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EC Bad Nauheim: Von der Euphorie-Welle getragen

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Die Identifikationsfigur: Harry Lange verkörpert den Sport beim EC Bad Nauheim wie kein Zweiter. Der gebürtige Klagenfurther steht in der zwölften Saison bei den Roten Teufeln unter Vertrag. © Agentur Andreas Chuc

Eishockey in der Wetterau boomt. 1946 Dauerkarten hat der EC Bad Nauheim verkauft, die Sponsoring-Einnahmen konnten auf mehr als 1,6 Millionen Euro gesteigert werden. Aber: Nach Halbfinal-Teilnahme 2022 und Final-Einzug 2023 ist die Erwartungshaltung nun enorm groß.

Hinter dem EC Bad Nauheim liegt die erfolgreichste Saison seit 1999. Nach der überraschenden Halbfinal-Teilnahme 2022 hatten die Roten Teufel im zweiten Jahr unter Chef-Coach Harry Lange zuletzt gar das Playoff-Endspiel erreichen können. Zum vierten Mal verloren die die Hessen aber eine Serie mit den Ravensburg Towerstars.

Die Begeisterung in der Kurstadt hat den bislang bekannten Rahmen gesprengt. Mehr als 1000 Fans kamen zur Abschlusveranstaltung, inzwischen wurde das Ziel, 1946 Dauerkarten zu verkaufen, erreicht. Damit wurde der vor drei Jahren vermeintlich erreichte Allzeit-Rekord von 800 Ticket mehr als verdoppelt. Selbst 250 Trikots-Vorbestellungen waren eingegangen, bevor das Jersey überhaupt präsentiert worden war. »Was in diesen vier, fünf Playoff-Wochen im Frühjahr hier in Bad Nauheim passiert ist, ist unfassbar. Und diese Welle hat uns durch den Sommer getragen«, sagt Trainer Harry Lange.

Was all die positiven Meldungen übertünchen: In der Stadion-Frage treten den Roten Teufel - zumindest in der Außenwirkung - seit Monaten auf der Stelle (sieht dazu das Gespräch mit den Gechäftsführern Andreas Ortwein und Tim Talhoff auf Seite 3 dieser Beilage.

Tor / Die Ära Felix Bick ist beendet. Der Publikumsliebling hatte frühzeitig informiert, den Klub zu verlassen. Nach sechs Jahren in der Wetterau hat es ihn nach Krefeld gezogen. Er ging auf Top-Niveau. Trainer Harry Lange setzt nun auf zwei junge Keeper; eine ganz bewusste Entscheidung. »Ich will zeigen, dass dieser Weg funktioniert.«

Eine klare Nummer eins ist dabei nicht auszumachen. Maximilian Meier wurde aus Kaufbeuren verpflichtet, wo er zuletzt nicht mehr die Eiszeiten bekam hatte, die er sich nach starker Vorsaison versprochen hatte. Nicht ganz neu in Bad Nauheim, dafür in neuer Rolle ist Niklas Lunemann. Er wird per Förderlizenz von Kooperationspartner Köln fest in der Wetterau spielen. In den vergangenen beiden Jahren hatte er während einer Handvoll Einsätze überzeugen können.

Abwehr / Die Roten Teufel haben acht eigene Verteidiger unter Vertrag. Ex-Nationalspieler Christopher Fischer (Heilbronn), Alexander Dersch als gestandener Zweitliga-Verteidiger (Landshut) und der aufstebende Paul Reiner (Frankfurt) sollen die Abgänge von Mick Köhler (Augsburg), Philipp Wachter (Freiburg) und Huba Sekesi (Karriereende) kompensieren. Das ist ihnen zuzutrauen. Eigengewächs Janis Lachmann, aus Krefeld zurückgekehrt, wird per Förderlizenz in Diez-Limburg Spielpraxis sammeln. Eckpfeiler wie Kevin Schmidt, Marius Erk und Patrick Seifert sind geblieben. Leo Hafenrichter, auch nach drei Jahren noch immer der jüngste im Kader, wird den nächsten Schritt gehen. Aus Köln könnten Edwin Tropmann und Vincent Grünewald bei Bedarf per Förderlizenz aushelfen.

Angriff: Der EC Bad Nauheim hat - entgegen den Gepflogenheiten im Profi-Business - die Verträge mit allen vier Kontingentspielern (Tim Coffman, Taylor Vause, Jordan Hickmott, Jerry Pollastrone) verlängert. »Uns war es wichtig, einen Stamm an Spielern zu behalten, die wissen, worauf es ankommt, die wissen, was wir von ihnen verlangen. Die Mannschaft hat in der vergangenen Saison viel geleistet, das geht nur über einen intakten Spielerstamm«, sagt der Trainer.

Der Konkurrenzkampf ist groß. Offensiv ist ein in dieser Ausprägung bislang nicht gekanntes Gerangel um Eiszeiten, auch im Powerplay, zu erwarten. Mit Julian Lautenschlager (Heilbronn), Markus Lillich (Kaufbeuren) und Kevin Orendorz (Freiburg) wurden drei deutsche Stürmer mit Potenzial für zehn, 15 Tore verpflichtet. Dazu kommen Kapitän Marc El-Sayed, Christoph Körner, Shooting-Star Fabian Herrman und Pascal Steck, der in dieser Saison in dessen Fußstapfen treten könnte. Zudem wurde Playoff-Monster Daniel Weiß weiterverpflichtet, so dass zwölf eigene Profis im Kader stehen. Zu ersetzen sind in erster Linie Tobias Wörle und Andreas Pauli; auch als Typen in der Kabine. Aus Köln könnter Rik Gaidl dazustoßen, auch perspektivisch.

Fazit: Der EC Bad Nauheim - jahrelang wurde Platz zehn als Ziel genannt - wird sich nach den Erfolgen der vergangenen beiden Jahre an anderen Maßstäben messen lassen müssen. Trotz eines personellen Umbruchs: Die Herzstücke des Kaders konnten gehalten werden, der Konkurrenzkampf ist vor allem im Angriff sehr groß. Eine sogenannte Ü-Stelle ist sogar noch frei, könnte mit einem erfahrenen Spieler besetzt worden, ohne einen anderen Spieler auf die Tribüne setzen zu müssen. Das gibt im Bedarfsfall Handlungsspielraum. »Platz sechs muss unser Ziel sein. Aber wir wissen auch, woher wir kommen. Um Platz sechs zu erreichen, muss alles passen«, sagt Lange.

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