Florian Kaltenbach und Sven Höller: Laufen als Passion
Sven Höller und Florian Kaltenbach laufen gerne. Am Samstag wollen sie 100 Kilometer am Stück bewältigen. Es ist die Deutsche Meisterschaft über diese Distanz. Wir haben mit den beiden Wetterauer Ultra-Assen gesprochen.
Nach 60 Kilometern isst Sven Höller am liebsten ein Leberwurstbrot. Damit belohnt und motiviert er sich für den restlichen Teil des Wettkampfs. Am Samstag startet der Ultraläufer aus Florstadt bei den Deutschen Meisterschaften über 100 Kilometer in Ubstadt-Weiher. Es ist seine Wettkampf-Premiere über diese Distanz.
Florian Kaltenbach ist andere Entfernungen gewohnt. Für den Petterweiler gehören die 20 Runden um den Hardtsee in Ubstadt zur Vorbereitung auf den Spartathlon. Der führt über 246 km.
Warum laufen Menschen solche Distanzen? Was treibt sie an? Worin besteht die Motivation? Die beiden Wetterauer sind nicht etwa seit Kindestagen an Läufer. Jeder von ihnen hat sich vorher in anderen Sportarten ausgetobt. Der Spaß steht im Vordergrund, der Kampf gegen sich selbst ist der Reiz. Beide haben grundsätzlich ihre Zeiten im Blick. Kaltenbach, der bereits einen »Hunderter« erfolgreich absolviert hat und einen anderen abbrechen musste, will am Samstag unter acht Stunden bleiben. »Im Taubertal hatte ich 8:44 Stunden. Nun müsste ich für unter acht Stunden einen Schnitt von 4:48 Minuten pro Kilometer laufen«, erklärt der 44-Jährige.
Höller nutzte die Pandemie für seinen ersten Ultralauf über 100 km. Damals allerdings nicht im Rahmen eines Wettkampfs. Er spulte die besondere Distanz für sich allein auf seiner Lieblingsstrecke am Niddaradweg ab. Am Samstag geht der 36-Jährige in sein erstes offizielles »Hunderter«-Rennen - ohne Zielzeit. »Bei Ultraläufen im Allgemeinen möchte ich sehen, wie weit es noch nach vorne geht. Viele hören mit den Wettkämpfen nach dem Marathon auf. Auf den Ultra-Distanzen kommt man also eher zu einer guten Platzierung«, sagt der Florstädter, der als Betriebsleiter eines Abwasserverbandes arbeitet.
Spartathlon als großes Ziel 2024
Während Höller 17 Rennen über die mystischen 42,195 Kilometer sowie zwölf Ultraläufe hinter sich hat, kann Kaltenbach auf 25 Marathons zurückblicken. 2022 nahm er den 24-Stunden-Lauf in Bottrop in Angriff und spulte in dieser Zeit 210 km ab. Dieser Wettkampf steht auch 2023 wieder auf seinem Programm - diesmal in Braunschweig. Und im September 2024 soll der Spartathlon in Griechenland folgen. 246 km von Athen nach Sparta müssen dabei in 36 Stunden zurückgelegt werden.
Kaltenbach, der als Business-Analyst bei einer Kapitalanlagegesellschaft arbeitet, wird also seine Trainingsumfänge demnächst noch steigern und auf über 200 km pro Woche gehen. Am Samstag stehen aber erst mal die 100 km um den Hardtsee an. Auf einer flachen Fünf-km-Strecke haben die Teilnehmer 20 Runden zu bewältigen. Die beiden Wetterauer reisen schon am Freitag an, Höller alleine und Kaltenbach mit seinen Vereinskollegen von Spiridon Frankfurt.
Leberwurstbrot als Wegzehrung
Unmittelbar vor dem Rennen ist die Ernährung extrem wichtig. Gut verdaulich muss es sein, um Toilettengänge während des Wettkampfs zu vermeiden. Da bleibt nur Zeit für Pinkelpausen. Kaltenbach kommt dann während der 100 km mit Gels und Flüssignahrung aus. Höller setzt auf Kartoffeln - oder eben Leberwurstbrot.
Aber was macht man während eines 100-km-Rennens außer laufen? Womit beschäftigen sich die Sportler? Musik ist verboten, Ohrknöpfe stellen ein Sicherheitsrisiko dar. »Gerade in der Anfangsphase, wenn alle dicht beieinander sind, redet man viel mit den Kollegen. Später wird das weniger«, versucht Höller eine Erklärung.
Ein großer Teil der Konzentration ist auch auf die richtige Technik gerichtet. »Ich bin über die Jahre zum Mittelfußläufer geworden. Das ist die gesündeste Technik. Aber das muss man trainieren. Ich mache auch regelmäßig bei Seminaren mit«, sagt Kaltenbach, der einmal jährlich für den TV Petterweil einen Kinderlauf organisiert.
Überhaupt beschäftigt sich der 44-Jährige intensiv mit Anatomie, Trainingsmethodik und Gesundheit. Er selbst fand 2011 nach einer Knie-OP zum Laufsport. Der Innenmeniskus wurde entfernt, und die Diagnose beinhaltete einen Knorpelschaden zweiten Grades. »Die Ultra-Distanzen sind für mich besser als beispielsweise ein Marathon, weil ich nicht so schnell laufe und die Verletzungsgefahr geringer ist.«
Höller ist etwas ungestümer. Er hält sich nicht so sehr an Trainingspläne und rennt gerne drauf los. »Bei einem Tempo unter 4:30 Minuten wird es mir langweilig. Ich weiß, dass ich noch mehr rausholen könnte, wenn ich mehr nach Plan trainiere, aber das macht mir nicht so viel Spaß.
In Sachen Prävention gehen die zwei Wetterauer jedoch kein Risiko. Beide unterziehen sich einmal jährlich der Sporttauglichkeitsprüfung beim Arzt. Nicht zuletzt deswegen würden die Ultra-Asse am Samstag wohl auch die Aufgabe nicht scheuen, wenn es gar nicht geht und starke Schmerzen auftreten. Aber das ist die letzte Option.