Kopflos, hilflos, wirkungslos
(ra/pie). Die HSG Wetzlar hat sich im zum »Spiel der Spiele« hochstilisierten Kellerduell der Handball-Bundesliga gegen GWD Minden durch eine selbstzerstörerische Anfangsphase selbst den Stecker gezogen. Beim 25:27 (13:17) drohten die Mittelhessen vor 4200 Zuschauern bis zum 19:25 (50.) sogar weniger in der hochwassergefährdeten Lahn als in der Bundesliga »abzusaufen«.
Die Partie war leicht in drei Abschnitte zu untergliedern. In den ersten zehn Minuten verstand es das Team von Trainer Hrvoje Horvat nicht, das Momentum auf die eigene Seite zu bringen. 4200 Zuschauer und drei Glanzparaden von Torhüter Anadin Suljakovic reichten nicht, da Emil Mellegard zwei freie Wurfchancen ausließ, Domen Novak einen Siebenmeter verwarf und Lenny Rubin den Ball vertändelte. Vom schnellen 2:5-Rückstand (12.) erholten sich die Wetzlarer und vor allem Spielmacher Magnus Fredriksen nicht.
Zwischen dieser zwölften und der 52. Minute wirkten die Gastgeber kopf-, hilf- und wirkungslos. Spieltaktisch zerlegt von Frank Carsten, dem Trainer-Fuchs auf Mindener Seite, der mit Hilfe eines nahezu perfekt auflösenden Niclas Pieczkowski die einmal mehr zu weit vom Gegner stehende 5:1-Abwehr der HSG düpierte. Die Umstellung auf die 6:0-Formation mit Hendrik Wagner im Zentrum kam von Wetzlarer Seite viel zu spät, da war das Selbstvertrauen beim Pausen-13:17 bei den Gastgebern längst im Keller.
Wirkte die HSG Wetzlar beim Seitenwechsel niedergeschlagen wie nach einem wuchtigen rechten Haken Muhammad Alis, so führte eine einmal mehr katastrophale Überzahlphase vollends ins Verderben. Der Roten Karte gegen Mindens Besard Hakaj (39.) folgte ein vergebener Strafwurf von Novak sowie ein Fehlversuch von Lukas Becher. Anstatt dem wichtigen 17:18-Anschluss bzw. 18:18-Ausgleich folgte durch Mindens Luka Sebetic in Unterzahl das GWD-19:16 (40.). Dieser Treffer wirkte wie ein Niederschlag von Mike Tyson, danach taumelte Wetzlar vom 18:23 (48.) über das 19:25 (50.) bis zum 20:26 (57.) durch die Arena. Im Boxring hätte der Schiedsrichter beim Mindener 19:16 über einen Abbruch nachgedacht, beim 20:26 der Coach des Unterlegenen spätesten das Handtuch geworfen.
Die letzten gut vier Minuten glichen dem ähnlichen Wild-West-Handball wie eine Woche zuvor in Stuttgart. Nur diesmal mit umgekehrten Vorzeichen und umgekehrtem Ausgang. Das knappe Endergebnis von 25:27 schmeichelte den konsternierten Wetzlarern und schönte allenfalls die Statistiken. Die aber waren bei der Analyse schließlich wertlos. Minden fand bis zum 26:20 (56.) dort spielerische Lösungen, wo sie Wetzlar nicht fand.
HSG Wetzlar: K limpke, Suljakovic; Wagner, Mellegard, Mellegard, Rubin, Novak, Cavor, Nyfjäll, Kuzmanovski (6/1), Schmidt, Nikolic, Becher, Weissgerber, Schelker, Fredriksen (1), Pliuto (4), Wagner, Mellegard (2) Rubin (4), Novak (3/1), Cavor (5).