EC-Trainer Harry Lange: »Am Ende geht’s um das Team«

Der Eishockey-Winter 2022/23 war für Harry Lange außergewöhnlich lang. Seinen Kader für die Saison 23/24 beim EC Bad Nauheim hat er zusammengestellt. Wir haben nachgefragt.
(mn). Am vergangenen Wochenende hatten sich die Eishockey-Trainer in Füssen versammelt. Im Allgäu kamen die Übungsleiter zu ihren sommerlichen Pflichtveranstaltungen zusammen, unter anderem referierte Harold Kreis der Bundestrainer. Mittendrin natürlich: Harry Lange, der Chef-Coach des Zweitligisten EC Bad Nauheim. Mit der Teilnahme der Roten Teufel am Playoff-Halbfinale 2021/22 und dem Finale 2022/23 sowie seiner Berufung in das Trainerteam der Nationalmannschaft von Österreich zur Weltmeisterschaft konnte er seine ersten beiden Spielzeiten als Chef-Coach außergewöhnlich erfolgreich gestalten. - Wir haben zum Interview getroffen
Das Playoff-Finale mit Bad Nauheim, die WM mit Österreich. Ihre Saison war außergewöhnlich lang. Hatten Sie inzwischen Gelegenheit, etwas Abstand vom Eishockey zu gewinnen?
Ja, das war schon anstrengend, und ich muss einräumen, dass ich dies auch ein wenig unterschätzt habe. Natürlich hat mich die Final-Teilnahme mit Stolz erfüllt, und es ist eine unfassbare Chance, eine WM als Teil des Trainersteams zu erleben. Ich bin mit der Familie auch anschließend in den Urlaub gefahren, aber ich fange erst jetzt, mit einigen Wochen Abstand, wirklich an, etwas runterzukommen.
Sie waren erstmals als Offizieller bei einer WM. Was nehmen Sie mit?
Das ist schon eine andere Welt. Alles ist schneller, Fehler werden rigoroser bestraft. Die WM war ein tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Es ist gut zu sehen, was die Top-Nationen machen, On- und Off-Ice. Das sieht man natürlich Niveau-Unterschiede. Am Ende aber kochen auch die nur mit Wasser.
Der Kader der Roten Teuel steht. Worauf haben Sie Wert gelegt?
Tobias Wörle, Andreas Pauli und Huba Sekesi haben ihre Laufbahnen beendet. Das sind Abgänge, die weh tun, auf dem Eis, aber auch in der Kabine. Uns war es wichtig, einen Stamm an Spielern zu behalten, die wissen, worauf es ankommt, die wissen, was wir von ihnen verlangen. Die Mannschaft hat in den vergangenen Monaten viel geleistet, das geht nur über einen intakten Spielerstamm. Das ist auch ein Grund, warum wir alle vier Importspieler gehalten haben.
Sie haben sich schon früh für neue Spieler entschieden, die zuletzt keine gute Saison hatten.
Ich bin sicher, dass die zeigen wollen, dass das vergangene Jahr eine Ausnahme war, und bin überzeugt, dass sie in einer intakten Truppe wieder an die Leistungen von vor zwei oder drei Jahren anknüpfen können. Dass sie zeigen, dass dies kein Zufall war. Das sind ausnahmslos gute Schlittschuhläufe, im DEL2-Schnitt allesamt gute deutsche Spieler.
Auf der Torwart-Position haben Sie sich für ein junges Duo entschieden. Ein Risiko?
Der Abgang von Felix Bick tut weh. Dass er nach all den Jahren noch einmal etwas anderes sehen will, ist auch verständich. Und so, wie er sich verabschiedet hat, so sollte man sich verabschieden. Da dient er als Vorbild für viele andere. Uns war sofort klar, dass wir mit zwei jüngeren Torhütern in die Saison gehen. Wir haben nicht einem älteren Torwart ein Angebot gemacht. Ob das ein Risiko ist, wissen wir im November/Dezember. Maxi Meier und Niklas Lunemann haben Potenzial. Man muss doch nur mal in die DEL schauen. Strahlmeier, Franzreb, Tiefensee, Stettmer - sie alle sind über die DEL2 gekommen. Und diesen Weg traue ich unserem Duo ebenso zu. Und am Ende geht’s um das Team. Fünf Feldspieler verteidigen, fünf Feldspieler greifen an. Ich freue mich auf die neue Herausforderung. Auf dem Papier haben wir vier Blöcke, die Power-Eishockey spielen können. Und wenn wir die Scheibe haben, kann der Gegner kein Tor schießen.
Halbfinale 2021/22, Finale 22/23: Das erzeugt eine hohe Erwartungshaltung.
Natürlich, das war eine geile Zeit. Wenn man aber jetzt nach links und rechts schaut, stellt man fest, dass einige Vereine verrückte Dinge machen. Die eingebürgerten Spiele beispielsweise, das sind sicher tolle Jungs, die aber zumeist dort spielen, wo das meiste Geld bezahlt wird. Ich weiß von unseren Spielern, dass sie sich nicht immer für das höchstdotierte Angebot entschieden haben. Letztlich vergleicht man immer auf dem Papier. Am Ende liegt die Wahrheit aber auf dem Eis. Wir haben uns unsere Erwartungshaltung selbst erarbeitet, sind aber realistisch genug, das auch einzuordnen. Irgendwann platzt in Landshut mal der Knoten, in Crimmitschau tut sich etwas, ebenso in Rosenheim. Bietigheim macht gute Dinge. Erstmal müssen wir darauf schauen, schnell vom Strich, von Platz zehn, wegzukommen.