiel. Die zweite deutschen Eishockey-Liga ist spannend wie nie zuvor. Zur obligatorischen Pause im November blicken wir auf den EC Bad Nauheim, seine Nachverpflichtung und die neuen Stars.

Soooo eng war es noch nie! Der Hauptrunden-Start der Deutschen Eishockey-Liga 2 hat neue Maßstäbe gesetzt. Allein 13 der 17 Begegnungen des EC Bad Nauheim wurden durch nur einen Treffer Differenz entschieden. Fehler werden in der Saison 2023/24 nicht verziehen. - So gehen die Roten Teufel und die Liga in die obligatorische Deutschland-Cup-Pause im November.

Die Form der Roten Teufel: Der EC Bad Nauheim ist Tabellenachter. Fünf Punkte sind’s zu Platz zwei, aber auch nur drei Zähler trennen von Position 13. Der Kader zeigt noch lange nicht das, was die Besetzung hatte erhoffen lassen. Zu viele Leistungsträger suchen ihre Form. Die Mannschaft ist - mehr als dies zu erwarten war - von Taylor Vause (vier sogenannte Game-Winning-Goals) und Tim Coffman abhängig. »Wir schießen uns auch einfach zu oft ins eigene Knie«, sagt Trainer Harry Lange angesichts der unverhältnismäßig hohen Zahl an leichten Fehlern und falschen Entscheidungen, die in engen Partien schnell den Unterschied ausmachen. Positiv: In der eigenen Zone steht Bad Nauheim inzwischen kompakter. Die Zahl der Gegentore im Fünf-gegen-fünf-Spiel wurde reduziert. Zwischen den Pfosten gewinnen die anfangs kritisierten Niklas Lunemann und Maxi Meier an Sicherheit.

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Ex-Nationalspieler Brent Raedeke spielte am Sonntag erstmals im Colonel-Knight-Stadion für den EC Bad Nauheim. Hier lauert der Mittelstürmer vor Rihards Babulis auf einen Abstauber. © Agentur Andreas Chuc

So spielte der Neue: Nur zwei Trainingseinheiten mit seiner neuen Mannschaft, quasi keine Wettkampfpraxis seit März: Das Debüt von Brent Raedeke war dennoch vielversprechend. Der 33-Jährige bringt Erfahrung und Führungsqualitäten mit, ersetzte auch Christoph Körner in Unterzahl. »Ich bin sehr froh, in Bad Nauheim zu sein«, sagt Raedeke gegenüber unserer Redaktion. Der Sommer sei - ohne exakt zu wissen, wann es wo weitergeht - »ungewohnt und stressig« gewesen. »Unser Plan war es, zurück nach Deutschland zu kommen.« Hier hatte der Ex-Nationalspieler in den vergangenen zehn Jahren unter Vertrag gestanden. Die DEL2 und Bad Nauheim (»Das offene Stadion hat Charme und Charakter«) waren ihm völlig unbekannt. »Wir wurden sehr herzlich aufgenommen und fühlen uns wohl. Und auf dem Eis ist Hockey ohnehin immer das Gleiche - egal, wo du spielst.«

Der Ein-Tor-Differenz-Wahnsinn: Die Roten Teufel stehen für Dramatik. Gleich 13 der 17 Spiele wurden durch nur einen Treffer Unterschied entschieden. Acht Mal ging’s in die Verlängerung, einmal ins Penaltyschießen. Fünf Zusatzpunkte wurden gewonnen. Zum Vergleich: Im der kompletten Hauptrunde der Vorsaison endeten 16 Spiele der Hessen mit nur einem Treffer Differenz. Bad Nauheim feierte seinen deutlichsten Sieg gegen Bietigheim (5:1). In Bietigheim (2:6) sowie gegen die Lausitzer Füchse (0:4) waren die Hessen mit jeweils vier Toren unterlegen.

Bester Deutscher: Kevin Orendorz ist mit sechs Toren und zehn Vorlagen bester deutscher Scorer im Kader der Teufel. DEL2-weit ist der 28-Jährige hinter Yannik Valenti (Kassel) und Nick Latta (Ravensburg) der drittbeste in Deutschland geborene Scorer. Orendorz war als erfolgreichster deutscher Torschütze aus Freiburg in die Wetterau gewechselt. Zuvor hatte er vier Jahre lang - der beruflichen Ausbildung wegen - in der Ober- und Regionalliga gespielt.

Neue Stars: Vier der fünf aktuell erfolgreichsten Scorer sind neu in der DEL2. Angeführt wird das Ranking von Abbott Girduckis von den Eisbären Regensburg (24 Punkte). Begleitend zur Vertragsunterschrift hatte der gebürtige Kanadier seine deutschen Papiere erhalten. Erstmals in Deutschland spielt auch dessen Teamkollege Andrew Yogan (22 Punkte). Colin Smith (Crimmitschau/21 Punkte), einst Berlin, Ingolstadt und Köln, hatte einen Winter lang pausiert, ehe er seine Laufbahn bei den Eispiraten fortgesetzt hat. Abgerundet wird das Bild vom Schweden Tobias Lindberg, der ebenfalls bei den Sachsen unter Vertrag steht.

Attraktiv: Die DEL2 lockt ins Stadion. Aktuell haben durchschnittlich 2845 Zuschauer die bislang 120 Partien verfolgt. Zum Vergleich: Der Zuschauerschnitt in der Hauptrunde 2022/23 lag bei 2437. Zu beachten: Mit Heilbronn und Bayreuth sind zwei zuschauerschwache Standorte (jeweils unter 2000) nicht mehr dabei. Neu sind Rosenheim (3551) und Bietigheim (2178).

Die Überraschung: Das ist zweifellos Bietigheim. Als einstiger DEL2-Dauer-Finalist und DEL-Absteiger wurden die Steelers schnell zu Mitfavoriten erklärt. Im Ellental selbst wurde realistisch eine sichere Playoff-Platzierung erwartet. Seit Wochen brennt in Bietigheim aber die Rote Laterne. Immerhin: Die tabellarischen Abstände sind gering.

Im positiven Sinne stechen die Eispiraten Crimmitschau heraus. Ob das angesichts der Transferpolitik als Überraschung gewertet werden kann, ist zu diskutieren. Der zuletzt inaktive Colin Smith hat eingeschlagen, ebenfalls mit deutschen Pass führt Max Balinson die Verteidiger-Wertung an. Der Schwede Tobias Lindberg ist der zweitbester Torschütze der Liga, und im Tor überzeugt Oleg Shilin mit deutschem Pass und einer 93-Prozent-Fangquote.

Die Pollastrone-Strafe

Ein Foul? Eine kleine oder eine große Strafe? Die Fünf-Minuten-Strafe gegen Jerry Pollastrone nach einem Zweikampf mit Philipp Bidoul gut vier Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit war der Aufreger am Sonntagabend im Colonel-Knight-Stadion.

Eine Überprüfung der Szene per Videobeweis war - nach einem Stromaufall in Teilen des Stadions zu Spielbeginn - aus technischen Gründen nicht möglich.

»Wenn ich etwas gegen die Schiedsrichter sage, bekomme ich meistens einen Anruf. Jetzt freue ich mich auf den Anruf vom Schiedsrichterbeauftragten und bin gespannt, was er zu sagen. Als Schiedsrichter muss man sich sicher sein, wenn man fünf Minuten gibt. Und wenn man weiß, dass man seine Entscheidung nicht per Video überprüfen kann, muss man noch sicherer sein«, sagt Harry Lange, der Trainer des EC Bad Nauheim. MN

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