EC Bad Nauheim: Ohne Druck, aber mit großem Glauben

Der EC Bad Nauheim hält die Eishockey-Fans am Osterwochenende in Atem. Mit einer 2:1-Führung im Playoff-Halbfinale der DEL2 gehen die Roten Teufel im Colonel-Knight-Stadion in Spiel vier der Serie mit den Kassel Huskies.
Eishockey-Deutschland schaut nach Bad Nauheim. Die Roten Teufel sorgen aktuell für die größte Playoff-Überraschung in den beiden Profi-Ligen. Als Tabellensechster der Hauptrunde führen die Mittelhessen im Halbfinale der DEL2 gegen Kassel Huskies seit Dienstag mit 2:1. Als krasser Außenseiter war die Mannschaft von Harry Lange in die Best-of-seven-Serie gegangen. Neben dem seit Tagen ausverkauften Donnerstag-Spiel (19.30 Uhr) hat Bad Nauheim noch mindestens eine weitere Heimpartie sicher; mutmaßlich Spiel sechs am Montag, oder aber - und ein bisschen träumen darf nach dem bislang größten Erfolg seit 2004 ja erlaubt sein - ein Final-Spiel Ende kommender Woche.
»Die Jungs haben nullkommanull Druck und sollen das, was jetzt kommt, einfach nur genießen. Zusammen ist die Mannschaft durch die turbulente Saison-Vorbereitung gegangen, zusammen durch die schweren Wochen im Januar und Anfang Februar. Jetzt, in vollen Stadien spielen zu können, ist die Belohnung«, sagt Lange am Mittwoch am Rande des Regenerationstrainings. »Jeder weiß, was er tun muss, und die Jungs haben Lust, alles für die Mannschaft auf dem Eis zu lassen. Wenn sich der eine oder andere mit dem Kopf voraus in die Schüsse wirft, dann spürst du auf der Bank, dass du eine Chance hast.«
Unzählige Schüsse hatten die Roten Teufel auch beim 4:3-Erfolg in Spiel drei wieder geblockt und mit ihren Treffern dem Gastgeber zwischenzeitlich einmal den Stecker gezogen. Noch einmal hatte sich die Mannschaft steigern können. »Eine Mannschaft mit der Qualität der Huskies wird man nie ausschalten können. Wir sind aber von Spiel zu Spiel und von Drittel zu Drittel besser geworden. Und wir werden in Spiel vier unsere beste Saisonleistung zeigen müssen, wenn wir wieder eine Chance haben wollen«, sagt Lange.
Wenige Meter später weiter steht Ralf Pöpel. Der Ex-Profi und heutige Markenbotschafter erinnert vor der Kamera des Hessischen Rundfunks an Derbys und Playoffs-Momente der älteren Generation. »Fantastisch, was die Mannschaft gerade zeigt. Wer hätte das gedacht? Jetzt kann man einfach nur genießen.« Zuvor hatte RTL schon ein TV-Team zum Dreh geschickt. In der Geschäftsstelle muss Jan Jochum die noch immer zahlreichen Ticket-Wünsche für die Partie am Donnerstag ablehnen. Die Stadion- und VIP-Kapazitäten sind restlos erschöpft.
Aus dem Kraftraum kommen Jordan Hickmott und Jerry Pollastrone, die beiden Doppeltorschützen vom Vorabend. »Wir wussten, dass es hart wird, aber wir glauben an uns. Andere mögen die Ergebnisse vielleicht überraschen, uns nicht. Wir wussten, was wir können, wenn wir an unser Limit gehen«, sagt Pollastrone. Im letzten Spiel der Kaufbeuren-Viertelfinal-Serie war der 37-Jährige nach rund fünfwöchiger Verletzungspause mehr oder weniger nur mitgelaufen, jetzt findet der US-Amerikaner zur erhofften Form. »Es wird von Tag zu Tag besser.«
Bei den hochfavorisierten Huskies hatten die beiden Niederlagen binnen 48 Stunden - überhaupt die ersten beiden Niederlagen hintereinander in dieser Saison - den blau-weißen Anhängern im Stadion ein regelrechtes Entsetzen ins Gesicht gezeichnet. Damit hatte in Nordhessen nun wirklich niemand gerechnet. Zu sicher waren sich die Huskies angesichts eines 38-Punkte-Vorsprung auf Tabellenplatz zwei der Hauptrunde und eines 49-Zähler-Polsters auf Bad Nauheim. »Wenn du die Chance auf die Führung nicht nutzen kannst, ist das hart. Wir mussten uns jedes Tor verdienen, haben aber all die Gegentore hergeschenkt. Daraus müssen wir lernen«, sagt Huskies-Trainer Bo Subr, dessen Team kürzlich noch als designierter DEL-Aufsteiger galt, sich nun aber Kritik der eigenen Fans gefallen lassen muss. Keine Frage: Die Roten Teufel sind in die Köpfe der Huskies gekommen. Wie die Nordhessen reagieren - Spiel vier am Donnerstagabend wird das zeigen.