Gruppenliga: Höhenflieger und Enttäuschte

Der Türkische SV mischt vorne mit. In Ober-Wöllstadt war die Euphorie rasch verfolgen. In Karben wünscht man sich einen Torjäger herbei, und in Beienheim hinkt man den Erwartungen hinterher. Eine Bilanz der Wetterauer Fußball-Gruppenligisten.
(lab). Die Adventszeit ist eingekehrt. Sie bringt neben dem weihnachtlichen Trubel auch die Atempause, um reflektiert auf das vergangene Jahr zu blicken. Während draußen der erste Schnee gefallen ist, haben sich die Fußball-Klubs die Winterpause eingeläutet; darunter auch die vier Wetterauer Vereine der Gruppenliga Frankfurt-West.
Was hat in der ersten Saisonhälfte gepasst, was passte nicht? Wer waren die Leistungsträger, und an welche Stele wurde mehr erhofft? Was soll sich während der drei spielefreien Monaten verändern? Es ist Zeit, um eine Zwischenbilanz zu ziehen
Türkischer SV Bad Nauheim (4. Platz, 37 Punkte): Nach der blamablen Vorsaison mit Abstiegskampf am Ende ist der Türkische SV wieder da, wo er hin will: Platz vier zur Winterpause. Man kann zufrieden sein. Und das, obwohl man die Mannschaft vor der Saison zu großen Teilen neu formieren musste. Inzwischen hat sich ein Gerüst gebildet: Luis Vazquez ist in seiner ersten Senioren-Saison zum erhofften Goalgetter geworden, Taha Azaitouni hat sich auf dem linken Flügel etabliert, und hinten entpuppte sich Mohamad Mouma als Glücksgriff. »Mohamad ist ein Leader, er gibt jedes Spiel mehr als 100 Prozent«, sagt Coach Tufan Tosunoglu.
Vorne spielte sich Noah Pölitz mit sieben Toren und seinem starken linken Fuß hervor. Pölitz wagt es, auch mal einen Freistoß aus 35 Metern aufs Tor zu zimmern. Coach Tufan Tosunoglu sieht bei ihm allerdings noch Luft nach oben. »Er hat in der Offensive das größte Potenzial«, sagt er.
Was an Punkten in der Hinrunde flöten ging, schreibt Tosunoglu unter anderem dem Leichtsinn der Mannschaft zu. Der eine Hackentrick zu viel, die fehlende Konzentration in den Anfangsminuten - und sicherlich könnte der TSV auch an seinem »Kartenspiel« arbeiten. Die Mannschaft hat die meisten »Gelben« bisher kassiert. Durch Rote Karten fehlten Spieler wie Baki Özisli und Noah Pölitz.
Bleibt der Türkische SV bei seinen Stärken, ist er auf gutem Weg in Richtung Top Fünf. Für den Aufstiegskampf, das weiß auch Tosunoglu, ist die Mannschaft noch nicht reif genug. - Kapitän: Erdinc Usta. - Top-Fünf-Torschützen: Luis Vazquez (10), Kubilay Erden (7), Tufan Tosunoglu (7), Noah Pölitz (7), Taha Azaitouni (4).
FC Karben (7. Platz, 28 Punkte): 20 Spieltage mit Höhen und Tiefen: Die junge Truppe aus Karben hatte in der Hinrunde zu knabbern, verschaffte sich dank einer Leistungssteigerung im Spätherbst aber Luft nach unten. Jetzt ist man fast im Soll - und dennoch etwas enttäuscht. Denn es wäre doch so viel mehr drin gewesen! »Wir hatten wirklich Torchancen en masse, aber die Auswertung war eine Katastrophe«, sagt Coach Karl-Heinz Stete und spricht das Hauptproblem gleich an: Dem FC Karben fehlt ein Torjäger.
Der treffsicherste Spieler im Kader heißt Luca Hannig und kam vor der Saison aus Offenbach. Hannig fühlt sich allerdings eher auf dem Flügel wohl. Im Zentrum kam Kevin Müller lange nicht in Tritt. Moritz Michel hat derweil die Fußballschuhe an den Nagel gehängt, und Marius Troll kommt eher als Ergänzungsspieler in Frage. »Ich hätte sicher nichts dagegen, wenn sich ein Stürmer mit viel Potenzial bei uns melden würde«, sagt Stete.
Sinnbildlich für die Karbener Hinrunde war das bittere 2:2 kürzlich gegen den FC Kalbach. An Teamgeist fehlt es dem großen Kader allerdings nicht. »Das sind 30 Freunde. Viele kennen sich, weil sie schon in der Jugend zusammengespielt haben«, sagt Stete. Man gehe zusammen auch durch schlechte Phasen und wollte in der Rückrunde unbedingt zulegen. - Kapitän: Axel Furkert. - Top-Fünf-Torschützen: Luca Hannig (10), Yannick Alter (4), Kevin Müller (4), Marius Troll (4), Florian Kurtz (4).
SKV Beienheim (10. Platz, 24 Punkte): Der SKV Beienheim überwintert (doch) nicht auf einem der Abstiegsränge. Mit einem 1:0-Coup gegen die Sportfreunde Friedrichsdorf kletterte der SKV noch auf Platz zehn. Eigentlich war geplant, dass die Mannschaft noch gegen den FSV Friedrichsdorf auf einem Ausweichplatz aufläuft. Doch dazu kam es nicht.
Der »Acker« in Beienheim ließ in den vergangenen Wochen keine Spiele mehr zu und ist sicher Teil der Anwort auf die Frage, warum sich der SKV in dieser Saison so schwertut. Nur zwei Siege holte man zuhause. »Es ist wirklich ein Problem, dass wir keinen Kunstrasenplatz haben«, sagt Trainer Maximilian Esposito. Man sei der einzige Verein der Liga, dem es so ginge.
Das schlägt auch auf die Stimmung im Training. Besonders in den Winterwochen ging beim SKV nicht mehr viel. Was auffällt: Die Defensive ist statistisch die drittbeste der Liga. Es mangelt aber am Hurra-Fußball der vergangenen Saison. Da saß einfach jeder Schuss. Bisher ist Steffen Münk allerdings nicht die Lebensversicherung der Vorsaison - auch wenn er bei zehn Toren steht. Neuzugang Salih Yasaroglu fiel nach einer Knie-OP zuletzt aus. Immerhin: Die Dreierkette hinten um Daren-Lee Hare hält dicht. Mit Dominique Ware (TSV Dorn-Assenheim) verkündete Esposito zudem bereits einen Neuzugang, der gegebenenfalls auf der Sechs zum Einsatz kommen wird. - Kapitän: Daren Lee Hare/Steffen Münk. - Top-Fünf-Torschützen: Steffen Münk (10), Salih Yasaroglu (5), Cristian-Vasile Bodea (4), Owen Hare (4), Denis Ehrlicher (3).
TSG Ober-Wöllstadt (17. Platz, 6 Punkte): Vergleicht man die Aufstellung der TSG im ersten Saisonspiel mit der am 20. Spieltag, wird einiges deutlich. Nur drei Spieler standen in beiden Spielen auf dem Platz. Es sind Torwart Nils Kitler, Kapitän Nico Loppe und Mittelfeldakteur Nouh El Maimouni. Drei wichtige Stützen der Mannschaft. Und der Rest? Spielertrainer Harez Habib ist weg, Tim Menges fehlt mit einem Kreuzbandriss. Spieler wie Rafael Adege, Fabian Schusterschitz und Serge Amouzong, alles Neuzugänge, standen zwar zur Verfügung, fehlten aber immer wieder. Das Grundgerüst, auf das man in der Saison bauen wollte, funktionierte nicht.
Zweifelsohne: Nils Kitler im Tor hielt die Mannschaft regelmäßig über Wasser. Kitler war vor der Saison aus Beienheim gekommen, wo er mit Jan-Henry Schäfer einen ebenbürtigen Konkurrenten hatte. Weitere solcher soliden Leistungen fehlten. Jörg Linke, der Spielausschussvorsitzender der TSG, kündigte an, dass man im Winter auf Spieler- und Trainersuche gehen werde. Die Lösung mit Ertan Sen sei bis zur Winterpause angedacht. Mit dem Abstieg hat man sich quasi abgefunden. Bei 17 Punkten Rückstand auf Rang elf bleibt auch wenig anderes übrig. Es geht darum, eine solide Basis zu schaffen und sich auf die Rückkehr in die Kreisoberliga vorzubereiten. - Kapitän: Nico Loppe/Serge Amouzong. - Top-Fünf-Torschützen: Nouh El Maimouni (3), Luca Hannemann (3), Nico Loppe (3), Momodou Jallow (2), Alexander Düring (1).